Die Braut des Shawnee-Kriegers
niederzuschlagen.
"Sie sagte, sie hätte bereits begonnen, dich zu lieben."
Sein Gesichtsausdruck verriet nichts. Clarissa wollte schon widersprechen, doch er fuhr hastig fort: "Eigentlich wollte ich es dir nicht sagen, aber Swan Feather hatte schon so viel Unglück in ihrem Leben. Ich möchte nicht, dass du ihr wehtust."
Clarissa spürte, wie ihre Kehle eng wurde. Swan Feather liebte sie? Diese mürrische alte Menschenschinderin? Nein, das war sicher wieder so ein gemeiner Shawnee-Witz. Wolf Heart spielte mit ihren Gefühlen, ein Spießrutenlauf nach seiner persönlichen Machart. Bei ihr biss er da aber auf Granit, sie ließ sich bestimmt nicht einwickeln.
Als hätte er ihre Überlegungen erahnt, verfinsterte sich sein Blick. Eine Maske schien sich über seine Züge zu legen, und der eindringliche Ernst, mit dem er eben noch gesprochen hatte, verschwand hinter einem völlig undeutbaren Gesichtsausdruck.
Clarissa grub mit den Fingern kleine Löcher in den Sand, während sie angestrengt überlegte, was sie sagen könnte, um die Kluft zu überbrücken, die sich plötzlich zwischen ihnen aufgetan hatte. Doch alles, was ihr einfiel, wirkte hohl und falsch.
Zum Glück brach in diesem Augenblick ein Jauchzer von der Teichmitte das betretene Schweigen. Die beiden Mädchen hatten sich lange genug zurückgehalten. Jetzt forderten sie Aufmerksamkeit.
Eine von ihnen schrie Wolf Heart etwas zu, schnellte aus dem Wasser und tauchte dann wie ein Fisch senkrecht wieder ein, wobei ihre glatten, runden Pobacken in der Sonne aufblitzten. Mit offenem Mund schaute Clarissa zu, wie die andere dem Beispiel der Freundin folgte. Sekunden später tauchten ihre nassen Köpfe wieder auf. Sie lachten, jauchzten und bespritzten sich mit Wasser. Keine Frage, sie wollten den Krieger am Ufer beeindrucken.
"Was meinst du, möchtest du das vielleicht auch lernen?" fragte Wolf Heart mit einem spitzbübischen Grinsen. "Ich könnte die Mädchen bitten, es dir beizubringen."
"Oh!" Empört fuhr sie herum.
"Keine Lust?" Seine Augen verspotteten sie.
"Wie kannst du es wagen, so etwas zu mir zu sagen?" Clarissa sprang auf, schnappte sich ihr Kleid und die Mokassins von dem Felsen und klemmte sich alles in einem Bündel unter den Arm. "Zufällig bin ich eine Dame, und selbst hier an diesem gottverlassenen Ort erwarte ich, als solche behandelt zu werden."
Verärgert und beleidigt drehte sie sich um und stapfte den Pfad hinauf. Wolf Hearts Lachen folgte ihr und brach sich an den Felsen. Kam er ihr nach, oder blieb er am Teich? Nach der zweiten Biegung hielt sie an und horchte, ob sie seine leisen Schritte hinter sich hörte. Doch nur das entfernte Plätschern des Wassers und das fröhliche Singen einer Meise durchbrachen die morgendliche Stille. Soll er doch bleiben, dachte sie wütend. Soll er den Mädchen zuschauen oder gleich zu ihnen ins Wasser springen. Meinetwegen kann er ertrinken.
Wenn dies eine für den Stamm typische Sportart war, brauchte es sie nicht zu wundern, dass der Kerl ein Shawnee sein wollte!
Oben angekommen, schlüpfte Clarissa hinter eine Holunderhecke, um sich das nasse Kleid überzuziehen und ihre sandigen Füße in die Mokassins zu stecken. Es wurde Zeit für sie, zu Swan Feathers Hütte zurückzukehren, sonst würde die Alte sie beschimpfen, weil sie so lange fortgeblieben war.
Sie sagte, dass sie bereits begonnen hat, dich zu lieben.
Wolf Hearts Worte ließen sie nicht los, während sie sich widerwillig anzog. Das war natürlich blanker Unsinn. Seit dem Tode ihres Vaters hatte kein Mensch sie mehr geliebt … ganz sicher nicht Junius oder die gefühlskalte, tüchtige Mrs. Pimm. Selbst die jungen Offiziere, die sie in Fort Pitt umschwärmten, hatten sich nur von ihrer Fröhlichkeit angezogen gefühlt. Keiner von ihnen hatte sie wirklich geliebt. Wie sollten sie auch, sie hatten sie ja kaum gekannt.
Weshalb also sollte eine übel riechende alte Shawnee-Indianerin, die sie kaum beachtete, eine Ausnahme machen?
Die kühle Morgenbrise ließ Clarissa in ihren nassen Kleidern frösteln. Sie beschloss, sich nicht weiter mit dieser Frage zu beschäftigen. Ob Swan Feather sie liebte, war völlig unbedeutend. Nichts an diesem verdammten Ort war wichtig. Bei der ersten sich bietenden Gelegenheit würde sie verschwinden. Sie würde die alte Frau nie wieder sehen und auch nicht den Mann, der früher einmal Seth Johnson gewesen war.
Erregung erfasste sie, als sie an ihren Fluchtplan dachte. Ja, sie konnte es schaffen. Nur ein paar
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