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Die Braut des Shawnee-Kriegers

Die Braut des Shawnee-Kriegers

Titel: Die Braut des Shawnee-Kriegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lane
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gelernt hatte. Waren die beiden am Ende verheiratet? Unter den Gästen war auch Wolf Hearts Freund Cat Follower, der sich mit einem lausbübischen Grinsen bückte, als er die Hütte betrat.
    Offenbar gab es bei den Shawnee keine offiziellen Einladungen bei gesellschaftlichen Anlässen. Wer vom Duft eines Bratens angelockt wurde, war willkommen. Clarissa hatte im Dorf noch keinen Bettler gesehen.
    Die gleiche Großherzigkeit schien sich auch auf die Kinder zu erstrecken. Sobald sie von ihren Müttern entwöhnt waren und zwischen den Hütten herumzukrabbeln begannen, kümmerten sich alle Dorfbewohner um sie. Sie wurden behütet, gefüttert, gesäubert und notfalls auch liebevoll ermahnt. Es gab keine Findelkinder bei den Shawnee, keine Waisen und auch keine kleinen Kinder, die für ihr Alter viel zu hart arbeiten mussten. Stattdessen …
    Clarissa vergaß, woran sie gerade gedacht hatte, als sie Wolf Heart den Weg heraufkommen sah.
    Sie zog sich noch weiter in den Schatten zurück, während er näher kam. An diesem Abend wirkte er wie das Musterbeispiel eines Shawnee-Kriegers … groß, wohlgestalt und von panterhafter Geschmeidigkeit. Sein blauschwarzes Haar fiel ihm auf die muskulösen Schultern. Die beiden Adlerfedern an seiner Skalplocke schienen unsichtbare Feinde herauszufordern. Silberner Schmuck glitzerte an seinen Ohren, ein auffälliger Kontrast zu der bronzefarbenen Haut.
    Clarissa wartete mit angehaltenem Atem, ob er sie suchen würde, aber er schaute nicht einmal in ihre Richtung. Er ging schnurstracks zur Türöffnung, wo er sich bückte und in der Hütte verschwand.
    Verwirrt und betroffen sah sie ihm nach. Dann überwog ihre Neugier, und sie presste das Ohr an die raue Hüttenwand. Von drinnen konnte sie Wolf Hearts sonore Stimme hören, die sich in die Unterhaltung der anderen Gäste mischte. Wenn sie sich anstrengte, konnte sie ab und zu ein Wort oder einen Satz aufschnappen, aber mehr war ihr nicht möglich. Sie verstand die Sprache der Shawnee noch nicht gut genug.
    Trotzdem erfasste sie die freundschaftliche, familiäre Stimmung in Swan Feathers Tafelrunde. Als Clarissa die heiteren Stimmen und das fröhliche Lachen hörte, überfiel sie plötzlich eine tiefe Einsamkeit. Sie kauerte sich zusammen, schlang die Arme um die Knie, und ihre Augen brannten vor ungeweinten Tränen. Der Mond war nur noch ein verwischter gelber Fleck und das Lied der Grillen unerträglich laut – wie der verzweifelte Schrei in ihrem Innern.
    Sie könnte aufstehen und in diesem Augenblick fortgehen. Warum nicht? Niemand würde sie sehen. Höchstwahrscheinlich würde sie in der Wildnis umkommen, aber was machte das schon aus? Niemand würde sie vermissen. Junius würde mit Freuden ihre Mitgift in Beschlag nehmen und Swan Feather eine andere Gefangene finden, die sie herumkommandieren konnte. Was Wolf Heart betraf …
    "Da bist du ja", durchdrang seine Stimme ihre trüben Gedanken. Erschrocken schaute Clarissa zu ihm auf. Seine dunkle Silhouette zeichnete sich deutlich gegen den vom Mondlicht erhellten Himmel ab. Zorn und Sehnsucht rangen in ihrem Herzen miteinander.
    "Bist du bereit?" fragte er freundlich.
    "Ich habe meine Meinung geändert. Es ist zu kalt." Sie umklammerte ihre Knie und fühlte sich elend und unglücklich. Sah er denn nicht, wie erschöpft sie war? Dass ihre einst so weichen Hände rau und wund waren und sie wie eine Gerberei roch? Wusste er nicht, dass sie aus Gründen, die sie selbst nicht begriff, schön für ihn sein wollte, schöner, als sie je wieder sein konnte?
    "Komm schon." Er legte ihr die Hand fest auf die Schulter.
    "Warum sollte ich?" erwiderte sie verstockt.
    "Weil ich dich sonst wie einen Mehlsack über die Schulter werfen, zum Teich tragen und hineinwerfen muss. Wir werden uns zum Gespött des ganzen Dorfs machen."
    "Das würdest du nicht wagen!"
    "Lass es nicht darauf ankommen." Sein Griff wurde noch fester. Wenn sie jetzt nicht von allein aufstand, würde er seine Drohung wahr machen. Mit dem letzten Rest ihrer Würde raffte Clarissa sich auf. Ihre Beine waren vom langen Kauern eingeschlafen. Sie kribbelten unerträglich, und als sie aufzustehen versuchte, gab das rechte davon unter ihr nach.
    Sie schwankte, doch er legte ihr rasch den Arm um die Taille und zog sie hoch. Als sie sich mit ihrer Hand an seiner Brust abstützte und die feste, kühle Haut spürte, durchfuhr es sie heiß. Sie unterdrückte ein Stöhnen. "Bitte", flüsterte sie und wünschte sich, im Erdboden zu versinken.

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