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Die Botschaft des Feuers

Die Botschaft des Feuers

Titel: Die Botschaft des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Neville Charlotte Breuer Norbert Moellemann
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konnte.
    Und genau das ließ in Talleyrand die Hoffnung aufkeimen, dass dieser Besuch, diese Begegnung, vielleicht doch nicht so verlaufen würde, wie er es sich während der vergangenen zwanzig Jahre ausgemalt und befürchtet hatte. Außerdem wusste er, dass es auch für ihn an der Zeit war, etwas aufzudecken.
    »Mein Sohn«, begann er, »Antonin Carême wird sich bald zu uns gesellen, das ist zwingend notwendig. Denn während der Jahre, in denen ich gewisse schwierige Aufgaben für deine Mutter erledigen musste, war Antonin derjenige, dem ich mein Leben anvertraut habe - unser aller Leben.
    Doch lass uns, solange wir unter vier Augen sind, offen miteinander sprechen. Es wird höchste Zeit. In meiner Eigenschaft als dein leiblicher Vater bitte ich dich inständig um Vergebung. Wenn ich nicht schon so alt und in besserer körperlicher Verfassung wäre, würde ich jetzt niederknien, deine Hand küssen und dich anflehen …«
    Er unterbrach sich, denn Charlot war aufgesprungen und um den Tisch herumgekommen. Er zog seinen Vater auf die
Füße und küsste ihm seinerseits die Hände. Dann nahm er ihn in die Arme.
    »Ich verstehe, was du empfindest, Vater«, sagte er. »Aber du kannst ganz beruhigt sein. Was mich hierhergeführt hat, ist nicht das, was du glaubst.«
    Talleyrand betrachtete ihn zuerst erschrocken, dann mit einem verhaltenen Lächeln. »Ich hatte ganz vergessen«, gestand er, »dass du Gedanken lesen und die Zukunft vorhersagen kannst.«
    »Ich hatte es selbst schon fast vergessen«, sagte Charlot und erwiderte das Lächeln. »Aber ich bin nicht gekommen, um meine Schwester Charlotte zu suchen, wie du offenbar befürchtest. Nein, was mich angeht - denn ich sehe, dass du Charlotte sehr liebst und sie beschützen willst -, braucht sie über uns gar nichts zu erfahren. Und ebenso wenig soll sie in Zukunft irgendetwas mit dem Montglane-Spiel zu tun haben.«
    »Aber ich dachte, das Spiel sei beendet!«, rief Talleyrand aus. »Es darf nicht erneut beginnen. Um das zu verhindern, hat Mireille zugelassen, dass Charlotte von mir großgezogen wurde, wo sie in Sicherheit war. Weit weg vom Schach, weit weg von den Figuren - und weit weg vom Spiel! Und auch weit weg von der schwarzen Dame - ihrer Mutter, denn das war die Prophezeiung.«
    »Die Prophezeiung war falsch«, entgegnete Charlot. Sein Lächeln war verschwunden, aber er hielt noch immer die Hände seines Vaters. »Offenbar hat das Spiel wieder begonnen.«
    »Nein!«, rief Talleyrand entsetzt aus. Dann senkte er die Stimme, obwohl niemand in der Nähe war, der sie hätte hören können. »Aber die Prophezeiung kam doch von dir , Charlot. ›Das Spiel wird erst wieder beginnen‹, sagtest du, so laute die Weissagung, ›wenn das Gegenüber aus der Asche geboren wird.‹ Wie kannst du behaupten, dass deine Schwester in Sicherheit
ist, wenn es wieder von vorn angefangen hat? Du weißt, dass Charlottes Geburtstag, der 4. Oktober, in Opposition zu dem deiner Mutter liegt - der schwarzen Dame. Heißt das nicht, dass Charlotte in einem neuen Spiel die weiße Dame sein wird - so, wie wir es all die Jahre geglaubt haben?«
    »Ich habe mich geirrt«, antwortete Charlot leise. »Das Spiel ist wieder eröffnet worden. Weiß hat den ersten Zug gemacht, und eine wichtige schwarze Figur ist aufgetaucht.«
    »Aber …«, murmelte Talleyrand. »Ich verstehe das nicht.«
    Als er Carême über den Rasen näher kommen sah, ließ sich Talleyrand wieder auf seinen Gartenstuhl sinken, schaute Charlot an und fügte hinzu: »Mithilfe von Antonin Carême, der in so vielen Adelshäusern und Palästen gekocht hat, hatten wir fast alle Figuren aus Russland und England zusammengetragen! Meine Frau, Madame Grand, die weiße Dame, ist außer Gefecht, ihre Truppen sind aufgelöst oder tot! Mireille ist seit Jahren untergetaucht, sodass niemand sie oder die Figuren aufspüren kann. Und doch sagst du, es hat erneut begonnen? Wie kann es sein, dass Weiß einen Zug gemacht hat und Charlotte dennoch in Sicherheit ist? Welche wichtige schwarze Figur könnte die andere Mannschaft besitzen, die wir nicht gefunden haben?«
    »Das ist genau das, was ich von dir und Carême erfahren möchte«, sagte Charlot, der neben seinem Vater im Gras kniete. »Aber ich weiß, dass es stimmt, denn ich habe es mit eigenen Augen gesehen. Ich habe die neue weiße Dame gesehen; sie ist zwar nur ein junges, zartes Mädchen, aber hinter ihr steht eine einflussreiche Macht. Die wertvolle Schachfigur, die die weiße

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