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Die Botschaft des Feuers

Die Botschaft des Feuers

Titel: Die Botschaft des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Neville Charlotte Breuer Norbert Moellemann
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ihn.«
    Nim betastete den Rücken der Daunenjacke, in den die
Schachzeichnung eingenäht war. An der betreffenden Stelle war sie ein bisschen steifer. Er hob die Brauen.
    Ich wollte schon nicken, doch dann kam mir plötzlich eine Idee. »Vielleicht ist es sogar noch besser, wenn ich Rodo von unterwegs aus anrufe«, sagte ich. »Ich sollte noch ein paar Dinge für ihn besorgen. Ich rufe ihn einfach aus dem Laden an, dann vergesse ich wenigstens nichts.«
    »Also gut, gehen wir«, sagte Nim, während er mir in den Anorak half. »Ihre Kutsche wartet, Gnädigste.«
    Auf dem Weg nach draußen nahm er mein gefährliches Telefon vom Tisch und ließ es zwischen die Sofakissen gleiten, sodass es aussah, als wäre es versehentlich dorthin geraten. Dann bot er mir seinen Arm an.
    Als ich den Blick senkte, entdeckte ich das Schweizer Armeemesser in seiner Handfläche. Er reichte es mir lächelnd. »Für tiefere Einsichten«, sagte er und drückte bedeutungsvoll meinen Anorak. Zusammen verließen wir die Wohnung.
    Auf der M Street, im Zentrum von Georgetown, wimmelte es nur so von Touristen, die zum Kirschblütenfest auf der National Mall nach Washington gekommen waren. Vor jedem Restaurant standen die Leute Schlange, um einen Tisch oder einen Platz am Austerntresen zu ergattern. Wir mussten auf die Straße ausweichen, um an ihnen vorbeizukommen. Die Bürgersteige von Georgetown stellen an sich schon eine Hindernisstrecke dar: Es gibt jede Menge Hundehaufen und matschige Ginkgofrüchte, fehlende Pflastersteine, rasende Radfahrer, die die Gehwege für kurze Ausweichmanöver nutzen, und offen stehende Kellerluken, in die Lieferanten aus ihren in zweiter Reihe parkenden Lastwagen Gemüse- und Bierpaletten laden.
    Aber das Schlimmste sind die Touristen, die sich verhalten,
als würde ihnen Washington gehören - was, wenn man genau darüber nachdenkt, ja tatsächlich der Fall ist.
    »Dagegen wirkt Manhattan geradezu idyllisch«, bemerkte Nim, der immer noch fürsorglich meinen Rucksack mit der einen und meinen Arm mit der anderen Hand hielt, während er das Chaos um sich herum auf sich wirken ließ. »Aber ich werde dich jetzt an einen etwas zivilisierteren Ort bringen, wo wir unser Gespräch fortsetzen und einen Plan entwerfen können.«
    »Ich meinte das ernst. Ich muss wirklich etwas besorgen«, sagte ich. »Es ist dringend - und nur einen Block von hier entfernt.«
    Aber Nim hatte andere Prioritäten.
    »Das Wichtigste zuerst«, entgegnete er. »Ich weiß, wann du zuletzt etwas gegessen hast. Aber wann hast du das letzte Mal ein Bad genommen?«
    Ein Bad? War es so offensichtlich? Ich musste mich beherrschen, um nicht in aller Öffentlichkeit an mir zu schnüffeln. Ich konnte mich beim besten Willen nicht mehr erinnern, aber sicherlich hatte ich nicht mehr gebadet, seit ich nach Colorado aufgebrochen war.
    Trotzdem musste ich zuerst etwas Wichtigeres erledigen, denn es würde eventuell nicht warten.
    »Warum hast du das denn nicht gleich gesagt?«, fragte ich Nim. »Ich hätte doch schnell unter die Dusche springen können.«
    »In deiner Wohnung?«, schnaubte er. »Da verfügt ja ein Zeltplatz über mehr Annehmlichkeiten. Und zurückkehren ist gefährlich. Wir können uns um deine Besorgung kümmern, wenn sie wirklich wichtig ist - aber nur, wenn sie auf dem Weg zu meinem Hotel liegt.«
    »Hotel?«, wiederholte ich verdattert.

    »Natürlich«, erwiderte er belustigt. »Ich habe dir doch erzählt, dass ich dich schon seit Tagen suche. Was hast du denn geglaubt, wo ich mich einquartiert hätte - in deiner spartanischen Wohnung etwa? Oder gar auf einer Parkbank?«
    Eigentlich hatte ich gar nicht darüber nachgedacht. Aber es war nur schwer vorstellbar, dass jemand, der so geheimnistuerisch war wie Nim, unter dem Dach eines öffentlichen Hauses wohnen würde.
    »Welches Hotel?«, wollte ich wissen.
    »Es wird dir gefallen«, versicherte er mir. »Eine nette Abwechslung zu deiner tristen, verwanzten Bude. Zumindest kannst du dich dort waschen. Es rühmt sich außer anderen Annehmlichkeiten eines wettkampftauglichen Swimmingpools und des besten römischen Bades in der Stadt, ganz zu schweigen davon, dass wir dort vollkommen ungestört und in Ruhe den nächsten Teil unserer Kampagne planen können. Es liegt direkt am Ende dieser Straße, wir sind gleich da. Das Hotel Vier Jahreszeiten.«

    Vielleicht weil ich von einer Linie selbst ernannter Philosophen abstammte - Meister der Komplexitätstheorie wie mein Onkel Slawa, der immer den

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