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Die Botschaft des Feuers

Die Botschaft des Feuers

Titel: Die Botschaft des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Neville Charlotte Breuer Norbert Moellemann
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Der Äbtissin aber war klar, dass sie, gleichgültig, was sie sagte oder tat, in den Kerker geworfen würde. Deshalb streckte sie ihre Hand nach der Schachfigur aus und erwiderte nur: »Die gehört mir.«
    Zar Paul weigerte sich, ihr die Figur auszuhändigen, doch sie bemerkte selbst aus der Entfernung, dass irgendetwas nicht stimmte. Zwar schien es sich um dieselbe schwere goldene Figur zu handeln, bestückt mit ungeschliffenen Edelsteinen, rund und sorgsam poliert wie Rotkehlcheneier. Tatsächlich war diese Figur in jeder Hinsicht identisch mit der anderen: Sie stellte eine Frau in langen Gewändern in einem Pavillon sitzend dar, dessen Vorhänge zurückgezogen waren.
    Aber ein Detail fehlte.
    Die Kirche besaß viele solcher Steine aus den Zeiten Karls des Großen und noch davor, die nicht in Facetten geschliffen, sondern von Hand rund poliert waren wie diese hier oder gerüttelt mit feinkörnigem Silizium wie vom Meer geschliffene Kiesel, wodurch eine Oberfläche entstand, die entweder das natürliche Irisieren oder den Sternenglanz zur Geltung brachte. Überall in der Bibel werden solche Steine und deren verborgene Bedeutung beschrieben.
    Deshalb konnte die Äbtissin mit einem Blick beurteilen, dass diese Figur nicht dieselbe schwarze Dame war, die sie vor mehr als fünf Jahren aus Frankreich mit nach Russland gebracht hatte.
    Denn aus Angst, dass genau so etwas geschehen könnte, hatte die Äbtissin ihre eigene, geheime Markierung auf dem Original hinterlassen, eine Markierung, die niemand außer
ihr selbst je entdecken konnte. Unter Zuhilfenahme des geschliffenen Diamanten in ihrem Äbtissinnenring hatte sie einen kleinen Kratzer in Form einer Acht auf dem gewölbten Rubin am Fuß des Pavillons eingraviert.
    Eine Markierung, die eindeutig nicht mehr vorhanden war!
    Dafür gab es nur eine Erklärung. Die Zarin Katharina hatte für das Eremitage-Gewölbe eine perfekte Kopie der schwarzen Dame anfertigen und die echte Figur verschwinden lassen. Auf diese Weise war sie zumindest vor Pauls Zugriff in Sicherheit.
    Die Äbtissin wusste, dass sie nur eine Chance hatte: Bei der Beerdigung der Kaiserin musste sie einen verschlüsselten Brief an jemanden in die Außenwelt lancieren - durch Platon Zubow, den letzten Liebhaber der Zarin, der, wie Zar Paul der Äbtissin kurz zuvor mitgeteilt hatte, bald ins Exil geschickt würde.
    Dies war ihre einzige Hoffnung, die schwarze Dame zu retten.

    Als Byron seine Geschichte beendet hatte, lehnte er sich in die Kissen zurück - noch bleicher als zuvor - und schloss die Augen. Die wenige Energie, die er zu Beginn der Geschichte hatte aufbringen können, war nun völlig aufgebraucht. Aber Haidée wusste, dass es jetzt auf jede Minute ankam.
    Sie ließ sich von Kauri die Wasserpfeife und die kleine Waage mit zerkleinertem Tabak geben. Dann hob sie den Deckel und schob den Tabak auf die Glut. Als der Rauch aus der Pfeife aufstieg, wedelte sie ihn zu ihrem Vater hin.
    Byron musste husten und öffnete die Augen. Von Liebe und Trauer erfüllt, betrachtete er seine Tochter.

    »Vater«, sagte sie, »ich muss dich fragen, wie diese Informationen überhaupt zu Ali Pascha, meiner Mutter und dem Baba Schemimi gelangt sind, sodass sie dir diese Geschichte erzählen konnten.«
    »Sie sind zu jemand anderem gelangt«, erwiderte Byron, der nur noch mit Mühe flüstern konnte. »Zu einer Person, die uns alle nach Rom eingeladen hatte.
    Im Winter nach dem Tod Katharinas der Großen wütete immer noch der Krieg in Europa. Der Vertrag von Campo Formio, der den Franzosen die Herrschaft über die Ionischen Inseln und einige Städte an der albanischen Küste garantierte, war unterzeichnet. Zar Paul schloss gemeinsam mit den Briten einen Pakt mit dem Sultan von Konstantinopel: ein Verrat an allem, was seine Mutter den Griechen versprochen hatte.
    Ali Pascha schloss sich Frankreich gegen dieses schändliche Triumvirat an. Aber er war fest entschlossen, die beiden Lager gegeneinander auszuspielen. Denn mittlerweile hatte er durch Letizia und ihren Freund Schahin erfahren, dass er selbst im Besitz der echten schwarzen Dame war.«
    »Und was ist jetzt mit der schwarzen Dame?«, wollte Haidée wissen. Sie hatte die Wasserpfeife beiseitegestellt, hielt aber immer noch gedankenverloren die kleine kupferne Waage in der Hand. »Wenn Kauri und ich sie beschützen sollen, in wessen Dienst soll sie denn bei all dem Verrat gestellt werden?«
    »In den Dienst der Dame Gerechtigkeit«, erwiderte Byron mit einem

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