Die Braut aus den Highlands
Kopf hoch. Ihr Vater blickte grimmig und entschlossen drein, und ihre Brüder bekundeten nickend, dass sie das Angebot ihres Vaters unterstützten. Merry wusste nicht, was sie denken sollte. Die Männer waren so versessen darauf gewesen, sie loszuwerden, seit sie von Lord d’Aumesberys Rückkehr aus dem Heiligen Land erfahren hatten, dass dieser Vorschlag recht überraschend kam. Einen Moment lang verschlug es ihr die Sprache, ehe sie ihre Gedanken geordnet hatte und sich räusperte. „Das Betttuch zeigt aber, dass die Ehe nicht aufgehoben werden kann.“
„Wir sagen einfach, du hättest dich ins Bein geschnitten oder dass es dein Mondblut sei. D’Aumesbery war voll wie ein Fass, sodass er sich kaum erinnern dürfte, was er letzte Nacht getrieben hat.“
Merry starrte ihren Vater lange stumm an. Eine Annullierung zu diesem Zeitpunkt würde bedeuten, dass sie ihre Mitgift verwirkte. Ihr Verstand hatte Schwierigkeiten damit zu akzeptieren, dass ihr Vater tatsächlich ein solches Opfer bringen wollte. Wahrlich, er und ihre Brüder hatten dem Trank in den vergangenen Jahren derart ausgiebig gefrönt, dass sie geglaubt hatte, sie kümmerten sich um nichts als sich selbst. Es war merkwürdig festzustellen, dass sie sich letztlich doch um sie sorgten. Diese Erkenntnis trieb ihr die Tränen in die Augen, allerdings war sie nicht so töricht anzunehmen, dass sich dadurch irgendetwas änderte. Sie war durchaus versucht, das Angebot anzunehmen und der Ehe zu entfliehen, doch das würde lediglich bedeuten, nach Stewart zurückzukehren und für diese Männer das Kindermädchen zu spielen, bis ihr Vater sich aufraffen würde, eine neue Heirat für sie zu arrangieren. Falls er dies je tun würde.
Und wenn, hieß das nicht, dass sie es unbedingt besser treffen würde. Auf d’Aumesbery wusste sie zumindest, woran sie war. Hier mochte sie es zwar mit einem trunkenen Gemahl zu tun haben, doch den Umgang mit Trunkenbolden war sie gewohnt. Und hier hatte sie wenigstens Edda. Seit dem Tod ihrer Mutter hatte Merry die liebevolle Art, die Weisheit und den Beistand einer Frau vermisst. Nun hatte sie all dies in Gestalt ihrer Schwiegermutter. Edda erinnerte sie gar ein wenig an ihre geliebte, selige Mutter. Nicht was das Aussehen anging. Maighread Stewart war eine bildschöne Frau gewesen, selbst im Tod noch, wohingegen Edda … Nun, sie war nicht ganz so schön, ließ Merry den Gedanken lahm auslaufen, unwillig, auch nur hässlich über sie zu denken.
Zudem – was zählte das Aussehen schon? Fest stand, dass Edda Engländerin war und Merrys Mutter das Kind eines Schotten und einer englischen Dame und in England aufgewachsen war. Jedes Mal, wenn Edda sprach, nahm Merry denselben Rhythmus und Tonfall in ihren Worten wahr wie bei ihrer Mutter, und dies erinnerte sie an ihre Kindheit, als sie sich in ihrer Obhut geborgen und sicher gefühlt hatte. Merry würde das beklagenswerte Los hier gewiss nicht gegen ein noch beklagenswerteres anderswo tauschen.
„Nein, mir fehlt nichts“, beteuerte sie schließlich und fügte beschwichtigend an: „Er war eigentlich gar nicht grob. Bestimmt neige ich einfach dazu, stark zu bluten.“
Eachann Stewart runzelte die Stirn. „Wir werden trotzdem noch eine Weile hierbleiben für den Fall, dass du deine Meinung änderst“, kündigte er an.
Merry blinzelte ob dieser Mitteilung, einmal mehr überrascht. Alexander hatte am Abend vor der Hochzeit angemerkt, dass er es für klug hielte, am Tag nach der Vermählung gemeinsam mit ihrem Vater und ihren Brüdern nach Schottland aufzubrechen, da eine größere Gruppe von Kriegern auch größere Sicherheit versprach. Nun aber schien ihr Vater anzudeuten, dass … „Ich dachte, wir würden heute nach Norden reiten?“
Allein der Gedanke schien Eachann Stewart zu bestürzen. „Selbst d’Aumesbery ist nicht so ruchlos, dich reisen zu lassen, nachdem er dich so übel zugerichtet hat. Nay .“ Er schüttelte den Kopf. „Als dein Mann heute Morgen in die Halle herunterkam, hat er gesagt, er werde dir eine Woche Zeit lassen, damit du dich vor der Reise erholen könntest, und wir sollten ohne euch aufbrechen.“
Merry biss sich auf die Lippe. Sie fühlte sich elend, weil jeder aufgrund dieser Sache schlecht über ihren Gemahl dachte. Kein Zweifel, sie hatte sich verschätzt, was die erwartete Menge an Blut anging. Leider hatte sie keine Ahnung, was sie dagegen tun konnte – es sei denn, sie würde mit der Wahrheit herausrücken.
„Aber“, fuhr ihr Vater
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