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Die Botschaft des Feuers

Die Botschaft des Feuers

Titel: Die Botschaft des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Neville Charlotte Breuer Norbert Moellemann
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kommen.
    Schließlich brach Wartan das Schweigen. »Deine Mutter hat erkannt, dass das Spiel vermutlich von Anfang an eine Illusion gewesen ist. Dass es vielleicht gar kein Spiel gibt …«
    »Moment mal«, fiel ich ihm ins Wort. »Willst du damit etwa andeuten, dass die ganze Zeit Menschen umgebracht wurden, dazu ausersehen wurden oder sich sogar freiwillig entschlossen haben, in ein Spiel einzusteigen, von dem sie wussten, dass es sie das Leben kosten könnte - nur wegen einer Illusion ?«
    »Menschen opfern Tag für Tag ihr Leben für Illusionen«, bemerkte Key, unsere unermüdliche Philosophin.
    »Aber wie konnten über einen so langen Zeitraum Menschen glauben, sie wären in irgendein gefährliches Spiel verwickelt«, wandte ich ein, »wenn es überhaupt nicht existiert?«
    »Doch, doch, es existiert tatsächlich«, versicherte Wartan mir. »Wir alle nehmen daran teil. Und es geht um einen sehr hohen Einsatz, wie Lily es beschrieben hat. Aber das ist es nicht, was deine Mutter herausgefunden hat.«
    Ich wartete immer noch.
    »Was deine Mutter entdeckt hat«, fuhr Key fort, »ist, dass dieses ›Spiel‹ vielleicht nur eine List ist, die uns in eine völlig
falsche Richtung lenkt. Solange wir Spieler sind, befinden wir uns in einem geschlossenen System; wir sind Opfer unserer eigenen Kurzsichtigkeit; wir sind schwarze und weiße Feinde auf einem Schlachtfeld, das wir uns selbst geschaffen haben. Wir können das große Ganze nicht überschauen.«
    Eine »List«, die meinen Vater das Leben gekostet hatte, dachte ich.
    Aber laut fragte ich: »Und was genau bitte ist dieses ›große Ganze‹?«
    Key lächelte. »Die Ursprüngliche Bestimmung«, sagte sie.

    Mein Leben schien überzuquellen von lauter neuen Erkenntnissen.
    Die erste bestand darin - und in Bezug auf die Priorität die dringlichste, mit der ich mich beschäftigen musste -, dass wir den ersten Teil einer Tausende von Kilometern langen Reise in einem Flugzeug zurücklegten, das über keine Toilette verfügte.
    Dieses Thema tauchte eher zufällig auf, als Key den Proviant und die Energy-Drinks auspackte. Sie riet uns, nicht zu viel zu essen und zu trinken, bevor wir uns unserem nächsten Stopp näherten, wo immer der sein mochte.
    Die Einzelheiten spare ich mir - nur so viel sei erwähnt, dass die Logistik entweder eine eiserne Kontinenz erforderte, für die die Piloten solch kleiner Flugzeuge trainiert sind, oder den äußerst heiklen Einsatz eines leeren Marmeladenglases. Da es nicht einmal eine kleine Abstellkammer gab, wo man wenigstens ein bisschen ungestört hätte sein können, entschied ich mich gezwungenermaßen für die erste Option und lehnte das Erfrischungsgetränk dankend ab.
    Meine zweite Erkenntnis sollte sich zum Glück als lohnender erweisen.

    Es war Wartans Enthüllung der wirklichen Rolle des kürzlich verstorbenen Taras Petrossian in diesem äußerst gefährlichen, wenn auch illusorischen Spiel.
    »Taras Petrossian, der Mann, der mein Stiefvater wurde, hatte armenische Vorfahren, die seit Generationen auf der Krim und, wie alle Armenier seit Menschengedenken, im Gebiet um das Schwarze Meer herum gelebt hatten«, berichtete Wartan. »Als die Sowjetunion vor zehn Jahren auseinanderbrach, brachte das meinen Stiefvater in eine ungewöhnlich interessante Position - zumindest aus der Sicht eines Schachspielers.
    Um zu verstehen, was ich meine, müsst ihr ein bisschen über die Geschichte dieses Landes wissen, von dem ich rede: Die Krim ist nicht nur der Geburtsort von Alexandras Vater. Um diese Halbinsel - eigentlich eher eine Insel - wie um die Region, in der sie liegt, ranken sich viele Legenden. Ich glaube, es ist kein Zufall, dass sich ein großer Teil der Geschichte, die ich euch erzählen werde, auf dieses Gebiet am Schwarzen Meer konzentriert.«

DIE GESCHICHTE DES GROSSMEISTERS
    Im Lauf der Jahrhunderte hat die Krim viele verschiedene Herrscher gehabt. Im Mittelalter wurde sie unter anderem von den mongolischen Khanen der Goldenen Horde regiert, die ihrerseits von den osmanischen Türken abgelöst wurden. Im fünfzehnten Jahrhundert hatte sich die Krim als größter Sklavenhandelsplatz am Schwarzen Meer etabliert. Sie fiel erst in die Hände Russlands, nachdem Potemkin sie während der Russisch-Türkischen Kriege für Katharina die Große erobert hatte. Mitte des neunzehnten Jahrhunderts, während des
Krimkriegs zwischen den Russen einerseits, die immer noch versuchten, das Osmanische Reich zu zerstückeln, und den Briten und

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