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Die Braut des Kreuzfahrers

Die Braut des Kreuzfahrers

Titel: Die Braut des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilke Mueller
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vieler unseliger Kreuzfahrer geteilt hätte, die man bewusstlos und entkräftet im Sand hatte liegen lassen.
    » Aber Ihr weckt mich doch, wenn wir weiterziehen, nicht wahr, Herr? « , flüsterte der Junge aufgeregt. » Ihr lasst mich nicht allein. Wer allein zurückbleibt, den holen die schwarzen Teufel, um ihn in die Flammen der Hölle zu werfen. Wir wollten doch gemeinsam in die Heilige Stadt einreiten … «
    Gottfried legte dem Jungen die Hand auf die heiße Stirn und gebot ihm, keinen Unsinn zu reden. Wie sollte er wohl ohne ihn weiterziehen, da er ihn doch zu seinem Knappen gemacht hatte? In aller Eile war das geschehen und gar nicht nach den Regeln, die die Ritterschaft dafür vorsah. Aber hier im Heiligen Land galten andere Gesetze, und Gottfried von Perche hatte ihm versichert, dass er auch später noch sein Knappe bleiben würde, wenn sie gemeinsam in die Heimat zurückkehrten.
    Roger, der fast schon eingeschlafen war, hob den Kopf und schaute nach den beiden Spähern, die eilig zwischen den lagernden Kreuzfahrern hindurch zum Feuer des Heerführers liefen. Vor zwei Tagen hatte sich der englische König mit al-Adil, dem Bruder Saladins, zu einer Unterredung getroffen – sie war ergebnislos verlaufen. Roger schnaubte leise, dann rückte er sich zum Schlafen zurecht.
    » Morgen schon werden wir am Heiligen Grab beten, Herr « , wisperte Bertran und fasste Gottfrieds Handgelenk. » Morgen wird ein großer Tag sein, ich weiß es. Satans Helfer rotten sich zusammen, sie warten auf uns, aber wir werden ihnen entgegenreiten im Glanz der Morgensonne und unter der göttlichen Gnade. «
    » Schlaf jetzt endlich, sonst werde ich ärgerlich! «
    » Ja, Herr. «
    Das Kreuzfahrerheer hatte sich zum Lagern so eng wie möglich zusammengeschlossen. Nur wenige große Zelte waren aufgebaut, da sich die Arbeit für einen einzigen Tag kaum lohnte, dafür hatte man Tücher aufgespannt, die die Männer tagsüber vor der Sonne schützten. Jetzt in der Nacht hatte man die Wachen verdoppelt, und etliche Feuer brannten. Besonders die Feuer waren ein Problem, da das Holz knapp war. Die verfluchten Sarazenen hatten sich ein Vergnügen daraus gemacht, in den Pinienwäldern jedes trockene Ästlein und jeden Zapfen aufzusammeln. Man war darauf angewiesen, frisches Holz von den Bäumen zu brechen, was schlecht brennen wollte und fürchterlich rauchte. Dabei war der Sternenhimmel hierzulande so unfassbar hell, dass man kaum ein Feuer gebraucht hätte. Ein nächtliches Firmament wie schwarzer Sammet, auf dem die Gestirne silbern ausgebreitet lagen, große und kleine, zum Greifen nahe und von überwältigender Leuchtkraft. Gottfried erklärte sich diese Erscheinung damit, dass der Himmel im Heiligen Land den Menschen näher war als an jedem anderen Ort in der Welt.
    Roger hatte keinen Blick für die Schönheit der orientalischen Nacht. Er hatte spöttisch bemerkt, dass der Herr von Perche lieber seinen Knappen reiten ließ, als selbst zu Pferd zu sitzen, und dass ihn diese seltsame Gewohnheit teuer zu stehen käme, wenn Saladin das Heer angriff, was wohl bald geschehen würde. Da er jedoch von Gottfried keine Antwort erhielt, war er inzwischen eingeschlafen. Er benutzte seinen Mantel als Kopfpolster, weil er den Sattel zu seinem allergrößten Verdruss bei seinem toten Pferd hatte zurücklassen müssen.
    Gottfried zog die Stiefel aus und schlug damit ein paarmal auf den Boden, bevor er seinen Mantel ausbreitete und sich ebenfalls hinlegte. Es gab noch unangenehmere Lagergenossen als die Mücken, die schon lästig genug waren. Handgroße Spinnen, die man Taranteln nannte, krochen auf dem heißen Erdboden herum, man sah sie schlecht, weil sie ähnlich wie das graubraune Gestein gefärbt waren, doch ihr Biss war schmerzhaft, und einige seiner Gefährten behaupteten sogar, ihr Gift wirke tödlich. Gottfried hatte bereits zweimal Bekanntschaft mit einer wütenden Tarantel gemacht. Die Stelle war zwar angeschwollen, doch gestorben war er nicht an der Verletzung.
    Er warf einen besorgten Blick auf Bertran, der immer noch mit offenen Augen dalag und leise die Lippen bewegte, dann überließ er sich seiner Erschöpfung und dem Bedürfnis nach Schlaf.
    Er fiel wie ein Stein in den dunklen Brunnenschacht, sank tief hinab und trieb eine Weile auf den Wellen des großen Flusses, der alles Lebendige aufnimmt und davonträgt. Eine kurze Zeit der Erlösung war ihm gegeben, fern von allem, das ihn geplagt und gequält hatte – dem bohrenden Ehrgeiz, dem

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