Die Braut des Kreuzfahrers
Verwalter Jean und dessen Tochter Tiessa, der Knappe Bertran, auch Fulco von Villeneuve mit seiner Frau Yolanda und – Ivo Beaumont.
Gottfried fühlte sich so erschöpft, als seien seine Glieder mit Blei ausgegossen. Als er sich ausgekleidet hatte und den müden Leib auf den weichen Polstern des Lagers ausstreckte, fand er dennoch keinen Schlaf. Draußen auf der Gasse war trotz der späten Stunde noch Lärm, Leute liefen vorüber, die Räder irgendwelcher Karren knirschten über die Steine, man hörte sogar Kinderlachen und das Schelten der Frauen. Noch stärker als diese Geräusche hielten ihn die Gedanken und Eindrücke wach, die durch seinen Kopf zogen und die ihn bald mit Freude und bald wieder mit Ärger und Sorge erfüllten. Neidvoll sah er zu den Schlafenden hinüber – Jean schnarchte mit offenem Mund, Bertran lag auf der Seite, die Arme über der Brust gekreuzt, die Knie hochgezogen, als fröre er. Dabei war es unerträglich heiß, Fliegen schwirrten um das kleine Nachtlicht, und an den Wänden krochen fremde schwarze Insekten herum, von denen Gottfried nicht wusste, ob ihr Biss gefährlich oder völlig harmlos war.
Bertran hatte einen Krug Wein beschafft, um zur Abendmahlzeit einen Trunk zu haben, doch Gottfried hatte nur wenig davon genossen und viel Wasser daruntergemischt. Jetzt setzte er sich auf und goss sich den Becher randvoll, denn er hoffte, der Wein würde die Unruhe in seinem Inneren betäuben, damit er endlich einschlafen konnte. Langsam schluckte er das schwere, süße Getränk und verspürte tatsächlich eine angenehme Schlaffheit, auch die nagenden Sorgen und Zweifel begannen sich in Nebel aufzulösen. Dafür stiegen jedoch andere Empfindungen in ihm auf, zarte und auch erregende Gefühle, die sich zu erschreckenden Bildern praller Sinnenlust steigerten. Er hatte sich während der gesamten Reise stets gegen solche sündhaften Gedanken gewehrt, die eines Pilgers unwürdig waren. Jetzt aber ließ ihn der Wein voller Sehnsucht an Richenza denken, erinnerte ihn an ihren schlanken, kindhaften Körper, den er bis zuletzt nicht gänzlich entblößt hatte sehen dürfen, obgleich seine Hände und sein Mund ihn überall berührt hatten. Unwillig versuchte er, diese Anfechtungen des Teufels abzuwehren. Als er spürte, dass er dazu kaum in der Lage war, redete er sich ein, dass es keine unzüchtige Lust, sondern die eheliche Liebe war, die ihn so mächtig überkam. Er stellte den halbgeleerten Becher ab und ließ sich wieder auf das Lager sinken, um sich nun vollends seinen Fantasien hinzugeben. Sie waren heftig und glichen jenen Träumen, die ihn in seiner frühen Jugend oft heimgesucht hatten, gaukelten ihm grünende Landschaften und wilde Reiterspiele vor, zeigten ihm nackte Frauenkörper in allen Posen, die einen Mann erregen konnten. Bald wusste er nicht mehr, ob seine Sehnsucht nur Richenza oder auch anderen Weibern galt, denn er sah nur verführerische Leiber von weißer und rosiger Farbe, jedoch keine Gesichter dazu. Schweißbedeckt lag er mit angezogenen Knien auf dem Rücken, zornig auf sich selbst und zugleich voller Begierde, dem wilden Aufruhr seiner Sinne freien Lauf zu lassen und zu tun, was eigentlich Sünde war, besonders jetzt, da er gerade erst das Heilige Land betreten hatte. Doch der Herr hatte ein Einsehen und rettete den Pilger Gottfried durch ein hartnäckiges Klopfen an der Tür des Hauses vor der Sünde.
Knappen und Diener schienen in festem Schlaf zu liegen, also warf sich Gottfried einen Gewandrock über, nahm vorsichtshalber das Schwert zur Hand und stieg selbst die Treppe hinunter.
» Wer ist da? «
» Simon Mercier, der Priester « , war die leise Antwort. » Ich hatte die Ehre, die Herren aus dem Perche in der Kirche zu begrüßen. «
» Was willst du hier mitten in der Nacht? «
» Verzeiht mir – ich glaubte, es sei noch jemand wach. Ich wollte den Herren meine Dienste anbieten. Die Ritter sind fremd hier, und da ist es gut, einige Dinge zu wissen, um Fehler und Ungeschicktheiten zu vermeiden. «
Gottfried war drauf und dran, den eifrigen Gottesmann mit dürren Worten davonzujagen, denn er vermutete, dass er sich für solch wichtige Ratschläge klingenden Lohn erhoffte. Dann aber bezähmte er seinen Ärger, dachte beschämt daran, dass der Priester ihn durch seine Ankunft vor einer Sünde bewahrt hatte, und da er keinerlei Müdigkeit mehr verspürte, öffnete er die Tür.
» Tritt ein. Die Treppe hinauf. Sei leise, meine Begleiter schlafen. «
» Ihr seid es
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