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Die Botschaft des Feuers

Die Botschaft des Feuers

Titel: Die Botschaft des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Neville Charlotte Breuer Norbert Moellemann
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weitschweifigen Weg zur Wahrheit bevorzugte -, habe ich nie die Ansicht vertreten, dass die erste oder schnellste Antwort auf ein Problem notwendigerweise die richtige ist, aber im vorliegenden Fall war höchste Eile geboten, wie beim Blitzschach, und die einfachste Lösung schien die beste. Auf dem Weg zum Hotel legte ich Nim in knappen Worten meinen Plan dar, und er billigte ihn.
    Der Koppie Shoppe mit seinem phonetisch geschriebenen Namen, der aus den Sechzigerjahren stammte, lag nur einen halben Block von der M Street entfernt zwischen einem Dim
Sum Diner und einer Tapas-Bar, deren Reklametrick ein riesiger Ventilator darstellte, der Lebensmitteldämpfe auf die Straße pustete. Nim und ich mussten uns durch die Schlangen ausgehungerter Touristen zwängen, um unser Ziel zu erreichen.
    Vorn im Kopierladen wurden Büroartikel verkauft, während sich die Kopiergeräte und Drucker im hinteren Teil befanden. Es war der einzige Laden in der Stadt mit einem Kopiergerät, das groß genug war, um eine komplette Titelseite der Washington Post zu kopieren - und die mit Blut angefertigte Schachbrettzeichnung aus dem 18. Jahrhundert.
    Zufällig war es auch der einzige mir bekannte Laden, dessen Leiter der Kopierabteilung, Stuart, nicht nur auf Essensreste eines baskischen Vier-Sterne-Restaurants stand, sondern auch auf die Hilfsköchin, die ihm diese hin und wieder zukommen ließ - und auf deren langbeinige Freundin, die ihn auf ihren Inline-Skates auf dem Kopfsteinpflaster der Prospect Street regelmäßig abhängte.
    Wie in jeder anderen isolierten Stammesgemeinschaft begegnete man auch in Georgetown Außenstehenden mit Misstrauen und nahm sie, so gut es ging, aus oder ließ sie wie die darbenden Touristen da draußen auf der Straße verhungern. Aber unter den Einheimischen, die sich für ehrenwerte Leute hielten, gab es ein unausgesprochenes System des Tauschhandels, genannt: Wie du mir, so ich dir. In Russland hatte mein Vater es blat genannt. In jedem Fall basierte es auf Gegenseitigkeit.
    In meinem Fall respektierte Stuart mein Bedürfnis nach Diskretion. Er ließ mich, wenn sonst niemand in der Nähe war, in Ruhe auf dem großen Gerät meine Kopien machen, meist irgendwelches Zeugs für Rodo. Er ließ mich auch die Personaltoilette benutzen, ein großes Plus angesichts meiner improvisierten Tagesordnung für den heutigen Tag.

    Nim blieb im vorderen Teil zwischen den Büroartikeln, um die notwendigen Versandrollen aus Pappe, Klebeband, Aufkleber und einen Tacker zu besorgen, die ich für meinen Plan benötigte, während ich mit meinem Rucksack nach hinten zu den Kopierern ging, Stuart zuwinkte, der mit einem großen Druckauftrag beschäftigt war, die Toilette aufsuchte und die Tür verriegelte.
    Ich nahm die Washington Post aus meinem Rucksack, breitete sie auf dem Boden aus, hielt meinen Anorak verkehrt herum hoch, damit die Daunen nicht herausfielen, und trennte mit der winzigen Schere an Nims Schweizer Messer die Naht des von Wartan Asow angefertigten Verstecks auf.
    Es war nahezu unmöglich, die Schachbrettzeichnung herauszuziehen, ohne überall auf dem Boden Daunen zu verstreuen, aber schließlich gelang es mir, die Zeichnung weitgehend zu reinigen und sie ungefaltet zwischen die Seiten der Post zu schieben, das Ganze zusammenzurollen und in meinem Rucksack zu verstauen. Anschließend schob ich die herausgefallenen Daunen mit feuchtem Klopapier, so gut es ging, zusammen, warf sie mitsamt Papier ins Klo und betätigte die Spülung.
    Schritt Nummer eins erledigt.
    Leises Klopfen an der Klotür bedeutete mir wie abgesprochen, dass Nim jetzt so weit war, seinen Teil zu übernehmen. Schritt Nummer zwei.
    Ich öffnete die Tür und tauschte meine Daunenjacke gegen seine Plastiktüte mit den soeben eingekauften Büroartikeln, die er in der Hand hielt. Dann tauschte ich mit ihm meinen Platz in der Toilette.
    Während er sich einschloss, um das Futter in meiner Jacke wieder zusammenzuheften, ging ich mit meinem geheimen Material in den Kopierraum. Der ohrenbetäubende Lärm kam
mir sehr entgegen, denn so konnte ich mich auf meine Aufgabe konzentrieren und brauchte mit niemandem zu reden.
    Mit großen Gesten und jede seiner Handlungen kommentierend, richtete Stuart das Kopiergerät für mich ein und überließ es mir anschließend. Ich legte die Titelseite der Post auf die Glasplatte und machte vier Kopien. Dann blätterte ich bis zu der Seite, wo ich die Schachbrettzeichnung abgelegt hatte. Sie lugte ein bisschen hervor, weil

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