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Die Botschaft Der Novizin

Die Botschaft Der Novizin

Titel: Die Botschaft Der Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
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ist. Ich will nicht in die Lagune hinausgerudert werden, um mich auf halber Strecke vergewaltigen und im Meer versenken zu lassen.«
    »Wie Julia Contarini!«, meinte der Pater.
    Isabella horchte auf. »Was wollt Ihr damit sagen?« Sie legte ihm eine Hand aufs Knie und beobachtete, wie er sich verlegen den Hals kratzte. Am liebsten hätte sie laut gelacht. Männer waren so leicht zu beeinflussen.
    »Sie wurde ermordet. Ich habe Abdrücke von Fingern an ihrem Hals entdeckt. Außerdem ... «, er räusperte sich, als würde es ihn verlegen machen, davon zu erzählen, »außerdem hatte man ihr ... Gewalt angetan.« Julias Tod schien ihm tatsächlich nahezugehen.
    »Wer könnte so etwas tun?«, fragte sie so leise, dass sich der Pater vorbeugte, um sie zu verstehen. Ihre beiden Gesichter lagen jetzt so dicht beieinander, dass Isabella erschrocken die Hand vor den Mund führte. Die Tatsache, dass Julia nicht durch einenUnfall ums Leben gekommen war, erleichterte sie einerseits, weil sie sich nichts vorzuwerfen hatte, andererseits verstörte es sie. Wer tötete hier die Frauen – und warum?
    »Ich befürchte, sie ist diesen Galeotti in die Arme gelaufen ... oder dem Schatten, der im Kloster ... « Weiter sprach er nicht, doch Julia wusste sofort, was er meinte. Sie biss sich auf die Lippen.
    »Was steht in diesem Manuskript, Pater, dass es sich lohnt, dafür zu töten?« Langsam hob sie den Blick und bemerkte, dass Padre Antonio so nahe gekommen war, dass sie seine winzigen Barthaare einzeln vor sich sehen konnte.
    »Wenn das ... Evangelium der Maria ... « Der Pater redete mit belegter Stimme, und Isabella sah überrascht hoch, denn von einem Evangelium war bislang noch nie die Rede gewesen. »Ein Evangelium?«, bohrte sie nach.
    Der Pater nickte. »Eine Lebensbeschreibung unseres Herrn Jesus Christus ist immer ein Evangelium. Wenn Maria, die Mutter des Herrn, sie geschrieben hat, dann ... dann ...«
    Der Pater stockte und konnte nicht weiterreden.
    »Wenn eine Mutter das Leben ihres Sohnes beschreibt ... «, ergänzte Isabella und fühlte, wie sich sein Knie an ihrem rieb. Sie ließ es zu und spürte der Wärme nach, die sich entwickelte, als würde ein Strom heißen Wassers zwischen ihnen fließen. »... dann wird sie über Zeiten erzählen, die kein Mann wissen kann. Über Zeugung, Geburt, Stillzeit ... über die erste Liebe ... die Trauer nach dem Tod ...«
    Mit jedem Wort, das sie sagte, wurde Isabella bewusst, welchen Schatz das Kloster wirklich hütete. Das war keine Choralschrift wie das Neumenbuch, es war etwas viel Gewaltigeres. Sie erinnerte sich an den Engel, der Maria verkündet hatte, sie sei gesegneten Leibes vom Heiligen Geist. Eine Männerfantasie! Was wussten Männer schon von der Zeugung? Sie streuten ihren Samen aus und machten sich keinerlei Gedanken darüber, warum und ob ihre Lust auch Fruchtbarkeit zur Folge hatte.
    Frauen kannten ihren Körper; sie achteten auf dessen Signale, sie wussten sie zu deuten und danach zu handeln.
    Ein Blick in die Augen des Paters sagte ihr, dass sie richtig dachte.
    »Wer will vom Sohn Gottes wissen, dass er in die Windeln gemacht hat?«, fragte der Pater lapidar.
    »Niemand!«, antwortete Isabella mechanisch. »Nur die Mutter kennt diese Dinge. Sie weiß jedoch viel mehr. Sie kennt ...« ... den Vater des Kindes , hätte sie gerne ergänzt, getraute sich jedoch nicht, diese Worte auszusprechen. Sie enthielten eine derartig ungeheuerliche Botschaft, dass sie nicht einmal denkbar war, solange die Originalschrift nicht in ihren Händen lag. Sie fühlte, wie sich der Druck des Knies verstärkte, wie sich das Bein des Paters langsam zwischen ihre Beine drängte. Sie hätte zurückrutschen und so seiner Begierde ausweichen können, doch sie wollte es nicht.
    Seine Hand begann langsam ihr Bein hochzuwandern. Sie spürte die Finger, ihr leichtes Zittern. Dem Geistlichen fehlte zweifellos die Erfahrung, so ungeschickt wie er sich anstellte, wobei sie ebenso jungfräulich war wie er. Seine andere Hand berührte ihre Brust, sanft, als wäre sie etwas Seltenes und Zerbrechliches. Sie hörte ihn schlucken. Er beugte sich vor, und als sie den Blick hob, war sein Gesicht so nahe vor ihr, dass sie unwillkürlich zurückzuckte. Sofort lösten sich seine Hände von ihr. Doch Isabella griff nach seiner Hand und führte sie zurück an ihre Brust. Alles erschien ihr so natürlich, so selbstverständlich und über jeden Zweifel erhaben. Seine Hände berührten sie. Seine Lippen tasteten

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