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Die Bourne-Identität

Titel: Die Bourne-Identität Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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wußte, den man Carlos nannte. Jenes Wissen war so profund, daß Villiers ihn verblüfft anstarrte und Informationen erkannte, von denen er wußte, daß sie streng geheim waren. Durch seinen Sohn hatte der General Zugang zu den geheimsten Akten seines Landes über Carlos gehabt, und manches in jenen Akten paßte zu dem, was ihm der Unbekannte hier erzählte.
    »Diese Frau, mit der Sie in Argenteuil sprachen, die in telefonischer Verbindung zu meinem Haus steht, und die Ihnen gegenüber zugab, Kurier zu sein ... «
    »Ihr Name ist Lavier«, unterbrach Bourne.
    Der General machte eine Pause. »Danke. Sie hat Sie durchschaut; sie hat Sie fotografieren lassen.«
    »Ja.«
    »Die hatten vorher also keine Fotografie?«
    »Nein.«
    »Also jagt Carlos Sie ebenso wie Sie ihn jagen. Aber Sie besitzen keine Fotografie. Sie kennen nur zwei Kuriere, von denen einer in meinem Hause war.«
    »Ja.«
    »Und mit meiner Frau gesprochen hat.«
    »Ja.«
    Der alte Mann wandte sich ab. Schweigen lastete über ihnen.
    Sie erreichten das Ende des Weges, wo sich ein kleiner See befand. Er war mit weißem Kies eingesäumt, und alle zehn oder fünfzehn Fuß standen Bänke und umgaben das Wasser, wie eine Ehrenwache ein Grabmonument aus schwarzem Marmor umgibt. Sie gingen zur zweiten Bank. Jetzt brach Villiers sein Schweigen.
    »Ich würde mich gerne setzen«, sagte er. »Mit dem Alter lassen die Kräfte nach. Das ist mir oft peinlich.«
    »Das sollte es nicht sein«, sagte Bourne und setzte sich neben ihn.
    »Das sollte es nicht«, pflichtete der General ihm bei, »aber das tut es.« Er wartete einen Augenblick und fügte dann leise hinzu: »Häufig in Gesellschaft meiner Frau.«
    »Das ist doch nicht so schlimm«, sagte Jason.
    »Sie mißverstehen mich.« Der alte Mann wandte sich dem jüngeren zu. »Ich meine nicht das Bett. Es gibt einfach Zeiten, wo ich mich genötigt sehe, meine Aktivitäten einzuschränken - eine Abendveranstaltung früher zu verlassen, an einer Wochenendreise ans Meer nicht teilzunehmen, auf das Skifahren in Gstaad zu verzichten.«
    »Ich weiß nicht, ob ich Sie verstehe.«
    »Meine Frau und ich sind oft getrennt. In vieler Hinsicht lebt jeder von uns ein Leben für sich, und erfreut sich an dem, was dem anderen Spaß macht.«
    »Ich begreife immer noch nicht.«
    »Machen Sie es mir nicht so schwer!« sagte Villiers.
    »Wenn ein alter Mann eine junge, aufregende Frau findet, die darauf erpicht ist, sein Leben mit ihm zu teilen, versteht er gewisse Dinge ganz gut, andere nicht so ohne weiteres. Da ist natürlich die finanzielle Sicherheit ausschlaggebend, und in meinem Fall ein gewisses Maß an Zugang zum öffentlichen Leben. Luxus, gesellschaftliche Ereignisse, Freundschaft mit berühmten Leuten, alles das ist wunderbar. Für einen alternden Mann ist es ein berauschendes Gefühl, eine schöne junge Frau an seiner Seite zu wissen. Stolz präsentiert er sie der Welt. Aber dann gibt es Augenblicke quälender Eifersucht.« Der alte Soldat beugte sich ein wenig vor; das, was er sagen mußte, fiel ihm nicht leicht. »Wird sie sich einen Liebhaber nehmen?« fuhr er dann mit leiser Stimme fort. »Sehnt sie sich nach einem jüngeren, kräftigeren Körper? Einem, der mehr mit dem ihren im Einklang ist? Man kann nichts dagegen unternehmen - nur hoffen, daß sie so vernünftig ist, diskret zu sein. Ein Staatsmann, den man zum Hahnrei macht, verliert seine Wählerschaft schneller als ein Quartalsäufer; es bedeutet einfach, daß er nicht mehr Herr seiner selbst ist. Und dann kommen noch andere Sorgen dazu. Wird sie seinen Namen mißbrauchen? Wird sie die Contenance bewahren, ihr jugendliches Temperament zu zügeln wissen? Das ist das Risiko, das man eingeht, das sind die Zweifel, die an einem nagen. Und deshalb frage ich mich, ob sie nicht Teil eines Planes ist, von Anfang an.«
    »Sie haben es also gespürt?« fragte Jason leise.
    »Gefühle sind nicht die Realität!« konterte der alte Soldat heftig. »Sie haben keinen Platz in den Beobachtungen.«
    »Warum sagen Sie mir das dann?«
    Villiers' Kopf lehnte sich nach hinten, fiel dann wieder nach vorne, so daß seine Augen den See erfaßten. »Ich bete dafür, daß es eine einfache Erklärung für das gibt, was wir beide heute Abend gesehen haben, und ich werde ihr jede Gelegenheit bieten, mir diese Erklärung zu liefern.« Wieder hielt der alte Mann inne. »Aber in meinem Herzen weiß ich, daß es keine solche Erklärung gibt. Ich wußte es in dem Augenblick, in dem Sie mir von Les

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