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Die Braut des Kreuzfahrers

Die Braut des Kreuzfahrers

Titel: Die Braut des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilke Mueller
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scharfen Schwerter der Verteidiger schlugen tiefe Wunden und trennten Gliedmaßen ab, doch auch die Piraten wussten mit ihren Dolchen umzugehen. Die Kämpfenden stolperten über Tote und Verwundete hinweg, hellrotes Blut färbte die Bretter des Wehrgangs, rann über die Dächer der Kabinen und tropfte in den Innenhof. Mit einem röchelnden Todesschrei stürzte sich ein Pirat über das Geländer in den Hof hinunter. Sein Körper schlug dicht neben den entsetzten Frauen auf die Schiffsplanken auf, und Tiessa sah voller Grauen seinen gespaltenen Schädel, aus dem eine helle rötliche Masse quoll.
    Sie spürte, wie sich ein Arm um ihre Schultern legte. Es war Yolanda von Villeneuve, die ihre Magd fest an sich zog.
    » Ich schütze dich « , raunte sie ihr ins Ohr. » Mein Messer wird jeden töten, der uns zu nahe kommt. «
    Tiessa war viel zu erregt, um dieses hochherzige Angebot zu begreifen, denn sie zitterte um das Leben ihres Vaters. Wo war Jean? Sie konnte ihn zwischen den kämpfenden Männern nicht mehr entdecken. Lag er irgendwo verwundet oder gar tot auf dem Wehrgang? Oder hatte ihn einer der Piraten über die Bordwand ins Wasser geworfen?
    » Da! « , schrie Beatrice plötzlich laut und zeigte mit dem Finger nach hinten. » Das Segel! Es bläht sich! Wind! Wind! Der Herr hat unsere Not gesehen, er will uns von hier fortbringen! «
    Tatsächlich hob sich der blaurote Segelstoff unter einer leichten Brise, und das Schiff nahm ein wenig Fahrt auf. Die Seeleute, die sich aus den Kämpfen bisher herausgehalten hatten, stürzten herbei, um die Segeltaue zu lösen. Jubel und neues Kampfgeschrei war plötzlich zu vernehmen, es waren französische Worte, und sie kamen nicht nur vom Wehrgang her.
    » Die Ritter auf den anderen Booten kommen uns zu Hilfe « , rief Beatrice. » Der Wind hat sie herbeigetragen – die Gottesmutter will uns den Sieg schenken! «
    Sie stieß einen schrillen Ruf aus, in den die anderen Frauen einfielen. Auch Tiessa brüllte aus Leibeskräften, beschwor Himmel und Hölle, rief alle Heiligen an, forderte die Männer zum Töten und Morden heraus. Es war wie ein Rausch, heilsam und beschämend zugleich. Alles Grauen, alle Todesangst brachen in diesen irrsinnigen Schreien aus ihr heraus, und sie hörte erst damit auf, als Yolanda sie bei den Schultern nahm und fest schüttelte.
    » Es ist gut! « , sagte sie zornig. » Beruhige dich, sie haben von uns abgelassen. Es gibt keinen Grund, nach deinem Liebsten zu kreischen, denn er kann dich nicht hören! «
    Tiessa begriff nichts. Doch die Frauen versicherten ihr alle, sie habe wie eine Verrückte nach einem gewissen Ivo gebrüllt.

III .
    Im Heiligen Land, Frühjahr 1191
    » Und will Rache üben mit Grimm und Zorn an allen Heiden, so nicht gehorchen wollen. «
    Micha 5.14

18
    D ie Stadt Tyros war auf einer Halbinsel erbaut, die weit aus der Küste heraus ins Meer hineinragte. Es schien den Kreuzfahrern, als strecke die Stadt sich ihnen entgegen, um sie willkommen zu heißen. Welch ein Anblick! Im Licht der Abendsonne schimmerten die Mauern rosig, Kuppeln erhoben sich dahinter, hohe Gebäude, Kirchen, über denen das Kreuz leuchtete. Ein mächtiges Bollwerk der Christenheit, eine steinerne Faust inmitten des blauen Meeres, die den wütenden Angriffen Saladins unbeschadet standgehalten hatte.
    Schon seit Stunden hatte ein Hochgefühl die Reisenden ergriffen, denn man hatte ihnen gesagt, dass die Küste, die dort weit in der Ferne als dunkle Linie zu erkennen war, das Heilige Land sei. Männer und Frauen, sogar die Verwundeten und die alte Godvere standen seitdem auf dem Wehrgang und zitterten vor Begeisterung und Vorfreude. Einige weinten, andere sprachen Gebete, während die schmale Küstenlinie langsam immer deutlicher wurde, hellen Sand und vereinzelt grünen Bewuchs erkennen ließ und es weit in der Ferne eine Ahnung von bläulichen Gebirgszügen gab.
    » Das Land, auf dem Jesus Christus wandelte – welche Gnade ward uns zuteil, dass wir es betreten dürfen! «
    » Schaut diese herrliche Stadt an! Es sind christliche Ritter, die sie gebaut und verteidigt haben! Gott schenke den Helden das Paradies! «
    » Endlich wieder frisches Wasser trinken. Gebratenes Fleisch! Orangen wie in Messina. Granatäpfel. Feigen … «
    » Und ein hübsches Mädchen, das sie uns kredenzt. Es soll viele fromme Christinnen in der Stadt geben. «
    » Gott der Herr hat uns ans Ziel geführt! «
    Beim Näherkommen erkannte man die Wimpel und Fahnen der Kreuzritter über

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