Die Braut des Silberfinders - historischer Roman
etwas
dazu«, brachte sich Robert ein und lächelte sie freundlich an. Sie lächelte
zurück, zu lange für Osmans Geschmack.
»Und wo kommt Ihr her, Anna ohne was
dazu?«, fragte er, um sich wieder ins Gespräch zu bringen, denn noch wollte er
den Kampf um die Schöne nicht aufgeben. Wieder ließ ihre Antwort auf sich
warten. Entweder, dachte sich Osman, ist sie reichlich schwer von Begriff, oder
sie hat etwas zu verbergen.
»In Hameln bin ich geboren, und dorthin
will ich auch wieder zurück«, sagte sie etwas zögerlich. Sie käme gradewegs aus
Hildesheim, wo sie ihren Bruder zu Grabe getragen habe. In dieser Spelunke
schließlich sei sie gestrandet, weil ein Kaufmann, mit dem sie von Hildesheim
aus mitgereist sei, von hier aus den Handelsweg nach Norden nehmen musste.
Seitdem warte sie auf Reisende in Richtung Hameln, um sich ihnen anzuschließen.
Der Wirt, im Grunde ein herzensguter Mensch – Osman meinte nicht recht zu hören
–, gäbe ihr hier so lange Obdach, dafür müsse sie sich nur ein wenig um die
Gäste kümmern.
»Und ab und an lädt mich dann ein besonders
Netter zum Essen ein«, sprach’s und lächelte lediglich Robert an.
Augenscheinlich bin ich Luft für sie und
noch dazu überflüssiger am Tisch als ein Pickel am Arsch, dachte sich Osman,
dessen Stolz an diesem Tage wirklich auf eine harte Probe gestellt wurde.
Ebenso wie Anna ausschließlich Robert
fixierte, schien Robert nur Augen für Anna übrig zu haben. Als er ihr dann, für
seine Verhältnisse unerwartet kühn, auch noch gestand, dass es ihre Schönheit
war, die ihm die Sprache verschlug, empfahl sich Osman mit dem Vorwand, nach
den Pferden schauen zu wollen. Es überraschte ihn nicht, dass keiner von beiden
Anstalten machte, ihn davon abzuhalten.
Müde geworden vom langen Ritt im Regen und
mit gut gefülltem Magen blieb er gleich im Stall und bereitete sein Schlaflager
vor. Er überzeugte sich davon, dass die Pferde für die Nacht gut versorgt
waren, und legte sich ins frisch aufgeworfene Stroh. Dass er den nächsten Tag
ausgeruhter beginnen würde als sein Freund, war ihm in diesem Moment nur ein
schwacher Trost.
Robert indes schwebte wie auf Wolken. Eine
Frau wie Anna hatte er noch nie kennengelernt. Sie strotzte nur so vor
Temperament und Lebenslust, ganz zu schweigen von ihrem atemberaubenden
Aussehen. Und sie mochte ihn, das war ganz offensichtlich. Kurz nachdem Osman
gegangen war, hatten sie den ersten Weinkrug geleert, es folgte rasch ein
zweiter und dem zweiten ein dritter. Bald darauf hörte Robert mit dem Zählen
auf, so wie er zugleich das Denken einstellte.
Irgendwann im Laufe der Nacht gingen sie
gemeinsam nach oben, in das Zimmer, das ihnen der Wirt bereitet hatte. Das
heißt, sie ging so leichtfüßig, als habe sie den ganzen Abend nur Wasser
getrunken, während Robert stark torkelnd die berauschende Last des Weines
anscheinend ganz allein für beide zusammen in seinen Beinen trug. Im Zimmer
versagten ihm seine Knie endgültig den Dienst, kraftlos sank er rücklings auf
die Matratze. Während sie, auf ihm sitzend, langsam sein Hemd öffnete, linste
er mit trüben Augen dorthin, wo ihre lose geschnürte Bluse einen großzügigen
Blick auf ihren Busen erlaubte, erst recht so herabgebeugt, wie sie jetzt auf
ihm saß. Und dort, wo sich ihre Brüste warm und behaglich aneinanderschmiegten,
entdeckte Robert plötzlich ein Muttermal, das munter auf und ab hüpfte, ganz im
Einklang mit ihren Bewegungen. Frivol zwinkerte es ihm zu, komm und küss mich,
schien es sagen zu wollen. Liebend gern hätte er es getan, allein ihm fehlte
die Kraft sich aufzurichten, bereits ein zaghafter Versuch versetzte die Welt
um ihn herum in wildem Taumel. So blieb er also liegen wie festgenagelt und
ließ Anna gewähren, was auch nicht vom Schlechtesten war. Bald hatte er nur
noch Augen für das Mal, das größer und immer größer wurde, bis schließlich
alles in braunschwarzer Finsternis versank und die Nacht über ihn hereinbrach.
Mittwoch, der zweite August
Katzenjammer
Die Sonnenstrahlen des neuen Tages drangen durch Roberts geschlossene Lider und brannten wie
glühende Nadeln in seinem Kopf. Nach dem einen oder anderen Becher Wein zu viel
hatte er sich bisweilen schon mal hundeelend gefühlt, diesmal jedoch wollte er
am liebsten sterben. Sein Magen machte Bocksprünge, doch der säuerliche Gestank
ringsumher zeigte ihm, dass zumindest diese Schmach bereits ausgestanden war.
Zaghaft öffnete er seine Augen und sah einen Krug neben
Weitere Kostenlose Bücher