Die Braut des Silberfinders - historischer Roman
mich bitte dort ins Stroh, dann habt
Ihr mehr als Eure Pflicht getan.«
»Aber wo denkt Ihr hin, ich werde Euch doch
nicht einfach allein hier zurücklassen! Was genau ist eigentlich geschehen?«
»Ein widerlicher Saukerl hat mich
überfallen und wollte mich …« Adaras Stimme erstickte in einem Schluchzer.
»Könnt Ihr Euch das vorstellen, das Schwein hat mir einfach an meine Brüste
gefasst!«
Paul konnte sich das vorstellen, sehr gut
sogar. Er ließ sich kopfschüttelnd neben ihr ins Stroh nieder und versuchte, so
erschüttert wie irgend möglich dreinzuschauen, während sein Verlangen auf das
Prachtweib neben ihm von Augenblick zu Augenblick größer wurde.
»Er ließ just in dem Moment von mir ab, da
Ihr den Kerker verließet. Gott behüte – wer weiß, was er mir sonst noch alles
angetan hätte.«
»Verflucht sei seine Achtsamkeit! Wär ich
nur unbemerkt an ihn rangekommen, so hätt ich ihn niedergemacht, den verdammten
Hundsfott«, stieß er aus und fuchtelte dabei dramatisch mit den Armen.
»Wie mutig Ihr doch seid«, hauchte Adara
und strich ihm über die Brust.
Pauls Gier brachte sein Blut zum Brodeln –
dieses Teufelsweib war bedeutend hübscher als all die Huren, mit denen er es
bisher zu tun bekommen hatte, und noch dazu wollte sie ihn ganz offensichtlich
haben, freiwillig und ohne sich dafür bezahlen zu lassen. Er konnte sein Glück
kaum fassen, wusste er doch sehr wohl, dass er auf Frauen eher abstoßend
wirkte. Dennoch, die Schmeicheleien und Streicheleien, mit denen sie ihn
überhäufte, konnten eindeutiger kaum sein. Womöglich hatte das Entsetzen von eben
ihren Geist verwirrt, vielleicht war sie auch einfach nur unendlich dankbar,
dass er ihren Peiniger verjagt hatte – jedenfalls lag sie neben ihm im Stroh,
keine Menschenseele weit und breit, und ihre Bluse war weiter geöffnet als das
Maul einer Kuh beim Kalben.
Paul ist noch nie den letzten Schritt
gegangen, den Schritt, den man gehen musste, wenn aus Freundschaft Liebe werden
soll. Deshalb ging er es bei Adara genauso an wie bei den Huren – er nahm sie
fest in seine brutalen Arme und begann, sie abzugrapschen. Er kniff ihr
schamlos in Po und Busen und versuchte, sie mit seinen feucht-klebrigen Küssen
zu überhäufen, als ihm plötzlich ein Knie mit Wucht ins Gemächt fuhr.
Tränen schossen ihm in die Augen und er
stieß einen spitzen Schrei aus, den er allerdings gar nicht wahrnahm, da er in
diesem Moment viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt war. Als sich die
Schleier vor seinen Augen wieder lichteten, entdeckte er Adara, nun stehend, am
anderen Ende des Schuppens, an eine Trennwand gedrückt. Er sah sie, und doch
erkannte er sie nicht wieder – aus dem liebreizenden, schutz- und
hilfsbedürftigen Wesen von eben war eine angsteinflößende Furie geworden, die
wie toll mit ihren Augen rollte und der Geifer aus dem Mund tropfte.
»Um Himmels willen, was ist mit dir?«,
entfuhr es Paul mit zittriger Stimme. Er bekam keine Antwort, lediglich ein
Grollen, das wie aus mehreren Mündern zu ihm herüberschallte.
»Sag, was du von mir willst! Wer bist du?«
»Aber Paul, erkennst du mich nicht wieder?
Ich bin’s, der arme, alte Anton.«
Der Kerkerwächter riss entsetzt die Augen
auf. »Aber das ist unmöglich, ich selbst hab dich sterben ’sehn!«
»Nicht nur das, Paul, nicht wahr, nicht nur
das!«
Er schüttelte seinen Kopf, wollte das
Unmögliche nicht wahr haben. »Das glaub ich nicht, verdammt! Du bist eine junge
Frau, wie willst du Anton sein? Nein, das kauf ich dir nicht ab!«
Wie Osman erwartet hatte, benötigte Paul eine zusätzliche
Behandlung, um zu verlauten, was auch in seinem Interesse besser auf ewig im
Verborgenen bliebe. Gleich vor Osmans Nase tauchte Adaras rechte Hand auf,
durch ein kleines Loch in der Trennwand zu ihm hindurchgesteckt. Rasch
platzierte er einen Lederstreifen auf ihrer Handinnenfläche und streute ein
haselnussgroßes Häufchen schwarzgrauen Pulvers darauf. Zum Schluss zündete er
es an – und sandte ein Stoßgebet an seinen Propheten, die List möge gelingen.
Adara merkte, wie sich Osman an ihrer Hand zu schaffen machte,
spürte ein Prickeln und nahm den Geruch des kokelnden Pulvers wahr. Paul, gute
zehn Schritt entfernt im Halbdunkeln immer noch zusammengekrümmt im Stroh
liegend, starrte derweil wie gebannt auf ihre linke Hand, mit der sie
geheimnisvolle und völlig sinnlose Zeichen in die Luft schrieb.
Die Ablenkung war schon einmal gelungen.
Schnell zog sie ihre Rechte
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