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Die Botschaft des Feuers

Die Botschaft des Feuers

Titel: Die Botschaft des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Neville Charlotte Breuer Norbert Moellemann
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Fluchtfahrzeug über eine Route, die niemand gekannt haben kann! Kannst du mir so weit folgen?«
    Sie drehte sich zu Wartan um und stieß ihm mit ihrem Zeigefinger gegen die Brust. »Dann taucht dieser Bursche hier auf und marschiert einen Kilometer durch die Pampa in einem grellen Sweatshirt, als wollte er an der Copacabana flanieren gehen!«
    Sie wiederholte: »Wo sind sie? In einem Flugzeug? In einem Segelflieger? Oder in einem Ballon?«
    »Sie glauben, ich habe dieses Sweatshirt an, um jemandes Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen?«, fragte Wartan.
    »Nennen Sie mir einen besseren Grund«, forderte sie ihn auf, die Arme vor der Brust verschränkt. »Und der sollte wirklich gut sein. Bis zum nächsten Taxistand sind es nämlich mindestens acht Kilometer.«

    Wartan starrte sie einen Moment lang an, als hätte es ihm die Sprache verschlagen. Er errötete leicht, aber Key zuckte mit keiner Wimper. Schließlich sah er sie verlegen lächelnd an.
    »Ich gestehe«, sagte er. »Ich wollte damit Aufmerksamkeit erregen.«
    »Also, wo sind sie?«, wiederholte Key.
    Wartan zeigte auf mich. »Da«, sagte er.
    Als wir endlich begriffen hatten, fügte er hinzu: »Es tut mir sehr leid. Ich dachte, ich hätte erklärt, dass ich eine Verbindung zwischen Alexandra und ihrem Vater und unserem Heimatland herstellen wollte. Das mit der Tarnkleidung hatte ich gar nicht verstanden. Jetzt ist mir klar, dass es einem erstickten Matt gleichkommt. Aber ich wollte Sie oder Alexandra auf keinen Fall in Gefahr bringen. Das müssen Sie mir glauben.«
    Key schloss die Augen und schüttelte den Kopf, als könnte sie es nicht fassen, wie man so dämlich sein konnte.
    Als sie die Augen wieder öffnete, saß Wartan Asow ohne Sweatshirt auf dem Rücksitz.

    »Wenn wir solche Probleme mit der Verständigung haben, und das zu einem so frühen Zeitpunkt«, sagte Wartan, nachdem Key wieder losgefahren war und er sich ein anderes Sweatshirt angezogen hatte, »dann wird das alles noch komplizierter machen, als es sowieso schon ist.«
    Da hatte er allerdings recht. Aber es gab eine Schwierigkeit, die ich von jetzt an garantiert nicht mehr haben würde: mir Wartan Asow mit nacktem Oberkörper vorzustellen.
    Ich wusste genau, was das war. Man nennt dieses Phänomen den Fluch des Trinkers - wenn einem jemand sagt, nachdem man schon reichlich abgefüllt ist, man soll versuchen, sich keinen rosa Elefanten vorzustellen. Selbst wenn man noch nie
in seinem Leben einen rosa Elefanten gesehen hat, bekommt man diesen Blödsinn einfach nicht mehr aus dem Kopf.
    Als Schachspielerin war ich jedoch eine Meisterin der Erinnerung und Wahrnehmung. Und ich wusste, wenn man etwas tatsächlich einmal gesehen hatte, anstatt es sich nur vorzustellen - wie zum Beispiel die für zwei Sekunden aufblitzende Möglichkeit einer Mittelspielposition im Schach oder der zwölf Sekunden dauernde Anblick von Wartan Asows nacktem Oberkörper -, dann bleibt das Bild für alle Ewigkeit im Gehirn abgespeichert. Einmal gesehen, ist es unauslöschbar, und man kann sich so viel Mühe geben, wie man will, es lässt sich nicht mehr ausradieren.
    Am liebsten hätte ich mir selbst einen Tritt in den Hintern gegeben.
    Dieser Asow: Noch vor einer Woche hätte ich ihn am liebsten verprügelt oder gar vernichtet - ein gesunder, aggressiver Zug, der schon so manchen Schachspieler vor dem Ruin bewahrt hat. Aber ich wusste, dass, was auch immer sich zwischen ihm und mir abspielte, es mehr sein würde als nur ein Duell auf Leben und Tod.
    Wartan hatte recht gehabt, als er mir in Colorado sagte, es gebe zu viele ähnliche Zufälle in unser beider Leben und dass wir unsere Kräfte vereinen sollten. Aber waren es wirklich Zufälle? Wenn Key mit ihrer Einschätzung richtiglag, war es schließlich in erster Linie meine Mutter gewesen, die diesen irrwitzigen Aufwand betrieben hatte, um ihn und mich zusammenzubringen.
    Ich stand am Rande des Abgrunds, weil ich nicht wusste, wem ich überhaupt noch vertrauen konnte - meiner Mutter, meinem Onkel, meinem Chef, meiner Tante, meiner besten Freundin? Warum sollte ich dann jemals Wartan Asow vertrauen?

    Aber ich tat es.
    Ich wusste jetzt, dass Wartan Asow tatsächlich aus Fleisch und Blut war. Und das nicht nur, weil er sein Shirt ausgezogen hatte.
    Er wollte etwas von mir, etwas, das ich gesehen oder erfahren hatte, vielleicht ohne mir selbst darüber im Klaren zu sein. Daher auch all das Gerede über die Ukraine, über Farben und Symbole und über wogende Weizenfelder

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