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Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007

Titel: Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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das Gesicht; Clarice sagte gleichzeitig: »Das akzeptiere ich nicht.«
    »Die Alternative ist«, sagte Corto und kratzte sich am Kopf, »dass einer meiner Männer mitkommt, wenn du dich wäschst oder den Boden düngen gehst. Natürlich haben meine Männer den Befehl, dich nicht anzurühren, aber wer weiß, ob sie sich daran halten, wenn du ihnen ein bisschen was zeigst? Er hier hält sich daran, das kann ich garantieren, weil er weiß, dass ich ihn sonst mit seinen eigenen Eingeweiden erdrossle.«
    Clarices Begleiter schluckte und versuchte sich klein zu machen. Clarice würdigte ihn keines Blickes. »Ich akzeptiere es nicht«, erklärte sie aufs Neue.
    »Rein in den Wagen«, sagte Corto. »Hättest du den Kastraten aufgehalten, wären wir jetzt nicht in dieser Lage und der Idiot nicht tot.«
    Clarice warf den Kopf zurück und hob den Saum ihres Rocks. Der ältere Mann bückte sich und verschränkte die Hände zu einem Steigbügel, in den sie trat, um sich von ihm in den Wagen hieven zu lassen. Sie zog das Knie so scharf nach, dass ihr Galan nur mit Mühe seine Nase davor bewahren konnte, platt gedrückt zu werden.
    »Der da gehört ab sofort zu uns. Er heißt Lorenzo«, sagte Corto. Clarice warf Lorenzo aus dem Wagen heraus den gelangweiltesten aller Blicke zu. Lorenzo machte einen übertriebenen Bückling. Corto gab ihm einen Fußtritt. Der ältere Mann sah von Corto zu Lorenzo – sein Blick traf Lorenzo fast ebenso wie der des fliehenden Kastraten; hier sah ein Hündchen einen neuen Herrn an, wider alle Erfahrung hoffend, gestreichelt statt getreten zu werden. Lorenzo nickte ihm zu und tat so, als hätte er den Blick nicht bemerkt. Der Mann öffnete den Mund, aber Corto schnitt ihm das Wort ab und schickte ihn mit einer Kopfbewegung in den Wagen. Dann wandte sich der kahlköpfige Anführer brüsk ab.
    »Jetzt weißt du alles«, sagte er.
    »Beeindruckende Sammlung. Was ist mit dem Mädchen?«
    »Das Schmuckstück«, erwiderte Corto und grinste breit. »Die wird uns reich machen.«
    »Der Kastrat war der Aufpasser nicht für die Jungs, sondern auch für sie?« Lorenzo wies mit dem Kopf zum Wagen, von wo man eine weibliche Stimme sehr pointiert sagen hörte: »Verschwindet aus meiner Ecke, ihr kleinen Kröten!«
    »Dieser schwanzlose Idiot«, sagte Corto, ohne die Stimme zu erheben. »Natürlich hätte ich ihn samt den beiden Burschen zurückgegeben. Was hat er denn geglaubt? Hier hatte er’s doch schöner als vorher – die Männer haben ihn zwar verarscht, aber sie haben ihn in Ruhe gelassen, und wenn er sang, haben sie ihm sogar zugehört. Selbst die Madonna hat ihn akzeptiert.«
    »Vielleicht hatte er einfach zu viel Angst«, sagte Lorenzo und dachte an den Blick, den der fliehende Gesangslehrer scheinbar nur ihm zugeworfen hatte.
    »Er hätte mehr Angst vor zu Hause haben sollen, wo die zwei Jungs die Kinder der Herrschaft sind.« Corto kratzte sich unter seiner Kappe. Sein Gesicht verzog sich. »Wir müssen Ersatz für ihn finden.«
    »Wie lange willst du denn brauchen, bis du das Geld für deine Geiseln eingetrieben hast?«
    »Es dauert so lange, wie’s dauert. Aus dir spricht der blutige Anfänger.«
    »Wohin reist denn der Bote mit der Lösegeldforderung für die Madonna?«
    Corto schwieg ein paar Momente lang. »Ich habe noch niemanden losgeschickt«, sagte er. »Zuerst will ich sie in Sicherheit wissen.«
    Lorenzo machte eine weite Geste, die die gesamte Szenerie um sie herum erfasste. »Wo willst du mehr Sicherheit finden?«
    »Wart’s nur ab.« Er kletterte auf den Bock des Wagens. Derjenige seiner Männer, der die Zugpferde lenkte, erklomm den Wagen von der anderen Seite. »Wir brechen auf!«, rief Corto.
    Lorenzo beobachtete die Männer dabei, wie sie sich abmarschbereit machten. Er blieb neben der Kutsche stehen. Corto beugte sich zu ihm herab.
    »Dein Pferd kannst du selbst reiten«, sagte er. »Deine Waffen behalte ich, bis du es dir verdient hast, sie in meiner Gegenwart zu tragen.«
    Lorenzo hatte nichts anderes erwartet. Er nickte. Corto fasste unter den Kutschbock und warf Lorenzo etwas zu. Er fing es überrascht auf.
    »Passte keinem von uns«, sagte Corto. »Und roch außerdem streng.«
    Lorenzo betrachtete seinen Stiefel. Corto zwinkerte ihm zu. Dann stand er auf und brüllte: »Es geht los! Wer noch nicht fertig ist, kann hinterherrennen!«
    Lorenzo schlüpfte in seinen Stiefel, stieg auf sein Pferd und reihte sich zwanglos in den lockeren Haufen der Berittenen ein. Sie nahmen ihn in

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