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Die Botschaft des Feuers

Die Botschaft des Feuers

Titel: Die Botschaft des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Neville Charlotte Breuer Norbert Moellemann
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machen!«
    Ich hätte angenommen, dass Wartan sich gegen einen solchen Schuss ins Blaue vehement verwahren würde, noch dazu abgefeuert von einer Frau, die ihn kaum kannte und Petrossian selbst nie begegnet war. Stattdessen erwiderte er nur ihr Lächeln und sagte: »Mir scheint, ich habe Sie ebenfalls unterschätzt.«
    Ich hatte allerdings eine ganz andere Frage - eine, die mir auf den Nägeln brannte, seit Wartan angefangen hatte, seine Geschichte zu erzählen. Ich wusste nur nicht, wie ich es über mich bringen sollte, sie zu stellen. Ich wartete, bis Key die Kontrolle über die Maschine wieder von »Otto« übernahm und unsere Position überprüfte. Schließlich holte ich tief Luft.
    »Ich gehe mal davon aus«, begann ich mit zitternder Stimme, »dass es sich bei der ›Mission‹ von Petrossian und Basil Livingston um die Beschaffung weiterer Figuren des Montglane-Spiels handelte, was wiederum bedeutet, dass es auch um die Figur ging, die mein Vater und du in Sagorsk gesehen habt?«
    Wartan nickte und musterte mich einen Augenblick lang aufmerksam. Dann tat er etwas völlig Unerwartetes. Er nahm meine Hand, beugte sich zu mir vor und küsste mich auf die Stirn, als wäre ich ein kleines Kind. Ich spürte, wie die Wärme seiner Haut sich an den beiden Berührungspunkten auf mich übertrug, als wären wir elektrisch geerdet worden. Schließlich ließ er mich - fast schon widerwillig - wieder los.

    Vor lauter Verblüffung bekam ich einen trockenen Mund und spürte, wie mir die Tränen in die Augen traten.
    »Ich muss dir alles erzählen«, sagte er ruhig. »Schließlich ist das der Grund, warum wir hier sind. Aber glaubst du, du kannst das jetzt verkraften?«
    Ich war mir nicht so sicher, ob ich das konnte. Trotzdem nickte ich.
    »Jenes Turnier in Moskau, die Partie zwischen dir und mir - ich war ja selbst noch ein Kind, deshalb habe ich damals überhaupt nichts verstanden. Aber aus dem, was ich mir mit der Zeit zusammenreimen konnte, gibt es für mich nur eine Erklärung, warum das Turnier überhaupt veranstaltet wurde: um dich und deinen Vater nach Russland zu locken. Solange deine Mutter deinen Vater beschützte, hätten sie ihn nie dazu bringen können, aus freien Stücken dorthin zurückzukommen. Verstehst du?«
    Natürlich verstand ich. Ich hätte losbrüllen und mir die Haare raufen können. Aber ich wusste, dass das, was er gesagt hatte, den Nagel auf den Kopf traf. Und ich wusste genau, was das bedeutete.
    In gewisser Weise hatte ich meinen Vater umgebracht.
    Hätte ich nicht diesen kindlichen Ehrgeiz besessen, die jüngste Großmeisterin der Welt zu werden - hätte uns nicht die einmalige Gelegenheit gelockt, dieses Ziel zu erreichen -, wäre mein Vater um keinen Preis in seine Heimat zurückgekehrt.
    Das war es, wovor meine Mutter ihr Leben lang Angst gehabt hatte.
    Das war der Grund, warum sie von mir verlangt hatte, das Schachspielen aufzugeben, nachdem er getötet worden war.
    »Nachdem wir jetzt so viel über das Spiel erfahren haben«, fuhr Wartan fort, »ergibt alles einen Sinn. Jeder an dem großen
Spiel Beteiligte wusste, wer dein Vater war - nicht nur der Schachgroßmeister Alexander Solarin, sondern einer der Hauptakteure in dem Spiel - und der Ehemann der schwarzen Dame. Mein Stiefvater hat ihn dorthin gelockt, um ihm zu zeigen, dass seine Mannschaft diese wichtige Schachfigur besaß, vielleicht in der Hoffnung, irgendeine Art von Handel schließen zu können …«
    Wartan schwieg und sah mich an, als wollte er mich in die Arme nehmen und trösten. Dabei wirkte er so bekümmert, als könnte er selbst Trost gebrauchen.
    »Aber Xie, begreifst du denn nicht, was das bedeutet?«, fragte er. »Dein Vater wurde geopfert - aber ich war der Köder, der benutzt wurde, um euch beide in die Falle zu locken!«
    »Nein, das warst du nicht«, erwiderte ich und legte ihm meine Hand auf den Arm, so wie Key es kurz zuvor getan hatte. »Ich wollte dich schlagen; ich wollte gegen dich gewinnen; ich wollte die jüngste Großmeisterin der Welt werden - wir wollten beide dasselbe. Aber wir waren doch noch Kinder, Wartan. Woher hätten wir denn wissen sollen, dass es um mehr ging als nur um ein Spiel? Selbst jetzt wüssten wir nichts davon, wenn Lily es uns nicht erklärt hätte.«
    »Also, jetzt wissen wir ganz genau, worum es geht«, entgegnete er. »Aber ich hätte es schon vorher wissen müssen. Es ist erst einen Monat her, dass Taras Petrossian mich angerufen und gesagt hat, ich solle nach London kommen, dabei

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