Die Braut aus den Highlands
bedächtig. âWas aber ist, wenn die Burg in Eurer Abwesenheit angegriffen wird?â, fragte sie. âWas, wenn diese Menschen hier sterben, weil Ihr Eure Pflichten vernachlässigt und Euch nicht die Zeit genommen habt, sie angemessen zu unterweisen, ehe Ihr davoneilt, um Eure Schwester zu besuchen?â
Weil Ihr Eure Pflichten vernachlässigt . Alex versteifte sich, erwiderte aber nur unwirsch: âDas Risiko eines Angriffs ist äuÃerst gering.â
âAber ein solcher ist nicht auszuschlieÃenâ, sagte sie bestimmt. âUnd es ist Eure Aufgabe als Laird, Euch darum zu kümmern, dass Eure Männer gut ausgebildet sind, um sich selbst und Eure Burg schützen zu können.â
Alex runzelte die Stirn. So gern er sich selbst als guten und verantwortungsvollen Lord gesehen hätte, war es durchaus ein wenig selbstsüchtig, dass er die Schwächen seiner Krieger einem Besuch seiner Schwester hintanstellte. Die Sache würde höchstens einen oder zwei Tage in Anspruch nehmen. Er sann noch darüber nach, als ihm auffiel, dass Merry ein wenig erhitzt von der Anstrengung war, die sie an seiner statt auf sich genommen hatte, während er seinen Rausch ausschlief. Er presste die Lippen noch fester aufeinander. Der Zahn hatte gezogen werden müssen, aber welch unglückliche Fügung war es doch, dass dies ausgerechnet heute hatte geschehen müssen.
âIch werde die Männer schulen, ehe ich nach Donnachaidh aufbrecheâ, versicherte er ernst. âAber ich werde es tun, nicht Ihr. Ihr werdet Euch künftig auf Tätigkeiten innerhalb der Burg beschränken. Und nun geht, macht Euch frisch und leistet Eurem Vater und Euren Brüdern an der Tafel Gesellschaft, bis das Nachtmahl aufgetragen wird.â
âMein Vater und meine Brüder sitzen immer noch an der Tafel?â, fragte sie. Ihre Augen wurden schmal.
â Aye .â
âSie trinken doch nicht etwa, oder?â
âDoch, und dazu noch meinen besten Whisky, so wie es aussiehtâ, erwiderte Alex trocken.
Zu seiner Verblüffung stieà sie einen Fluch aus, wie er ihn nie aus dem Mund einer Frau erwartet hätte, wenngleich er ihn oft genug von seinen Recken vernommen hatte. Sie wirbelte herum und eilte auf den Wohnturm zu.
Besorgt wollte er ihr folgen, als Gerhard an seiner Seite erschien. âIch habe weià Gott versucht, sie vom Ãbungsplatz fernzuhalten, doch sie ist ein willenstarkes kleines Biest, wenn ihr der Sinn danach steht.â
Alex brummte nur, und ehe er etwas sagen konnte, fuhr Gerhard fort: âIch wollte Eurem Besuch gleich bei der Ankunft die Sache mit Eurem Zahn erklären, aber Euer künftiger Schwiegervater lieà mich nicht zu Wort kommen, sondern unterbrach mich immer wieder.â
âWahrscheinlich hat er befürchtet, du würdest etwas sagen, was hätte verraten können, dass ich gar nicht nach dem Mädchen geschickt habeâ, meinte Alex spöttisch.
âSie glaubt, Ihr hättet nach ihr geschickt?â, fragte Gerhard erstaunt.
Alex nickte. âWie ich verstanden habe, dachten ihr Vater und ihre Brüder, dass eine Einladung von mir sie eher dazu bewegen würde herzukommen. Sie scheinen ganz versessen darauf, endlich Merewens Missfallen ob ihrer Trunksucht zu entfliehen. Es scheint so, als würden sie dieser Sucht recht häufig frönen und es seit vielen Jahren Merewen aufhalsen, Stewart zu führen.â
Gerhard nickte. Er wirkte nicht überrascht. âSie scheint sehr fähig zu sein, was das angeht. Auch wenn ich bemüht war, sie davon abzuhalten, die Ãbungen zu beaufsichtigen, muss ich ihr doch zugestehen, dass sie ihre Sache gut gemacht hat. Sie hat die Fehler und Schwachstellen der Kämpfer genau erfasst und darauf bestanden, die Männer selbst zu unterweisen. Sie ist erstaunlich begabt.â
â Aye , das ist mir aufgefallenâ, murmelte Alex, während er seiner Braut nachblickte. Ihre Schritte wurden fester und angriffslustiger, je näher sie dem Wohnturm kam, und Alex mutmaÃte, dass den Stewart-Männern mehr als nur die übliche Portion wütendes Funkeln und Fischgesicht bevorstand. Ihn durchzuckte der Verdacht, dass es von Vorteil sein mochte, wenn auch er sich in die Halle begäbe. Er sah Gerhard an. âSage den Männern, für heute haben sie genug geübt. Es ist ohnehin bald Zeit für das Nachtmahl.â
Er wartete noch, bis Gerhard nickte,
Weitere Kostenlose Bücher