Die Braut aus den Highlands
Käse und Brot lagen, damit auch er und Gerhard sich laben konnten. Alex hörte seinen Magen knurren, dankte dem Mädchen und besah das Dargereichte.
„Guten Morgen, werte Herren.“
Alex blickte auf und sah Edda durch die Halle auf die Tafel zuschreiten. Sie wirkte fröhlich, was in seiner Jugend nie der Fall gewesen war, doch seit seiner Rückkehr schien sie ständig ein Lächeln auf den Lippen zu tragen. Es machte sie hübscher, als er je für möglich gehalten hätte. Aufgrund ihres seltsam dünnen, braunen Haars und mehrerer fehlender Zähne würde Edda nie gut aussehen, doch wenn sie den verkniffenen Ausdruck zur Schau trug, wie er es vor dem Kreuzzug von ihr gewohnt gewesen war, war sie richtiggehend hässlich.
„Wie ich sehe, nimmst du gerade erst dein Morgenmahl zu dir“, begrüßte ihn Edda. „Gut. Dann bin ich ja doch nicht so spät aufgestanden, wie ich befürchtet hatte. Ich …“ Sie brach ab, nahm Alex näher in Augenschein und blinzelte erstaunt. „Du liebe Güte, Alex, dein Gesicht ist ja ganz geschwollen. Hast du dich verletzt?“
Alex hob die Brauen und strich sich mit der Hand über die verräterische Wange. Als er feststellte, dass sein Gesicht tatsächlich ein wenig geschwollen war, verdüsterte sich seine Miene.
„Ein kranker Zahn“, erklärte Gerhard. „Ich habe ihm geraten, sich behandeln zu lassen, ehe wir aufbrechen, aber er bleibt stur.“
„Oh, Sturheit ist hier wirklich nicht angebracht, Alex. Der Zahn ist offenbar entzündet“, erwiderte Edda stirnrunzelnd.
„Dem Zahn geht es gut“, versicherte Alex ruhig und bewies gleich darauf das Gegenteil, als er in ein großes Stück Käse biss und zusammenzuckte, als Schmerz ihm durch den Kiefer schoss.
„Oh, aber natürlich geht es ihm gut“, spöttelte Gerhard.
„Nein, tut es nicht“, widersprach Edda energisch und sah zu der Magd hinüber, die das Essen gebracht hatte. „Geh und hol den Schmied für den Lord, Mädchen.“
„Es ist doch nicht nötig, dass …“, widersprach Alex, doch sie fiel ihm ins Wort.
„Doch, es ist nötig. Du wirst d’Aumesbery nicht verlassen, bevor sich nicht jemand um deinen Zahn gekümmert hat. Schon ganz andere Männer als du sind dahingerafft worden, weil sie einen kranken Zahn nicht haben behandeln lassen.“
Alex schnitt eine Grimasse, erhob aber keine Einwände mehr. Der Zahn setzte ihm an diesem Morgen wirklich zu, und da seine Wange geschwollen war, war es in der Tat höchste Zeit, sich dieser Sache anzunehmen. Eine Entzündung im Körper, ganz gleich wo, war gefährlich. Die Reise nach Donnachaidh musste wohl doch noch aufgeschoben werden, zumindest so lange, wie die Behandlung des Zahns in Anspruch nahm. Beim bloßen Gedanken an das, was ihm bevorstand, verzog er erneut das Gesicht und wandte sich wieder seiner Mahlzeit zu, wobei er den nächsten Bissen auf der unversehrten Seite zu kauen versuchte. Leider schien das nicht viel zu nützen. Zwar durchzuckte ihn die Pein nicht wieder blitzartig wie gerade, aber inzwischen pochte sein ganzer Kiefer qualvoll, und jede Bewegung verstärkte den Schmerz.
Seufzend gab er auf, ließ die Speisen liegen, lehnte sich zurück und starrte in die Halle. Es schien, als müsse das Essen bis nach der Behandlung warten.
„Da kommt der Schmied.“ Gerhards Ankündigung ließ Alex zum Portal blicken. Seine Augenbrauen schossen hoch, als er den Mann sah, der da die Burg betrat.
„ Das ist der Schmied?“, fragte er verblüfft. „Was ist mit dem alten Baldric?“
„Ist gestorben, wie ich gehört habe. Während wir fort waren“, sagte Gerhard leise. „Dies ist Grefin, sein Nachfolger.“
„Hm“, murmelte Alex und runzelte missmutig die Stirn, was sowohl der Mitteilung als auch dem Mann vor ihm galt. Während der alte Baldric ein baumlanger, vierschrötiger Kerl gewesen war, war dieser hier klein und schmächtig und besaß nicht die Masse, die von der nötigen Kraft zum Ziehen eines Zahns zeugte. Alex wusste aus Erfahrung, dass so etwas einige Stärke erforderte. Zähne konnten sich überaus hartnäckig gebärden. Er argwöhnte, dass ihm harte Zeiten bevorstanden.
„Man sagte mir, dass Euch ein Zahn zu schaffen macht, Mylord?“
Alex betrachtete den neuen Schmied, der neben ihm zum Stehen kam. Kurz zog er in Betracht, den Zahn nicht ziehen zu lassen und einfach weiter vor sich hin zu leiden, doch der Schmerz hatte sich inzwischen zu einem steten Pulsieren ausgewachsen, und selbst einige wenige Augenblicke noch größerer Pein –
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