Die Braut des Shawnee-Kriegers
bin stärker, als ich aussehe", fiel sie ihm ins Wort. "Immerhin habe ich dich fast überrumpelt."
"Bei einem Puma oder Bären würde dir das nicht gelingen … oder einem Mann wie diesem." Er wies mit dem Kinn auf den leblosen Körper, der nur ein paar Schritte entfernt im Gras lag. "Aber wahrscheinlicher ist, dass du verhungerst, ertrinkst oder von einer Mokassinschlange gebissen wirst."
"Du könntest mich ja zurückbringen." Sie versuchte, sich von ihm loszumachen, und sah ihn so hoffnungsvoll an, dass es ihm ins Herz schnitt. "Colonel Hancock, mein Onkel, würde dir eine hübsche Belohnung zahlen."
"Was soll ich mit Geld? Ich bin ein Shawnee!" stieß Wolf Heart heftig hervor und schien damit sein Problem gelöst zu haben. Das Gesetz der Shawnee verlangte, dass alle Gefangenen vor den Ältestenrat gebracht wurden. Dieses Gesetz zu missachten und das Mädchen freizulassen würde bedeuten, dass er seine Pflicht als Shawnee-Krieger verletzte.
Er zwang sich, sein Herz zu verhärten, und setzte eine strenge Miene auf. "Du bist meine Gefangene", sagte er schroff. "Ich muss dich zu meinem Volk bringen."
"Mach dich nicht lächerlich! Dein Volk ist auch mein Volk … nämlich weiß."
"Setz dich auf." Wolf Heart ignorierte den Stich, den ihre Worte ihm versetzt hatten. Er zerrte sie grob in eine sitzende Position und band ihr die Handgelenke hinter dem Rücken mit einem Lederstrick zusammen. Sie schwieg, aber er erkannte den Zorn an ihrem angespannten Körper und daran, wie sie das Kinn vorschob. Als er sie auf die Füße zog, leistete sie keinen Widerstand, doch er wusste, dass sie fieberhaft nachdachte. Wenn sie die Chance bekam, würde sie jede Gelegenheit zur Flucht ergreifen.
Als er ihr mit einer Geste zu verstehen gab, vor ihm herzugehen, gehorchte sie schweigend. Ihre Füße waren wund, und sie hatte Hunger. Er wusste, dass es grausam war, was er von ihr verlangte, traute sich jedoch selbst nicht genug, um sie freundlich zu behandeln. Zumindest jetzt noch nicht.
Plötzlich drehte sie sich zu ihm um. Mit herausfordernd blitzenden Augen wies sie auf den toten Mann, der bäuchlings im Gras lag und aus dessen Rücken noch immer der Pfeilschaft ragte. "Was ist mit ihm?" fragte sie mit zornbebender Stimme.
"Dem ist nicht mehr zu helfen." Wolf Heart wandte sich von dem Leichnam ab, der bald von Fliegen umschwirrt sein würde.
"Das sehe ich auch", gab sie schnippisch zurück. "Aber da du ja ein Shawnee bist, dachte ich, du würdest seinen Skalp nehmen."
Verärgert sah er sie an.
"Nur zu", drängte sie. "Er war ein schlechter Mensch und sein Tod eine gerechte Strafe. Zeig mir schon, was für ein echter Wilder du geworden bist."
Ihre Worte waren so verletzend, wie kein Messer es sein könnte. Wolf Heart, der noch nie einen Weißen getötet oder gar den Skalp eines Weißen genommen hatte, unterdrückte das Verlangen, sie bei den Schultern zu nehmen und so lange zu schütteln, bis sie um Gnade flehte.
"Nun?" fragte sie herausfordernd.
Scheinbar ungerührt, fasste er sie am Ellbogen, drehte sie wieder um und schob sie vorwärts.
Clarissa taumelte den Waldweg entlang und fühlte sich mehr tot als lebendig. Ihre mit Blasen übersäten, blutenden Füße waren vor Schmerz fast taub. Ihr zog sich der Magen vor Hunger und Angst zusammen. Nur der Zorn hielt sie in Bewegung … und ihr fester Entschluss, diesen selbst ernannten Shawnee teuer für alles bezahlen zu lassen.
"Ein schöner Tag für einen Spaziergang, findest du nicht?" Hochmütig warf sie das Haar zurück. Er sollte nicht die Genugtuung haben, sie klagen zu hören.
Seine Antwort bestand aus Schweigen.
"Ich habe mir schon immer gewünscht, die Wildnis zu erforschen", fuhr sie mit gespielter Sorglosigkeit fort. "Und was für einen brillanten Führer ich habe! Einen Mann, der jeden Vogel kennt und jeden Baum …"
"Das reicht!" knurrte er hinter ihr. "Mach nur so weiter, und jedes Ohr im Umkreis von einem Tagesmarsch wird dich hören."
"Oh, wie nett." Sie zwang ihre schmerzenden Füße zu einem kleinen Tanzschritt und stimmte mit erhobener Stimme ein Lied an.
"Hör sofort damit auf!" Er packte ihren Arm und drehte sie grob zu sich um. "Soll ich dir einen Knebel in den Mund stecken, deine Beine zusammenbinden und dich hinter mir her schleifen?"
Clarissa unterdrückte ihre Angst und sah ihm kühn und herausfordernd in die zornblitzenden blauen Augen. "Das würde zumindest meine geschundenen Füße ein bisschen entlasten", erklärte sie frech. "Ja,
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