Die Braut aus den Highlands
Euren zuckrigen Worten täuschen ließe. Sie wird Euch vor die Tür setzen, noch ehe Alexander und ich in der Familiengruft beigesetzt sind.“
Wut verzerrte Eddas Züge, doch sie flackerte nur auf und verschwand gleich wieder wie ein Wetterleuchten. An ihre Stelle trat ein Ausdruck von Entschlossenheit, der beängstigender war als Zorn. „Niemals wird diese kleine Hure mir in die Quere kommen! Oh, es wird einen Erben geben“, verkündete sie grimmig. „Ich werde Euch einfach betäuben und Godfrey so lange jede Nacht zu Euch schicken, bis Euer Bauch anschwillt. Und dann …“
„Den Teufel wirst du tun.“
Merry fuhr herum und starrte ihren Gemahl an. Er war wieder zu sich gekommen – nach seiner Miene und der Behändigkeit zu urteilen, mit der er auf die Beine kam, schon vor einer ganzen Weile. Vermutlich war er bereits kurz nach ihrer Ankunft hier oben wieder aufgewacht und hatte den Erklärungen weitgehend lauschen können. Er wirkte nicht etwa nur wütend – er schäumte vor Rage, so sehr, dass Godfrey mit großen Augen zurückwich.
„Halt ihn auf, du Tölpel, oder wir sind beide verloren!“, fuhr Edda den Jungen an. Zugleich umklammerte sie Merrys Arm noch fester und zog sie näher zu sich heran. Noch ehe ihr Rücken gegen die Brust der älteren Frau stieß, spürte sie das Messer an der Kehle, und unter der Berührung des kalten Stahls zuckte sie zusammen. Mit den Augen suchte sie Alex. Als sie ihn, das Schwert halb gezogen, innehalten sah, weil er Angst hatte, sie zu gefährden, wusste sie, dass sie selbst würde handeln müssen. Sie durfte nicht zulassen, dass er seine Waffe abgab, um sie zu retten. Das würde sie beide das Leben kosten.
Eine Bewegung von Godfrey lenkte ihren Blick in seine Richtung, und sie erkannte, dass er Alex’ Ablenkung nutzen wollte und mit dem eigenen gezogenen Schwert auf ihn losging. Ohne auf die Klinge an ihrem Hals zu achten, rief Merry eine Warnung, rammte ihren beschuhten Fuß in Eddas, packte deren Arm und riss im selben Atemzug die Messerhand von ihrer Kehle. Sie tat es unwillkürlich; es war etwas, das sie mit den Männern von Stewart auf dem Kampfplatz geübt hatte, seit sie sechzehn war. Sie dachte nicht nach, sondern überließ sich ganz dem vertrauten Fluss der Bewegungsabfolge, stieß Eddas Handgelenk fort und tauchte unter ihrem Arm und dem Messer hindurch. Edda versuchte, die Waffe niederzudrücken, um sie ihr in den Leib zu stoßen und ihr Entkommen zu verhindern, doch nachdem Merry sich wieder aufgerichtet hatte, gab sie Eddas Gelenk abrupt frei. Der Arm sauste nieder, Merry verstärkte seine Wucht noch durch entsprechenden Druck, und so erstach Edda sich letztlich selbst.
Sie erstarrten beide, als der Stahl Edda in den Halsansatz drang. Wie gebannt sah Merry Verblüffung und Zorn in Eddas Augen aufflackern, ehe rasch das Leben aus ihnen wich. Als sie zu Boden sackte, ließ Merry sie los.
Und fuhr sofort herum. Alex kreuzte das Schwert mit Godfrey. Aus den Augenwinkeln hatte er Merry verfolgt, sodass er seinem Gegner bislang nicht die volle Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Sie bemerkte die Erleichterung auf seiner Miene, als er sah, dass sie nicht länger in Gefahr war, bevor er sich ganz Godfrey widmete.
„Du kannst nicht gewinnen, Junge“, stieß er hervor. „Gib auf und lebe.“
„Leben? Wie das?“, keuchte Godfrey verbittert. „Etwa in einem der finsteren Kerkerlöcher in d’Aumesberys Verlies? Wohl kaum, Mylord, Ihr werdet mich schon töten müssen.“
„Dann soll es so sein“, erwiderte Alex ruhig. Merry wandte sich ab. Sie hatte kein Verlangen danach zuzuschauen, wie er dem Jungen das Schwert in den Leib rammte. Ihr Blick fiel auf die Frau zu ihren Füßen, und ihr Mund wurde schmal. Das hatte Edda allein sich selbst zu verdanken. Sie hatte ihren eigenen Tod heraufbeschworen wie auch den ihres Neffen, und Merry hatte keine Ahnung, wie sie Lady und Lord Duquet erklären sollten, was sich hier zugetragen hatte.
Einen Herzschlag darauf endete das Klirren der Waffen mit einem Schmerzenslaut. Stille folgte. Sie biss sich auf die Lippe und wandte sich schließlich doch um, nur um sicherzugehen, dass der Kampf so ausgegangen war, wie sie erwartet hatte, und Godfrey nicht durch eine Tücke des Schicksals einen glücklichen Streich hatte ausführen können. Alex kniete neben dem Jungen, strich ihm sanft das Haar aus dem Gesicht und lauschte den Worten, die der ihm zuflüsterte. Merry blieb, wo sie war, denn sie wollte die beiden nicht
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