Die Braut des Silberfinders - historischer Roman
beschlossen, bis nach Hildesheim
dem Händler Gesellschaft zu leisten. Wo sollten sie auch hin, zu Fuß und nahezu
mittellos?
In der Stadt wollten sie sich kundig
machen, ob nicht vielleicht irgendjemand eine auffallend hübsche, rothaarige
Frau gesehen hatte. Sicherlich würden ihnen die Hildesheimer bereitwillig
Auskunft geben. Nach ihren Erlebnissen waren sie dort allseits bekannt und
beliebt, hatten sie doch einen der berühmtesten Mitbürger aus den Fängen skrupelloser
Halsabschneider gerettet.
Fünf Tage nachdem sie vom Krugschenk aufgebrochen waren, die Sonne
versank bereits hinter dem Moritzberg, machten sie schließlich vor einem der
Hildesheimer Stadtportale halt, dem westlich gelegenen Pantaleonstor. Ein Flügel
war bereits geschlossen und die Wachleute machten sich gerade daran, den
Durchgang endgültig für die Nacht zuzusperren. Missmutig schauten sie auf zu
den Störenfrieden, die sie von der Arbeit abhielten, doch rasch erhellten sich
ihre Mienen, als sie Robert und Osman erkannten. Die Wiedersehensfreude war
groß, und nachdem die beiden von ihrem Dilemma berichtet hatten, wurden sie
umgehend zu Hauptmann von Stenweden, dem Obersten der Stadtwache, gebracht.
»Da soll mich doch der Teufel holen! Was
macht ihr denn hier? Ich dachte, ihr seid unterwegs nach Cölln!« Von Stenweden
meinte, er sähe nicht recht, als plötzlich Robert und Osman seine Amtsstube
betraten.
»Ladet den Satan nicht allzu leichtfertig
ein, sich Eure Seele zu holen, Herr Hauptmann«, entgegnete Robert, einstiger
Novize und Klosterschüler, leicht pikiert. »Unerfreuliche Umstände ließen uns
unser Vorhaben hintanstellen. Nun sind wir bei Euch, in der Hoffnung, dass Ihr
uns vielleicht weiterhelfen könnt.«
»Dann lasst mal hören, was geschehen ist,
und wie ich euch behilflich sein kann, liebe Freunde«, sagte von Stenweden und
schob die Pergamente beiseite, in die er bis eben seine Nase vergraben hatte.
Er wirkte erleichtert, seine Aufmerksamkeit wieder handfesteren Dingen als
langweiligen Amtsgeschäften zuwenden zu können. Aufmerksam hörte er den
Ausführungen zu und unterbrach nicht ein einziges Mal. »Und ihr wollt nun
wissen, ob das Mädchen kürzlich durch Hildesheim reiste?«
»Oder ob es hier vielleicht sogar bekannt
ist. Solch ein Weib, noch dazu mit diesem feuerroten Schopf, fällt jedem auf,
egal ob Mann oder Frau. Wir müssen wissen, ob wir noch auf der rechten Spur
sind!«
»Aber wenn das Luder um die Stadt
herumgeritten ist?«, unterbrach Osman seinen Freund. »Sagt, Herr Hauptmann,
kommt man mit einem Pferd durchs Dickicht ringsumher?«
»Im Norden der Stadt ist das Gestrüpp auf
Meilen derart dicht, dass ein Pferd scheuen und den Gehorsam verweigern würde,
im Süden dagegen wäre es kein Problem, wenn man auch auf die Sümpfe achtgeben
muss. Derzeit allerdings, nach den Regenfällen der letzten Tage, ist das ganze
Land überflutet und wenn kein Wasser mehr steht, so findet man stattdessen
einen knietiefen Morast vor. Unmöglich, mit einem Pferd hier durchzukommen.
Nein, wenn eure Diebin auf dem Hellweg nach Osten unterwegs war, dann kam sie
durch unsere Stadt.« Nachdem von Stenweden geendet hatte, schaute er in zwei
zufriedene Gesichter. Er überlegte einen Moment, dann rief er seinen Leutnant
zu sich und gab Order, sämtliche Stadttorwächter nach der Frau auszufragen.
»Wäre doch wohl gelacht, wenn wir nicht bald mehr wüssten.« Danach holte er
drei Becher und schenkte ein.
»Für mich keinen Most. Mein Glaube
verbietet mir jegliches geistige Getränk.«
»Und auch ich habe geschworen, keinen
Tropfen mehr anzurühren, zumindest, bis ich das Mädchen gefunden habe«, machte
Robert die Enttäuschung von Stenwedens komplett.
»Ihr seid mir ja ein trauriger Haufen«,
tadelte er das Verhalten seiner Gäste, um anschließend ungerührt seinen Pokal
in nur einem Zug zu leeren.
Die Nacht brach herein und die drei
verbrachten ihre Zeit mit einem opulenten Mahl und ausgiebigem Geschwätz über
vergangene Tage und überstandene Abenteuer. Was sollten sie auch anderes tun?
Schließlich, von Stenweden war bereits allerbester Dinge, betrat der Leutnant
die Stube. Er bedauerte, vermelden zu müssen, dass keinem seiner Männer in den
letzten drei Tagen eine derartige Frau untergekommen sei.
»Der Leutnant konnte bestimmt noch nicht
alle Wachleute befragen! Nicht wahr, Toepfer?«
Leutnant Toepfer nickte.
»Seid also ganz unbesorgt«, beruhigte von
Stenweden seine Gäste, »morgen ist auch noch ein
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