Die Braut des Herzogs (German Edition)
heiklen Mission in Spanien unterwegs«, begann er. Dann erzählte er ihr alles der Reihe nach: Über seine Tätigkeit für das Kriegsministerium, wie er überhaupt dazu gekommen war, diese Stellung anzutreten, über seine Flucht mit Betty Laroche, wie er nach kurzer Zeit feststellen mußte, daß diese ihn betrog, über seinen Stolz, der es ihm unmöglich machte zurückzukehren, solange sein Vater noch lebte. Er erzählte, daß er mit Wellbrooks in Verbindung gestanden hatte, begierig alles zu erfahren, was sich zu Hause ereignete und daß er auch Kontakt zu Harry gehabt hatte in diesen Jahren.
»Ich habe gehört, daß du geheiratet hast, meine Liebe«, sagte er schließlich.
Marilla nickte und errötete leicht: »Ja, vor einigen Monaten. Dein Papa war schon fast zwei Jahre tot, als ich Lord Redbridge kennenlernte. Du brauchst also nicht zu glauben, daß ich bereits während des Trauerjahres …«
»Um Himmels willen!« fiel ihr Mat ins Wort. »Du brauchst dich vor mir nicht zu rechtfertigen. Ich freue mich doch, daß du endlich das Glück gefunden hast, das du verdienst und das dir Papa nicht geben konnte.« Er blickte sie eindringlich an: »Du bist doch glücklich, nicht wahr?«
Sie nickte lächelnd und berichtete ihm von ihrem zweiten Gatten und den vielen Kindern und war gerade dabei, ihm dieRolle zu enthüllen, die ihre Stieftochter gespielt hatte, um seinen Aufenthaltsort in Erfahrung zu bringen, als die Tür aufging und Olivia ins Zimmer trat.
»Oh, ich wußte nicht, daß du Besuch hast, Marilla«, sagte sie, bereit, sich auf ein Wort ihrer Stiefmutter hin zurückzuziehen.
»Du störst nicht. Komm herein, meine Liebe«, sagte diese statt dessen.
Olivia schloß die Türe und trat näher. Sie blickte den Mann mit den dunklen Locken und den überraschend hellen Augenbrauen fragend an.
»Darf ich dir meinen Sohn vorstellen, den ich so lange vermißt habe und den ich, dank deiner tatkräftigen Hilfe, wiedergefunden habe. Meine liebe Olivia: das ist also mein Sohn Matthew Laurent, der Earl of Sudbury. Und das, mein Lieber«, sagte sie an ihren Sohn gewandt, »ist meine neue Stieftochter, Miss Olivia Redbridge.«
Seine Lordschaft verbeugte sich anmutig, während Olivia in einen Knicks versank.
Sie betrachteten sich kritisch, und die Musterung schien zu beiderseitiger Zufriedenheit auszufallen.
»Ich muß Ihnen für Ihr wagemutiges Verhalten von gestern Abend danken«, sagte Mat nach der Begrüßung. »Sie haben mir einen großen Dienst erwiesen. Obwohl ich mir gar nicht vorstellen will, was Ihnen alles hätte passieren können. Valliseau ist ein gefährlicher Mann. Wenn er von Ihrem Auftreten nicht derart überrumpelt gewesen wäre, hätte er sicher auf einen von uns beiden gezielt.«
»Sie meinen, er hätte mich mit Absicht erschossen?« fragte Olivia entgeistert.
»Uns alle, vermutlich«, bestätigte Seine Lordschaft: »Der Einsatz war hoch. Valliseau konnte keine Mitwisser brauchen. Er ist bekannt dafür, alle Hindernisse aus dem Weg zu räumen, die ihm in die Quere kommen.«
Völlig überwältigt ließ sich Olivia auf einem Fauteuil nieder. »Das ist ja schrecklich«, murmelte sie. »Ja, aber warum denn? Welches Spiel spielte er? Ich nahm an …«
»Er ist ein französicher Geheimagent, Miss Redbridge«, erklärte Mat mit unbewegter Miene: »Im Dienste Napoleons, mit dem Befehl, sich ein höchst geheimes Dokument der britischen Heeresführung zu verschaffen und es an die Franzosen auszuhändigen. Da ich im Besitz eben dieses Dokumentes war, war sein zweiter Auftrag, mich aus dem Weg zu räumen.«
»Ein Agent?« rief Olivia, völlig aus der Fassung gebracht. »Ein französischer Spion! Das hat er also gemeint, als er sagte, ich würde meine Heimat verkaufen!« rief sie in plötzlicher Erkenntnis. »Das also meinte er! O wie infam! O wie unerhört!« Sie war völlig außer sich vor Empörung, und es hätte nicht viel gefehlt, und sie hätte mit den Fäusten auf die Sitzpolster getrommelt.
Sie sprang jedoch auf und blickte ihre Stiefmutter an. Ihre Augen funkelten wild, ihre rotblonden Haare leuchteten. Mat betrachtete sie mit einer Mischung aus Erschrecken und Faszination. Sie erinnerte ihn an eine wildgewordene Katze.
»O dieses Scheusal, dieser ekelhafte Mensch!«
Ihre Müdigkeit, ihre trübsinnige Verfassung, die sie den ganzen Morgen über gefangengehalten hatte, waren wie weggeblasen. »Was sagst du dazu?« fragte sie Marilla. »Er hält mich für eine Spionin! Er traut mir zu, mein Vaterland
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