Die Braut des Ritters
Abgesehen von ihrer ungewöhnlichen Blässe war sie berückend schön.
„Was ist denn mit dem Mädchen?“
Die Frage kam von Paens Vater und brach den Bann. Mit einem Mal plapperten alle wild durcheinander, während Avelyns Angehörige herbeistürzten und Paen umringten, der die Besinnungslose an seine Brust drückte.
„Was geht hier vor sich? Was ist mit ihr?“, donnerte Lord Straughton. Er klang besorgt, was Paen als gutes Zeichen wertete, schien es doch zu bedeuten, dass das Mädchen nicht regelmäßig ohnmächtig wurde und dieses Vorkommnis eine Ausnahme darstellte. Das war ermutigend.
„Es geht ihr gut“, versicherte Lady Straughton allen Umstehenden, während sie und zwei Kammerfrauen Avelyn Luft zufächelten.
„Vielleicht sollte ich ...“ Warin Straughton, der Bruder, wollte ihm das Mädchen entwinden, und da war es plötzlich vorbei mit Paens Schreckensstarre.
Er bedachte den Mann mit einem finsteren Blick dafür, dass er ihm streitig machen wollte, was nun seine Pflicht war. Paen drängte ihn beiseite und hob Avelyn hoch ... so gut es ging, zumindest. Für derlei Kunststücke nämlich schien seine Braut nicht geeignet. Von den Hüften bis zum Hals war sie beängstigend steif. Sie lag auf seinen Armen wie ein Brett, während Kopf und Beine wie Efeu herabbaumelten. Höchst befremdlich.
Ächzend setzte Paen sich in Bewegung, ließ die fächelnden Frauen rasch hinter sich und bahnte sich einen Weg durch die schnatternde Menge.
Während er über den Burghof zum Wohnturm schritt, schaute er mehrmals auf seine Braut hinab. Dass sie hübsch war, hätte ihn freuen sollen. Welcher Mann wollte schon ein fischgesichtiges Weibsbild im Bett? Doch ihre Schönheit machte in seinen Augen nicht ihre Gebrechlichkeit wett. Wahrlich, eine gesunde reizlose Gemahlin wäre ihm lieber als eine liebreizende kränkliche.
In den Jahren, die er im Heiligen Land verbracht hatte, hatte er sich ein Bild von seiner künftigen Braut gemacht, das von ganz bestimmten Hoffnungen geprägt war. Viele -zu viele - Jahre hatte er kämpfend zugebracht, hatte eine Schlacht nach der anderen geschlagen und in schäbigen Zelten gehaust, durch die der Regen ebenso gedrungen war wie die Kälte der Nacht.
Es hatte als großes Abenteuer begonnen. Paen hatte den Gemeinschaftsgeist genossen, der ihn mit seinen englischen Mitstreitern verbunden hatte. Doch als Kampf auf Kampf folgte, ein Mann nach dem anderen an seiner Seite fiel und er knietief durch Blut und Tod watete, schmeckte das große Abenteuer zunehmend schal. Mit einem Mal sehnte er sich nach dem Luxus eines trockenen Betts, eines warmen Kaminfeuers und dem weichen Busen eines braven Eheweibs, auf dem er sein müdes Haupt betten konnte. Nur seine Königstreue und der Wunsch, über seinen jüngeren Bruder Adam zu wachen, der ihm in die Schlacht gefolgt war und sich seinen Eifer tapfer bewahrte, hielten Paen davon ab, dem Krieg den Rücken zu kehren. Als Adam starb, die Brust durchbohrt von einem Sarazenenschwert, verlor Paen endgültig die Lust am Kämpfen. König Richard schien dies zu spüren, denn er gewährte ihm die Gunst, die Nachricht von seines Bruders Tod persönlich zu überbringen - und deutete an, dass Paen vielleicht anschließend gern seine Hochzeit in die Wege leiten wolle. Paen hatte sich umgehend mit der traurigen Botschaft nach Hause aufgemacht. Und nachdem er eine Weile getrauert hatte, hatte er angekündigt, seine Verlobte holen zu wollen.
Die ganze Zeit über hatte er gehofft, ja gar erwartet, dass seine Braut angenehm füllig und kräftig sein werde - dass sie eine Frau sei, die er im Bett nicht erdrücken würde und deren volle, weiche Brüste seinem Kopf in kalten Winternächten als Kissen dienten.
„Ohh.“
Das Stöhnen verscheuchte Paens Gedanken. Seine Braut kam zu sich, vermutlich belebt von der frischen Brise, die ihr um die Nase wehte. Als sie den Kopf hob und Paen matt ansah, versuchte er sie in eine aufrechtere Haltung zu hieven, doch noch immer war sie unbiegsam wie ein Brett.
Zeit, über diesen Umstand nachzugrübeln, blieb ihm keine, denn Avelyn Straughton begann sich zu wehren. Was geschönt ausgedrückt war - da sie um die Taille herum steif war, beschränkte sich ihre Gegenwehr darauf, den Kopf hin- und herzurucken und mit den Unterschenkeln zu rudern.
„Bitte lasst mich hinunter!“ Sie war außer Atem und genierte sich offenbar furchtbar wegen der ganzen leidigen Angelegenheit.
„Schont Euch“, sagte Paen und lächelte, bemüht, sie zu
Weitere Kostenlose Bücher