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Die Braut des Kreuzfahrers

Die Braut des Kreuzfahrers

Titel: Die Braut des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilke Mueller
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war auch der deutsche Kaiser Friedrich, den man Barbarossa nannte, ins Heilige Land aufgebrochen, und das bereits im vergangenen Jahr. Er hatte den Landweg gewählt und war vermutlich längst vor Jerusalem angekommen.
    Roger erklärte, dass man besser spät als niemals seinen Schwur hielt, und schilderte dann die Machenschaften seines Cousins, die ihn nach dem Tod des Vaters daran gehindert hatten, mit Richards Heer aufzubrechen. Er ging jedoch nicht auf alle Einzelheiten der Fehde ein. Die zornige Stimmung des gestrigen Abends war verflogen, und die ruhige Miene und die aufmerksamen Augen seines Gastgebers störten ihn. Der Bursche starrte ihn an, als könne er hinter seinen Worten Dinge erraten, die er gar nicht gesagt hatte und die auch niemand so genau wissen musste. Er hatte bei dieser Fehde weder seinen Cousin noch dessen Familie verschont, vor allem nicht die Söhne, die noch recht klein gewesen waren.
    » Weshalb habt Ihr nicht gemeinsam mit Eurem Vater das Kreuz genommen, Gottfried? Mir scheint, ein junger Mann wie Ihr könnte mehr für die Sache ausrichten als Euer Vater, der ja schon in die Jahre gekommen ist. «
    Gottfried hatte kaum ein paar Löffel Gerstenbrei gegessen und dazu Wasser getrunken, was Roger reichlich verwunderte, denn es war keine Fastenzeit. Hatte Rotrous Sohn etwa vor, ein Heiliger zu werden?
    » Ich wäre gern mitgezogen, Roger « , sagte Gottfried bekümmert. » Aber mein Vater hat bestimmt, dass ich im Land bleiben soll, um die Grafschaft zu verwalten, allein meine Gebete dürfen ihn begleiten. Ich habe mich nur unwillig gefügt, aber es war gut so, denn ich hätte den Rittern vermutlich noch auf der Reise die Blattern gebracht. «
    » Gott hat es so gewollt « , murmelte Roger und steckte den Löffel in die kleine Schüssel mit eingekochten Beeren, die mit Pfefferkörnern und Wacholder gewürzt waren. Der Pfeffer war recht kostspielig – Rotrou hatte immer leckere Speisen geliebt und dabei selten geknausert.
    » Greift nur zu! « , ermunterte ihn der Gastgeber und schob ihm die Schüsseln näher hin. Er selbst aß nur noch ein wenig Brot, da es ungastlich gewesen wäre, Roger und seine Gefährten ganz allein schmausen zu lassen.
    Armer Kerl, dachte Roger, während er mit vollen Backen kaute und sich den süßen Saft der Beeren vom Kinn wischte. Dann hat ihn die verteufelte Seuche wohl gleich nach der Hochzeit erwischt. Ein Wunder, dass er seine Frau nicht angesteckt hat. Es wird der Kleinen wenig gefallen, wie ihr Ehemann nun aussieht, aber was soll’s? Sie soll ihn ja nicht lieben, sondern ihm Söhne gebären, und dazu braucht sie ihm nicht ins Gesicht zu sehen.
    » Die Wälder sind reich an Wild « , ließ sich Gottfried nach einigem Schweigen wieder hören. » Begleitet mich auf die Jagd – Ihr werdet es nicht bereuen, Roger. «
    Kein schlechter Vorschlag. Schließlich lief ihnen Jerusalem nicht davon. Ein oder zwei Tage konnten sie ruhig bleiben, auch wenn dieser merkwürdige Heilige nicht gerade unterhaltsam war.
    Ein Page lief herbei, dieses Mal ein rothaariger, hoch aufgeschossener Knabe mit großen, leicht vorstehenden blauen Augen. Er hatte den Mund halboffen, sodass man seine prächtigen Schneidezähne sah, und ähnelte dabei einem Hasen.
    » Der Verwalter bittet Euch um ein kurzes Gespräch, Herr. «
    » Schick ihn herein. «
    Gottfried erhob sich und trat zu einer der Fensternischen. Dort stand ein Lesepult, wie man es auch in den Klöstern fand, auf dem ein dicker, aufgeschlagener Foliant lag.
    » Lasst Euch nicht stören, Roger – es wird nicht lange dauern. «
    Roger beobachtete neugierig, wie der Burgherr eine hohe Truhe aus gutem Eichenholz öffnete, den Folianten sorgsam zuklappte, die silberne Buchschließe einhakte und das Buch in die Truhe legte. Soweit Roger sehen konnte, quoll die Truhe fast über vor Büchern. Von den kostbaren Folianten mit eingelegten Deckeln blitzte Silber auf, auch Elfenbein, bunte Steine und Malereien sprangen ins Auge. Er grinste seinen beiden Knappen zu, die seinem Blick gefolgt waren und den Schatz mit offenen Mündern bestaunten, dann zuckte er die Schultern. Er selbst besaß kein einziges Buch, konnte nur wenig Latein und überließ das Schreiben gern den Priestern und Mönchen. Doch es sah diesem eigenartigen Burschen ähnlich, dass er in der Nacht mit einer Kerze hier hockte und die Geschichten der Heiligen las.
    Der Verwalter war ein schmaler Mensch mit ergrautem Haar. In einen Kampf hätte Roger ihn gewiss nicht mitgenommen,

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