Die Braut des Herzogs (German Edition)
Diener beflissen, als er sich von seinem ersten Schrecken erholt hatte. So gelangte Seine Gnaden, ohne daß seine zahlreichen Besucher es ahnten, unentdeckt zu seinem Schlafzimmer. »Packe das nötigste für eine Nacht«, befahl er dem Kammerdiener, der eben dabei war, ihm die Kleidung für eine nachmittägliche Ausfahrt bereitzulegen. »Nicht mehr, als in meinen Satteltaschen Platz findet.«
»Sehr wohl, Euer Gnaden. Werde ich Euer Gnaden in der Kutsche folgen?«
»Du wirst mir nirgendwohin folgen, mein Guter. Ach, Edward …« wandte er sich an den Lakaien, der sich eben zurückziehenwollte, »laufe zu den Ställen und veranlasse, daß mein Pferd gesattelt wird. Sie sollen es aber nicht direkt vor die Haustüre bringen, sondern etwas weiter oben, etwa auf der Höhe des Hauses des Earl of Cristlemaine.«
»Ich werde Ihnen nicht folgen?« meldete sich der Kammerdiener zu Wort, als Edward davongeeilt war, um dem Befehl seines Herrn nachzukommen.
»Ich werde nur einen, höchstens zwei Tage wegbleiben. Ich brauche daher weder viel Gepäck noch Begleitung. Und jetzt ersuche ich dich, dich zu beeilen. Ich möchte mein Ziel erreichen, bevor es dunkel wird. Und ich habe noch einen längeren Ritt vor mir.«
Eine gute halbe Stunde später verließ der Herzog sein Haus auf demselben unkonventionellen Weg, auf dem er es betreten hatte. Nachdem er sich vergewissert hatte, daß keine Besucher vor dem Haupteingang auf Einlaß warteten, eilte er mit großen Schritten zu seinem bereitstehenden Pferd, schwang sich in den Sattel und machte sich auf, seiner Braut zu folgen.
Er erreichte sein Ziel erst kurz nach Einbruch der Dämmerung, da er sich mehrmals hatte nach dem Weg erkundigen müssen. Und er betätigte den Türklopfer gerade in dem Augenblick, als sich der General und seine Gäste zur Ruhe begeben wollten. So fand er sie alle in der Halle versammelt – fast alle.
»Olivia hat sich auf die Terrasse zurückgezogen«, erklärte ihm Lady Redbridge nach der Begrüßung. Sie hatte seinen fragenden Blick richtig interpretiert.
»Sind Sie den ganzen, weiten Weg hierher geritten?« erkundigte sich der General. »Dann werden Sie sicher Hunger haben.«
»Wir haben bereits diniert«, meldete sich seine Schwester zu Wort. »Aber ich werde umgehend dafür sorgen, daß Ihnen ein Imbiß gereicht wird. Und selbstverständlich sind Sie heute nacht unser Gast. Ich werde ein Gästezimmer bereiten lassen.«
Der Herzog war mit diesem Arrangement sehr zufrieden und bedankte sich herzlich. Miss Gleavensham warf einen Blick durch die offenstehende Eingangstüre. Sie sah das Pferd im Vorhof, um das sich eben ihre Diener kümmerten, und blickte sichsuchend um: »Wird Ihr Diener mit dem Gepäck nachfolgen, Euer Gnaden?« »Oh, ich bin ohne Diener unterwegs«, erklärte Wellbrooks. »Alles, was ich brauche, befindet sich in den beiden Satteltaschen. Nun würde ich gerne meine Verlobte sehen, wenn Sie gestatten. Auf der Terrasse, sagten Sie?«
»Ja, mein Junge. Am besten, Sie nehmen den Weg durch den Garten«, schlug der General vor.
Der Herzog nickte, hob grüßend die Hand und folgte dem Kiesweg. Die Zurückgebliebenen blickten ihm staunend nach.
»Er ist die lange Strecke hierher geritten. Ohne Diener. Ohne Gepäck«, faßte Lady Darlington schließlich zusammen. »So unglaublich das klingt, aber ich meine, der große Wellbrooks ist tatsächlich bis über beide Ohren verliebt«
In der Zwischenzeit war Seine Gnaden um die Hausecke gebogen und betrat, an dichten Fliederbüschen vorbei, den Garten hinter dem Haus. Er hatte erwartet, daß Olivia auf der Terrasse war. Doch als er sie nun sah, blieb er stehen und atmete tief ein. Nie war sie ihm schöner vorgekommen als in diesem Augenblick. Er konnte nicht anders: Er mußte verharren und sie fasziniert anstarren. Obwohl er sich nicht bewegte, hatte Olivia plötzlich das Gefühl, nicht mehr allein zu sein.
»Wellbrooks!« rief sie erstaunt. Sie hatte nicht erwartet, ihn so bald wiederzusehen, und ihr Herz klopfte stürmisch. Der Herzog kam langsam näher.
»Weißt du, wie schön du bist?« fragte er anstelle einer Begrüßung. Er trat an das schmiedeeiserne Geländer der Terrasse heran und schaute zu ihr hinauf: »Und wie sehr ich dich liebe?«
Er hatte ihr dabei mit ernstem, zärtlichem Blick in die Augen gesehen. Es hätte nicht viel gefehlt und Olivia wäre die Treppe hinabgeeilt, um sich in seine Arme zu werfen. Aber so leicht wollte sie es ihm nicht machen! Energisch zwang sie sich, die
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