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Die Botschaft des Feuers

Die Botschaft des Feuers

Titel: Die Botschaft des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Neville Charlotte Breuer Norbert Moellemann
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Jahrzehnten der Sowjetherrschaft -, und er verstand es sehr gut, diese Sehnsucht zu vermarkten. Zum Beispiel widersprach er nie jenen, die in ihm einen Abkömmling einer alten Familie von Lebensmittellieferanten des Zaren sahen, und er sorgte dafür, dass in allen seinen Klubs stets gekühlte Schalen mit Kaviar auf den Tischen standen.
    Wohlweislich gab er seinen Lokalen Namen, die die Erinnerung an Orte heraufbeschworen, aus denen die Armenier stammten oder wohin sie im Lauf der Jahrhunderte ausgewandert waren. In St. Petersburg zum Beispiel eröffnete er einen noblen Klub, in dem es teuren Wein und Champagner gab und wo Speisen aus dem kalifornischen Central Valley
angeboten wurden. Auf der Karte des Golden-Fleece-Restaurants in Moskau standen griechische Gerichte, und es gab Retsina in Bocksbeuteln, was Assoziationen an die Speisen wachrief, die Jason und die Argonauten zu sich genommen haben könnten, als sie das Schwarze Meer von Kolchis nach Tomis überquerten.
    Aber am meisten begehrt war ein exklusiver Privatklub namens Baghdaddy’s, dessen teure Mitgliedschaft man nur auf persönliche Empfehlung hin erwerben konnte. Dieser Klub allein hätte Taras Petrossian die Mittel geliefert, die er ziemlich bald aufwendete, um für mich, seinen jungen Stiefsohn, die besten Schachlehrer zu engagieren, die man für Geld bekommen konnte.
    Außerdem versetzten ihn diese Mittel in die Lage, viele Turniere aus eigener Tasche zu finanzieren. Dies tat er aus Gründen, die im Lauf der weiteren Geschichte verständlich werden.
    Das Baghdaddy’s war mehr als nur irgendein Nobelklub. Es zeichnete sich durch eine nahöstliche Küche aus, die in einem exotischen, orientalischen Ambiente serviert wurde: kupferne Schüsseln, Kamelsättel und Samoware - dazu neben jedem Diwan ein ungewöhnliches Schachspiel. Am Eingang begrüßte die Gäste ein riesiges Porträt des großen Kalifen Harun al-Raschid, unter dem folgendes Motto geschrieben stand:
    Bagdad, vor tausend Jahren, Geburtsort des Schachspiels .
    Denn unter Liebhabern der Schachgeschichte ist bekannt, dass es dieser berühmte Abbasiden-Kalif war, al-Raschid - ein Mann, der nach der Legende gleichzeitig zwei Schachpartien mit verbundenen Augen spielen konnte -, der das Schachspiel in ein Musterbeispiel für Kriegsführung verwandelte, es somit aus dem Reich des Spiels und der Wahrsagerei herauslöste und seine Bedeutung erhöhte, indem er es dem Koran und seinem Verbot von derartigen Vergnügungen unterwarf.

    Der interessanteste Aspekt dieses besonderen Klubs meines Stiefvaters war seine private Sammlung seltener Schachfiguren aus aller Welt, die in beleuchteten Nischen entlang der Wände ausgestellt waren. Taras Petrossian hat nie ein Hehl daraus gemacht, dass er stets an weiteren Exemplaren interessiert war, um sie seiner Sammlung hinzuzufügen, und dass er ungeachtet des Preises jederzeit bereit war, seine Mitbewerber auf dem Antiquitätenmarkt zu überbieten.
    Es gab natürlich ein Schachspiel, dessen Figuren es ihm ganz besonders angetan hatten. Und mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion, gefolgt von den terroristischen Anschlägen am 11. September und der anschließenden Invasion Bagdads durch amerikanische Truppen wäre jeder, der dringend Geld brauchte und irgendetwas auftreiben konnte, was sich in Rubel verwandeln ließ, nur allzu bereit gewesen, sich von einer Figur des Montglane-Spiels zu trennen.
    Als die neue russische Regierung begann, gegen private Profitmacher vorzugehen, stieß mein Stiefvater seine Geschäfte so schnell wie möglich ab und kehrte Russland den Rücken, um nach London zu gehen. Aber in Bezug auf das Schachspiel gab er - und vielleicht auch sein stiller Teilhaber - seine Mission offenbar nicht auf. Möglicherweise standen sie auch zu dicht vor dem Ziel, um diese Option in Betracht zu ziehen.
    Denn ich glaube, dass kurz vor dem Mord an Taras Petrossian vor zwei Wochen in London ein Gegenstand, hinter dem sie schon lange her waren, aus Bagdad weggeschafft worden war.

    Nachdem Wartan seine Geschichte beendet hatte, schüttelte Key lächelnd den Kopf.

    »Ich fürchte, ich habe Sie völlig unterschätzt, Mister«, sagte sie und tätschelte ihm anerkennend den Arm. »Was für eine Kindheit! Aufgezogen von einem Mann, der so egoistisch und skrupellos war, dass er Ihre Mutter womöglich nur geheiratet hat, um Sie unter seinen Einfluss zu bekommen. Sie waren für ihn die Eintrittskarte zu seinem ruchlosen Vorhaben, sich zum Schachguru der Topspieler zu

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