Die Braut aus den Highlands
respektvoll einen Schritt Abstand zu ihm hielt, während sie auf die Tafel zuschritten. Cullen nickte Alex zu, ging an ihm vorbei und wünschte Evelinde mit einem Kuss einen guten Morgen. Gerhard blieb neben Alex stehen und nickte ebenfalls.
„Ist alles bereit?“, fragte Alex.
„ Aye . Der Wagen ist bepackt, die Pferde gesattelt, und die Männer warten.“
„Geh schon vor und lass alle aufsteigen. Wir kommen gleich nach“, wies Alex ihn an. Er wartete, bis Gerhard sich umgedreht hatte und aus der Halle schritt, ehe er sich erhob, Merry ebenfalls von der Bank half und sich seiner Schwester zuwandte.
Evelinde stand bereits, als er auf sie und Cullen zuging. Sie zögerte kurz, warf sich ihm in die Arme und drückte ihn. „Du musst unbedingt wiederkommen, wenn alles bereinigt ist“, sagte sie. „Bis dahin schreib mir, sooft du kannst, damit ich weiß, dass es dir gut geht.“
„Versprochen“, erwiderte Alex und drückte sie noch einmal an sich, ehe er sie losließ. Sofort legte Cullen einen kräftigen Arm um seine Frau und zog sie an seine Brust, während er die andere Hand Alex entgegenstreckte.
„Ich wünsche Euch einen sicheren Heimweg und viel Erfolg bei der Aufklärung der Vorfälle. Lasst mich wissen, wie alles ausgegangen ist, ich bin neugierig.“
„So wie ich“, entgegnete Alex knapp. Die beiden tauschten ein Lächeln.
Er wollte seine Hand zurückziehen, doch Cullen verstärkte den Griff um seinen Unterarm und hielt ihn fest. „Ihr seid herzlich eingeladen, Euren Besuch in angemessener Weise zu wiederholen, sobald Ihr könnt“, beteuerte er ernst. „Evelinde und ich würden uns sehr freuen.“
So aufrichtig klang er, dass Alex leicht die Brauen hob. Er wusste, dass die Worte seines Schwagers ein großer Gunstbeweis waren. In der unter Männern üblichen Art hatte er Alex mitgeteilt, dass er ihn mochte. Da diese Empfindung auf Gegenseitigkeit beruhte, zog er gleich, indem er anbot: „Dasselbe gilt für Euch. Ihr seid auf d’Aumesbery jederzeit willkommen. Ich würde es begrüßen, die Gelegenheit zu bekommen, Euch besser kennenzulernen.“
Cullen lächelte, ließ Alex’ Arm los und blickte auf Evelinde hinunter. „Da zeigt sich das schottische Blut in Eurer Familie. Zwei so großartige Menschen können unmöglich rein englische Vorfahren haben.“
„Oh, Cullen!“ Evelinde lachte und drückte ihren Gemahl kurz, schaute dabei aber kopfschüttelnd zu ihm herüber. „Schenk seinen Worten keine Beachtung. In seinen Augen sind alle Engländer Schwächlinge und Narren.“
„ Aye , so ist es. Deshalb weiß ich ja, dass ihr zwei unmöglich rein englisch sein könnt“, neckte Cullen.
Evelinde schnalzte mit gespielter Empörung. Alex, der die beiden beobachtete, musste unwillkürlich lächeln. Als Evelinde sich an ihm vorbeidrückte, trat er beiseite und sah etwas verblüfft, dass seine Schwester auch Merry fest in die Arme schloss und diese die Umarmung erwiderte. Ihm entging nicht, dass Evelinde Merry etwas zuraunte, woraufhin diese nickte. Die Arme ineinandergehakt und die Köpfe zusammengesteckt, schritten die beiden Frauen auf das Portal zu.
„Sie mögen sich“, sagte Cullen, während sie den Damen folgten.
„ Aye “, stimmte Alex lächelnd zu und betrachtete die beiden, eine zierlich und blond, die andere ein wenig größer und mit langem, glänzend kastanienbraunem Haar, das unter dem Schleier hervorlugte. Er hatte immer gefunden, dass Evelinde mit einer bezaubernd schönen Haarflut gesegnet war, doch nun, da er sich Merrys Mähne ohne den Schleier vorstellte, dachte er bei sich, dass sie die herrlichsten Flechten besaß, die er je gesehen hatte. Lang und fließend, schien das Haar dort, wo es unter dem Schleier hervortrat, in seinem satten Glanz die Mittagssonne einzufangen und rotgoldene Funken zu sprühen.
„Ihr fühlt Euch nicht ein wenig trunken? Eure Zunge ist nicht schwer?“, fragte Cullen plötzlich.
Die Frage verwirrte Alex. Er schaute den anderen an. „Nein, warum?“
„Nun, die Art und Weise, auf die Ihr gerade Merry angestarrt habt, ließ mich denken, dass man Euch womöglich wieder etwas eingeflößt habe“, zog Cullen ihn auf.
Alex grinste, schüttelte aber den Kopf. „Glaubt mir, ich brauche keine Hilfsmittel, um sie auf diese Weise anzuschauen.“
Auch Cullen lächelte, fuhr aber ernst fort: „Vielleicht solltet Ihr Merry dies bald einmal sagen. Frauen sind sonderbare Wesen und hängen den seltsamsten Gedanken nach. Es sollte mich nicht wundern,
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