Die Braut des Kreuzfahrers
verzweifelten Bemühen, ein ritterliches und zugleich gottgefälliges Leben zu führen. Fern auch von allen Hoffnungen und von seiner Sehnsucht nach der Liebe einer Frau, die sich niemals erfüllt hatte.
Er schlief nur stundenweise, wenn er zum Kampf oder zur Jagd unterwegs war. Dieses Mal konnten nur wenige Augenblicke vergangen sein, denn als er die Augen öffnete, flackerte das Feuer neben ihm noch munter, obgleich niemand neue Äste nachgelegt hatte. Es war die Unruhe, die ihn trotz aller Erschöpfung nicht schlafen ließ, die Ahnung eines bevorstehenden Kampfes, die sie alle erfasst hatte. Sogar den jungen Bertran, der die Zeichen nicht zu deuten wusste und doch spürte, dass etwas im Gange war.
Unablässig kamen Späher ins Lager, machten dem Heerführer ihre Meldung, andere ritten fort, um sich in die Nähe der Feinde zu wagen. Es konnte nur eines bedeuteten: Saladin war es leid, die Kräfte seiner Männer in nutzlosen Scharmützeln zu vergeuden. Er sann darauf, eine endgültige Entscheidung herbeizuführen, und Richard Löwenherz würde sich ihm wohl oder übel stellen müssen.
Gottfried hatte noch nie zuvor an einer Schlacht teilgenommen. Eine solche Kampfweise erschien ihm wenig ritterlich, es war vielmehr ein unübersichtliches Getümmel, ein wildes Gemenge, in dem es schwer war, Freund und Feind zu unterscheiden, und wo der einzelne Kämpfer keine Gelegenheit hatte, sich auszuzeichnen. Die unselige Schlacht bei Hattin kam ihm in den Sinn, da Saladin die Kreuzritter unter Guido von Lusignan vernichtet hatte und das Wahre Kreuz, die wunderbringende Reliquie der Christenheit, in die Hände der Heiden gefallen war. Noch heute, vier Jahre später, sollten die Knochen der unseligen Ritter dort in der Sonne bleichen, weil niemand sie in Gottes Erde zu Grabe getragen hatte.
Aber da war dieser englische König, der Herrscher der angevinischen Länder, der Mann, dem man den Beinamen Löwenherz gegeben hatte und der sich in Akkon doch als ein gewissenloser Schlächter gezeigt hatte. Gottfried wusste inzwischen nicht mehr, was er von diesem Mann halten sollte, der so viele Vorzüge und Laster in sich vereinigte. Eines nur war sicher: Richard Löwenherz war ein Heerführer, wie die Welt noch keinen gesehen hatte. Zumindest Gottfried nicht, doch auch viele andere Ritter im Heer hatten ihm versichert, höchstens der verstorbene Kaiser Barbarossa sei ihm in seinen jungen Jahren gleichgekommen, ein anderer aber nicht, schon gar nicht der französische König. Einige hatten sogar geprahlt, dem Sarazenen Saladin würde schon bald das Herz in die Pumphosen rutschen. Jerusalem sei so gut wie erobert.
Gottfried nahm einen Schluck aus dem Wasserschlauch, wohl wissend, dass dieses Wasser besser mit Wein gemischt werden sollte, denn es stammte nicht aus einem Brunnen, sondern aus einem Bach. Das Meer war unruhig. Man konnte vom Lagerplatz aus die Schiffslaternen sehen, die sich schwankend im Wasser spiegelten – einige der Boote waren erst gegen Abend angekommen, hatten Anker geworfen, und nun war man dabei, die Lebensmittel hinüber zum Strand zu schaffen.
Er legte sich wieder auf seinen Mantel und blickte in den Sternenhimmel, an dem jetzt ein schmaler Mond gleich einer silbernen Schale stand. Es war tückisch, diesen Mond zu betrachten, es schlichen sich allerlei Empfindungen in sein Gemüt, die er eigentlich von sich fernhalten wollte, weil sie schmerzlich oder sogar sündig waren. Daher lenkte er seine Gedanken wieder auf den Heerführer Richard Löwenherz. Hatte er ihn noch in Akkon für einen widerlichen Schlächter, einen jähzornigen, eitlen Sünder gehalten, so bewies er ihm nun, dass er zugleich ein kühler Stratege war. Das Heer bewegte sich in einer genau festgelegten Ordnung gen Süden, die Saladin bisher keine Möglichkeit gegeben hatte, ihnen Schaden zuzufügen. Außen marschierten die Fußkämpfer, in der Mitte befanden sich der Tross und die Reiterei. Zur Landseite hin, wo Saladin immer wieder mit seinen berittenen Kriegern angriff, machten mehrere Reihen von Fußkämpfern die Attacken der Sarazenen zunichte. Nach einem ausgeklügelten Plan lösten diese Kämpfer einander ab, sodass die einzelnen Gruppen immer wieder Gelegenheit hatten, sich auf der sicheren Meerseite von den Strapazen zu erholen. Dort begleitete die angevinische Flotte das Heer und schützte die Männer vor Angriffen von See her. Es war keine geringe Leistung gewesen, die adeligen Herren zur Einhaltung einer solch strikten Ordnung zu
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