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Die Braut des Kreuzfahrers

Die Braut des Kreuzfahrers

Titel: Die Braut des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilke Mueller
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anderen Seite der Truhe. Zwischen ihnen war der aufgeklappte Truhendeckel, der sich weit nach hinten neigte und dabei leise knackte. Das Licht der beiden Lampen, die von der Decke des Raumes herabhingen, war am Erlöschen, draußen rauschte immer noch der Regen.
    » Ich tat es nicht, um Dank zu ernten, Tiessa « , flüsterte er. » Ich bin glücklich und zufrieden, dass ich Euch helfen konnte. Und nun lasst uns niemals wieder davon sprechen. «
    » Einverstanden. «
    Sie senkte den Kopf in die Truhe hinein und hob die wollenen Decken heraus. Kurz darauf war Corba wieder in den Raum getreten, um der Tochter behilflich zu sein. Es war gut, dass das Licht nur noch schwach flackerte, sonst hätte sie sehen können, dass Tiessa stark gerötete Wangen hatte, und sich gewiss ihre Gedanken darüber gemacht.

4
    D er Ritter Roger de Briard war schlechter Laune. Trotz des Unwetters hatte man ihn und seinen Anhang vor dem Burgtor eine Weile warten lassen. Als man ihn endlich in die Burg Saint-Jean einließ, waren sie alle nass wie die Ratten, und das Verhalten des Burgherrn hatte seine Stimmung auch nicht gerade verbessert. Freilich hatte man ihn und sein Gefolge mit trockenen Gewändern versorgt. Auch die Mahlzeit war reichlich gewesen, und der Raum im zweiten Stock des Donjon, in dem man ihnen das Nachtlager bereitet hatte, war mit allem Nötigen ausgestattet. Doch anstatt den Abend mit seinem Gast zu verbringen, hatte Gottfried von Perche ihn nur kurz begrüßt, mit leisem Bedauern angehört, welches Ungemach Roger kurz vor der Siedlung widerfahren war und ihm danach eine friedliche Nachtruhe gewünscht.
    War das eine Art, einen Gast zu empfangen? Roger platzte vor Redelust. Er wollte über den verdammten Juden und seine Gäule wettern und von seinem hinterhältigen Cousin berichten, der ihm das väterliche Erbe streitig machte. Er sehnte sich danach, über das Wetter und den frühen Herbstbeginn zu jammern, und wenn er damit fertig wäre, würde er mit Vergnügen über die dreckigen Heiden herziehen, allen voran den Sultan Saladin. So musste er diese lauten Reden an seine Knappen richten, die wie immer eingestimmt haben, aber viel Vergnügen hatte er nicht dabei empfunden.
    » Der hat uns doch nicht etwa die Sache mit diesem Juden verübelt? « , mutmaßte einer der Knappen. Roger schnaubte – das wäre zwar reichlich lächerlich, aber wissen konnte man es nicht.
    » Ein Jammer, dass der alte Rotrou schon mit König Philipp davongezogen ist – der war ein leutseliger Mann und hielt auch gerne Hof « , hatte er schließlich gebrummt, als er es sich auf dem Lager bequem machte. » Sein Sohn Gottfried scheint ein seltsamer Einsiedler zu sein. «
    » Sagtet Ihr nicht, er habe eine junge Frau? « , spottete einer der Knappen.
    » Ist das ein Grund, den Gast zu beleidigen? Er soll sie an die Tafel setzen, damit andere auch etwas von ihr haben, wenn sie denn gar so reizend ist. «
    » Vielleicht wollte er sein Weib ja besser vor Euch verstecken, Herr « , versetzte der Witzbold. » Euch eilt der Ruf voraus, ein großer Anbeter weiblicher Schönheit und Tugend zu sein. «
    Roger entfuhr ein dunkler Laut aus dem Gedärm, als er sich auf seinem Lager umdrehte.
    » Der Schönheit gewiss « , grinste er. » Die Tugend lass besser beiseite, Bursche, die findest du nur bei den alten und hässlichen Weibern, die haben jede Menge davon. «
    Man kicherte leise. Roger tastete nach seinem Gemächt, das in Unruhe geraten war, und rieb ein wenig darüber hin – verflucht, wenn Gottfried schon selbst auf dem Ehelager beschäftigt war, hätte er ihnen wenigstens eine hübsche, dralle Magd schicken können. Besser gleich mehrere, er teilte nicht gern mit seinem Gefolge.
    » Wie alt ist es eigentlich, das junge Eheweibchen? « , wollte einer wissen.
    » Dreizehn oder vierzehn. Vielleicht auch erst zwölf « , überlegte Roger. » Älter wohl nicht. «
    » Genau richtig. «
    Roger stieß verächtlich die Luft aus. Manche dieser jungen Dinger waren schon richtige Frauen, viele aber noch recht dünn, und nichts war an ihnen, einem Mann die Hände zu füllen.
    » Eine Welfin ist sie – da wird sie keine Schönheit sein « , knurrte er.
    Der Wind trieb den Regen gegen die Bretter, mit denen man die Fensteröffnung verschlossen hatte. Man konnte hören, wie unten im Hof ganze Sturzbäche von den Gebäuden herab in die Regenfässer strömten. Er unterdrückte den Drang seiner Blase, denn er war zu faul, nach dem Tongefäß zu greifen, das man für

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