Die Braut aus den Highlands
fort, „wir bleiben hier und passen darauf auf, dass der Bastard dich beim nächsten Mal nicht umbringt.“
Beinahe hätte sie bei dieser Ankündigung die Nase gerümpft. Wenn sie blieben, so wusste Merry, bedeutete dies nichts als Ärger für sie. Sie würde ständig hinter ihnen her sein müssen, um zu verhindern, dass sie tranken, sie beschämten oder die Burg in Trümmer legten.
„Nein, das ist nicht nötig“, sagte sie mit fester Stimme, und als ihr Vater den Mund öffnete, als wolle er widersprechen, fügte sie rasch an: „Sobald ich wieder wohlauf bin, reisen wir nach Donnachaidh. Das liegt ganz in der Nähe von Stewart, und sollte ich meine Meinung ändern, so kann ich die Strecke leicht bewältigen.“
Ihr Vater sah zwar nicht überzeugt aus, doch schließlich nickte er und atmete tief durch. „Tja, schätze, dann sollten wir wohl aufbrechen.“
Merry blinzelte verblüfft ob dieses plötzlichen Sinneswandels. „Jetzt gleich?“
„ Aye , nun, wir hatten ja von Anfang an vor, heute zu reiten, nicht wahr?“, sagte er mit einem schiefen Lächeln. „Alles ist bereit. Wir wollten nur noch abwarten, wie es um dich und deine Meinung steht. Und bevor wir den ganzen Tag vertrödeln, können wir uns genauso gut jetzt auf den Weg machen.“
Merry runzelte die Stirn und erinnerte sich an das, was Una ihr erzählt hatte, während sie ihr beim Ankleiden half. Die Magd hatte mitbekommen, wie Alexander befohlen hatte, den Whisky wegzuschließen und den Stewarts zu sagen, er sei bei der Hochzeitsfeier bis auf den letzten Tropfen getrunken worden. Da wusste sie, was der eigentliche Grund dafür war, dass ihr Vater es plötzlich so eilig hatte. Vor diesem Hintergrund wurde die Tatsache, dass er angeboten hatte zu bleiben – und ihre Brüder keinen Einwand erhoben hatten –, umso erstaunlicher.
Einen Moment verzögert bemerkte sie, dass ihr Vater und ihre Brüder aufgestanden waren und nun auf etwas zu warten schienen. Merry sah sie an, mit einem Mal unsicher, und erhob sich ebenfalls. Ihr Vater schloss sie innig in die Arme und drückte sie fest. „Schick nach mir, wenn du mich brauchst, mein Mädchen“, raunte er ihr zu, ließ sie los und trat beiseite.
Merry erholte sich noch von dieser unverhofften Anwandlung, als sie auch schon in Brodies Umarmung verschwand, der sie fast erdrückte. Seine Botschaft lautete ein wenig anders, als er sie schließlich freigab. „Wenn er dir zu lästig wird, dann dürfte ihn dir eine Klinge genau hier“, er wies auf ihre Brust, „vom Halse schaffen.“
Sie lächelte etwas verkrampft angesichts dieses Ratschlags. „Das würde auch mich den Kopf kosten“, wies sie ihn zurecht. „Denn man würde mich hängen.“
„ Aye “, räumte er stirnrunzelnd ein. „Dann stoß ihn einfach die Treppe hinunter und lass es wie einen Unfall aussehen“, schlug er vor.
„Lass den Unfug, Brodie, du lieferst sie nur an den Henker“, brummte Gawain und schob seinen Bruder beiseite, um sie ebenfalls fest in die Arme zu schließen. „Ich erwarte einmal im Monat einen Brief von dir, damit wir wissen, dass es dir gut geht, ja?“
Merry nickte stumm, brachte aber kein Wort heraus, weil ihr mit einem Mal ein Kloß im Hals steckte. Sie schienen ihr wie Fremde – oder vielmehr war es so, als habe sie die drei einen kurzen Moment lang so wieder, wie sie einst gewesen waren. Bevor der uisge beatha sie in seine Klauen bekommen hatte. Das ließ ihr Herz schwer werden. So hätten sie all die Jahre sein können, hätte der Trank ihnen nicht den Verstand vernebelt und sie selbstsüchtig und ungebärdig gemacht.
„Kommt“, brummte ihr Vater, doch Gawain und Brodie hatten sie bereits in ihre Mitte genommen und zogen sie mit sich hinter ihrem Vater her auf das Portal zu. Halb schluchzte, halb lachte sie, als sie heraustrat und sah, dass die Pferde bereits gesattelt waren und die Stewart-Mannen um den leeren Karren versammelt waren, auf dem ihre Habseligkeiten hergebracht worden waren. Es ließ sie nicht daran zweifeln, dass ihr Angebot zu bleiben aufrichtig gewesen war, doch hatten sie ihre Antwort offenbar erwartet. Merry geleitete sie hinab zu ihren Reittieren, drückte Vater und Brüder noch einmal an sich und blinzelte ungeduldig die Tränen zurück, die die davonreitende Gruppe verschwimmen ließen.
Nachdem sie sich all die Jahre danach gesehnt hatte, die drei los zu sein, mochte sie es nun kaum glauben, dass ihre Abreise sie so sehr betrübte. Doch unwillkürlich fragte sie sich, wer nun
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