Die Braut des Kreuzfahrers
Stadt nicht betreten dürfen. «
Deshalb also die gestrenge Befragung vorhin an der Hafeneinfahrt – man ließ nur Parteigänger des Herrn von Montferrat in die Stadt. Was hätten die Ritter wohl gemacht, wenn sie erfahren hätten, dass er, Gottfried, mit einer Nichte des englischen Königs Richard verheiratet war?
Bitterkeit erfüllte ihn, die sich auch gegen seinen eifrigen Ratgeber richtete, der die neu angekommenen Pilger schon am ersten Tag in die gewünschte Richtung ziehen wollte. Gottfried wusste nur wenig über Konrad von Montferrat. Er sollte ein Cousin von Barbarossa sein, des frommen und überall hochangesehenen Kaisers, der zum großen Schaden des Christentums vor einigen Monaten umgekommen war. Ob Konrad tatsächlich verdiente, König von Jerusalem zu werden – wer konnte das wissen?
» Ich werde jetzt schlafen und danke dir für deine Ratschläge, Simon Mercier. «
Gottfried beugte sich vor, um seinen Geldbeutel unter dem Kopfpolster hervorzusuchen, und gab dem Priester einige Sous. Er schien mehr erwartet zu haben, verneigte sich dennoch mehrfach, segnete die Pilger und stieg dann die Treppe hinunter. Gottfried machte sich nicht die Mühe, ihm ein Licht mitzugeben, sollte er sich ruhig im Dunkeln zur Haustür tasten.
Jean hustete und setzte sich auf. Die Hitze war sogar in der Nacht unerträglich. Zudem waren die Lehmziegelmauern des Hauses feucht, was wohl mit der Nähe zum Meer zusammenhing.
» Was ereifert sich dieser Pfaffe? « , knurrte Jean verdrießlich. » Kann es uns nicht gleich sein, wer König von Jerusalem wird? Sollen sie es unter sich ausmachen – wir sind hier, um die Stadt den Heiden zu entreißen, alles andere geht uns nichts an. «
Gottfried streckte sich auf dem Lager aus, er war jetzt zu faul, den Gewandrock wieder abzustreifen. Vermutlich würde er bis zum Morgen sowieso keinen Schlaf finden, denn der Ärger hatte den letzten Rest von Müdigkeit verscheucht.
» Wir werden sehen … « , sagte er leise und schob die Hände unter den Nacken. Wie auch immer die Lage war – er würde sich der Entscheidung seines Vaters, Graf Rotrou, anschließen. Und es stand sehr zu vermuten, dass der Vater treu zu seinem Lehnsherrn Philipp von Frankreich hielt. In anderen Worten: Man würde Konrad von Montferrat unterstützen.
Schon in wenigen Tagen würde er seinen Vater sehen. Er würde sich dafür verantworten müssen, dass er seinem Bruder Stephan das Perche anvertraut hatte, doch Richenza war schwanger. Die zierliche Richenza trug ein Kind, ihr Leib rundete sich, formte sich weiblicher, weicher, schöner noch, als er gewesen war …
Der Vorhang, der den Raum zur Treppe hin abteilte, bewegte sich.
» Seid Ihr noch wach, Herr? «
Weshalb auch immer – Gottfried zuckte zusammen, als er Tiessas Stimme erkannte. Sie schob den Vorhang ein wenig beiseite und lugte vorsichtig in den Raum, unsicher, ob sie willkommen sei, und zugleich zuversichtlich lächelnd. Jeans Tochter besaß viel Liebreiz – auch wenn sie leider zu Eigenmächtigkeiten neigte.
» Das Gleiche könnte ich dich fragen « , antwortete Jean unzufrieden. » Ich hatte gehofft, du würdest längst schlafen. Die Reise war anstrengend genug, und es steht uns noch viel Mühsal bevor. «
Ohne auf die Einwände zu achten, trat sie nun unbefangen in den Raum, verneigte sich vor Gottfried und bat um Erlaubnis, nach seinen Wunden sehen zu dürfen.
» Es gab den Tag über keine Zeit dafür « , erklärte sie. » Auch der Vater braucht einen frischen Verband – ich habe alles mitgebracht, was ich benötige. «
» Du machst dir allzu viel Mühe, Tiessa « , wehrte Gottfried ab. » Die kleinen Kratzer sind nicht der Rede wert. «
» Verzeiht mir, Herr. Aber das könnt Ihr nicht beurteilen. Auch eine kleine Wunde kann schlimm werden, wenn man sie nicht gut versorgt! «
Wie energisch sie auftrat. Gottfried, der eben noch düsterer Laune gewesen war, musste sich jetzt das Grinsen verkneifen, denn er wollte das Mädchen nicht kränken. Die Frauen hatten nach dem Piratenüberfall viel zu tun gehabt, um die Verletzungen der Pilger zu pflegen. Dabei war bald deutlich geworden, dass Tiessa kundiger und geschickter war als die adeligen Frauen. Sie war Corbas Tochter, und genau wie ihre Mutter kannte sie ihren Wert und ließ sich nicht in ihre Arbeit hineinreden.
Gottfried hatte einige Schnitte an den Waden davongetragen und außerdem einen Schwerthieb auf die linke Schulter erhalten, der zum Glück nicht allzu tief eingedrungen war,
Weitere Kostenlose Bücher