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Die Bräute des Satans

Die Bräute des Satans

Titel: Die Bräute des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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primär dem eigenen Genius zu. Wer außer ihm wäre imstande gewesen, so schnell zu reagieren, so eiskalt zuzuschlagen und mit einer Kaltschnäuzigkeit, die selbst ihn überraschte, an die Beseitigung sämtlicher Spuren zu gehen?
    Wohl niemand.
    Schade nur, dass es so schnell hatte gehen müssen. Sonst hätte er seine Rache bis zur Neige auskosten können. Ein Schlag auf den Hinterkopf, ein Aufschrei, der in ein ersticktes Röcheln mündete – weiß Gott keine Entschädigung für die Unbill, welche ihm in all den Jahren zugefügt worden war. Dennoch: Es war vollbracht, die Schmach, unter der er gelitten und die ihm das Leben zur Hölle gemacht hatte, getilgt.
    Von heute an würde alles anders werden, das stand fest. Und was die Beseitigung des Leichnams anging, hatte er ganze Arbeit geleistet. Sollten sie doch nach Bruder Severus suchen, wenn ihnen der Sinn danach stand. Seinetwegen das ganze Kloster auf den Kopf stellen. Niemand, nicht einmal der ach so gelehrte Hilpert von Maulbronn, würde auch nur eine Spur des toten Körpers finden.
    Dafür hatte er gesorgt.

Sext
     
    [Noviziat, 11:20 h]
     
     
    Worin der Novize Alanus eine unerwartete Entscheidung fällt.
     
    Schon über ein halbes Jahr lang ging das so, und es hatte Tage gegeben, an denen er nicht mehr konnte. Tage, an denen die bald mehr, bald weniger offenen Schmähungen, Beleidigungen und versteckten Attacken einfach nicht mehr auszuhalten gewesen waren. Schwer vorstellbar, dass eine Steigerung seiner Drangsal überhaupt möglich war.
    Und doch war dem so. Für Alanus, Lieblingsschüler des Novizenmeisters, war das Ende seines Martyriums lange noch nicht in Sicht. Dafür würden Billung und seine beiden Handlanger, die auf der Bank hinter ihm saßen, bestimmt sorgen.
    »Sedete, discipuli.« [6] Von dem, was hinter seinem Rücken vorging, ahnte der vierundzwanzigjährige Novizenmeister aus dem Elsass freilich nichts. Bruder Cyprianus, dem normalerweise nichts entging, war mit den Gedanken woanders, und das merkten seine Schüler sofort. »Wo waren wir stehen geblieben?«
    »De bello Gallico, Buch eins, Kapitel eins«, tönte Diepold von Germersheim in die Stille des weiß getünchten Raumes hinein, in dem sich außer einem Kruzifix, dem Katheder und einem wurmstichigen Bücherregal keine weiteren Möbelstücke befanden. »Inhalt: Beschreibung von Land und Leuten.«
    Spätestens jetzt, im Angesicht des täppisch grinsenden Novizen, hätte Bruder Cyprianus Verdacht schöpfen müssen. Der Novizenmeister nahm jedoch kaum Notiz von ihm, was auf den Unruhestifter wie eine Ermutigung wirkte.
    »Und – wer kann den ersten Satz auswendig?« Bruder Cyprianus war zwar ein hoffnungsloser Idealist, aber was den Arbeitseifer mancher Eleven betraf, machte er sich keinerlei Illusionen. »Billung?«
    Der stiernackige Sprössling aus niederadeligem Haus, auf dessen Ignoranz stets Verlass war, fuhr erschrocken in die Höhe. »Das … äh … der erste …«, druckste er verlegen herum, während sich Bruder Cyprianus, geduldig wie immer, hinter das Katheder begab.
    »Also – ich höre!«, hakte der stets etwas bleich und übernächtigt wirkende Novizenmeister nach und fuhr sich mit dem Handrücken über die hohe Stirn. »Was hast du mir zu sagen?«
    Billung wurde rot wie eine Tomate. »Nichts, wenn ich ehrlich bin«, gestand er zögerlich ein, sehr zum Verdruss von Bruder Cyprianus, bei dem sich allmählich Unmut regte.
    »Und wieso nicht?«
    »Weil … äh … es ist nämlich so, dass …«
    »… du für das, was ich euch beizubringen versuche, nicht das geringste Interesse aufbringst. Oder liege ich da falsch?«
    Der bullige Grobian, dessen Barett, Wams und mit Goldstickereien durchwirktes Leinenhemd ein Vermögen gekostet hatten, hantierte verlegen an seiner Schnürung herum und wusste vor lauter Verlegenheit nicht, wohin er seinen Schafsblick richten sollte. »Ich glaube schon, Bruder«, hörte sich seine Replik denn auch alles andere als überzeugend an.
    »Was mich betrifft, kann ich dir leider nicht zustimmen.« Bruder Cyprianus ließ die feingliedrigen Finger übers Gesicht gleiten, schüttelte verdrossen den Kopf und besann sich. »Also gut –«, fuhr er nach einer Weile fort, »da gutes Zureden bei dir nicht gefruchtet hat, werde ich von heute an andere Saiten aufziehen.«
    Billungs Glupschaugen weiteten sich, und seine grünlichen Pupillen blickten starr. »Welche Saiten?«, echote er.
    »Arbeit, mein Sohn –«, erwiderte der Novizenmeister, der an dem

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