Die Bourne-Identität
erfüllt, etwas Wesentliches geleistet zu haben.
»Alles planmäßig, Conklin«, sagte der Mann aus der Botschaft und ließ das früher gebrauchte Mister weg, um damit seine Ranggleichheit zu betonen, schließlich kam er ja zu ihm nach Paris. »Bourne ist nervös. Während unseres letzten Gesprächs fragte er wiederholt, warum man ihn nicht hierher bestellte.«
»Hat er das?« Zuerst war Conklin überrascht, dann begriff er. Delta spielte die Reaktionen eines Mannes, der nichts von den Ereignissen an der Einundsiebzigsten Straße wußte. Wenn man ihn aufgefordert hätte, zur Botschaft zu kommen, wäre er geflohen. Er wußte ganz genau, daß es keine offizielle Verbindung geben durfte. »Haben Sie wieder gesagt, daß die Straßen unter Beobachtung stünden?«
»Natürlich. Daraufhin hat er mich gefragt, wer sie beobachtete. Können Sie sich das vorstellen?«
»Ja, das kann ich. Was haben Sie geantwortet?«
»Daß er das genausogut wüßte wie ich, und daß ich es für gefährlich hielte, solche Dinge am Telefon zu besprechen.«
»Sehr gut.«
»Das fand ich auch.«
»Was hat er darauf erwidert? Hat er sich zufriedengegeben?«
»Auf recht seltsame Art, ja. Er sagte >Ich verstehe.< Sonst nichts.«
»Hat er es sich anders überlegt und um Schutz gebeten?«
»Er lehnte ihn weiterhin ab. Auch noch, als ich insistierte.« Der Erste Sekretär machte eine kurze Pause. »Er will nicht beobachtet werden, wie?« sagte er vertraulich.
»Nein, das will er nicht. Wann wollte er wieder anrufen?«
»In etwa fünfzehn Minuten.«
»Sagen Sie ihm, der Mann von Treadstone sei eingetroffen.« Conklin zog eine Landkarte aus der Tasche, auf der bereits mit blauer Tinte eine Route markiert war. »Sagen Sie ihm, das Treffen fände um ein Uhr dreißig auf der Straße zwischen Chevreuse und Rambouillet statt, sieben Meilen südlich von Versailles bei Le Cimetiere des Noblesse.«
»Ein Uhr dreißig, Straße zwischen Chevreuse und Rambouillet ... da ist der Friedhof. Weiß er, wie er hinkommt?«
»Er ist schon einmal dort gewesen. Wenn er ein Taxi nehmen will, sagen Sie ihm, er soll die normalen Vorsichtsmaßregeln treffen und es dann wegschicken.«
»Wird ihm das nicht seltsam vorkommen? Dem Fahrer, meine ich. Das ist doch eine sehr ausgefallene Zeit für einen Friedhofbesuch.«
»Ich habe nur gesagt, Sie sollen >ihm das sagen<. Er wird natürlich kein Taxi nehmen.«
»Natürlich«, sagte der Erste Sekretär schnell und gewann seine Fassung zurück, indem er zustimmte, was unnötig war. »Da ich Ihren Mann hier in Paris noch nicht angerufen habe -soll ich ihn anrufen und sagen, daß Sie eingetroffen sind?«
»Das werde ich erledigen. Haben Sie seine Nummer noch?«
»Ja, natürlich.«
»Verbrennen Sie sie umgehend!« befahl Conklin. »Ich rufe in zwanzig Minuten wieder an.«
Ein Zug donnerte auf der unteren Etage der Metro vorbei, man spürte die Schwingungen am Bahnsteig darüber. Bourne hängte den Hörer am Telefonautomaten an der Betonwand auf und starrte die Sprechmuschel einen Augenblick lang an. Wieder hatte sich irgendwo in den Tiefen seines Unterbewußtseins irgendeine Türe ein Stück geöffnet. Aber das Licht, das durch den Spalt fiel, war schwach ... Dennoch tauchte vor seinen Augen die Straße nach Rambouillet auf ... durch einen schmiedeeisernen Bogen ... eine kleine, flach abfallende Bodenerhebung mit weißem Marmor. Kreuze, groß, größer, Mausoleen ... Und überall Statuen. Le >Cimetiere des Noblesse<. Ein Briefkasten, aber mehr als das. Ein Ort, wo Gespräche stattfanden, mitten zwischen den Begräbnissen und den Särgen, die in die Tiefe gesenkt wurden. Zwei Männer, ebenso feierlich gekleidet wie die Menschenmenge, zwei Männer, die sich zwischen den Trauernden bewegten, bis sie sich begegneten und die Worte austauschten, die sie einander zu sagen hatten.
Da war auch ein Gesicht, aber es war nur undeutlich zu sehen, unscharf; er sah nur die Augen. Und jenes unscharfe Gesicht und jene Augen hatten einen Namen, David ... Abbott ... der Mönch. Der Mann, den er kannte und doch nicht kannte. Der Mann, der Medusa und Cain geschaffen hatte.
Jason blinzelte ein paarmal und schüttelte den Kopf, als könne er damit den Nebel verjagen. Er sah zu Marie hinüber, die fünfzehn Fuß zu seiner Linken an der Wand stand und die Menschen am Bahnsteig musterte, Ausschau hielt nach jemandem, der ihn vielleicht beobachtete. Aber in Wirklichkeit tat sie das nicht, sie sah ihn an, ihr Gesichtsausdruck war besorgt. Er
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