Die Braut des Wuestenprinzen
oder? Ich brauchte eine Begleitung, und ich mochte nicht darum bitten, wo doch alle dafür infrage kommenden Leute gerade für den Krieg gebraucht wurden.“
„Du hattest Angst, allein auszugehen. Das hast du selbst gesagt.“
„Das habe nie gesagt! Ich wollte mich nur an die parvanische Sitten halten.“
„Seit Jahrzehnten haben die parvanische Sitten Frauen nicht daran gehindert, allein herumzulaufen.“
„Frauen vielleicht nicht, aber die Kronprinzessin.“
„Elenor, was soll das? Meine eigene Mutter ist allein in die Stadt gegangen, um Einkäufe zu machen, und das ist über dreißig Jahre her.“
„Aber … aber Puran hat gesagt …“
„Puran ist altmodisch. Auch das Verhalten meiner Mutter hat sie oft missbilligt. Aber ganz egal, was sie dir erzählt hat – ich habe dir doch versprochen, dass du hier eine freie Frau sein wirst.“
Elenor senkte den Kopf. „Ja, das hast du.“
Dann herrschte Stille.
„Aber du hast mir nicht geglaubt“, fügte er schließlich hinzu. „Warum, Elenor?“
„Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht.“
Sehr schnell lernte Elenor, dass es zwei Arten von Minen gab: gewöhnliche Panzerabwehrminen, die sie schon aus der Wüste kannte, und Antipersonenminen verschiedenen Typs.
Dort, wo die Minen auf ebener, übersichtlicher Fläche lagen, war die Räumung recht einfach. Das Gebiet musste lediglich mit einem Minensuchpanzer abgefahren werden und konnte anschließend als minenfrei bezeichnet werden.
Aber die bergigen Gebiete machten erheblich mehr Probleme. Jeder Grashalm und jedes Spinnenetz war verdächtig, aber die Helfer konnten nicht jeden Grashalm und jedes Spinnenetz überprüfen.
Und Elenor schaffte es zwar, die freiwilligen Helfer von den unsicheren Gebieten fernzuhalten, doch nicht die Ortsansässigen. So kam es jeden Tag zu schweren Unfällen. Die Menschen brachten sich und ihre Tiere in Gefahr, wenn sie versuchten, ihre Felder zu bestellen. Und Kinder unter drei Jahren begriffen einfach nicht, warum sie die hübschen glänzenden Spielzeuge, die sie im Gras fanden, nicht anfassen durften …
„Es wäre schon weniger schlimm, wenn sie wenigstens ehrlich damit umgehen würden“, meinte Elenor eines Abends zu Karim, als sie einen Bericht las. „Wenn sie sie wenigstens ‚Kinder-Verkrüppelungs-Minen‘ nennen würden. Antipersonenminen klingt so abstrakt. Irgendwie unehrlich.“
„Wann waren die Militärs jemals ehrlich in Bezug auf ihre Unternehmungen?“, antwortete Karim. „Wenn sie es wären, müssten sie aufhören, das zu tun, was sie tun. Aber wo liegt das Problem? Wir wissen doch, dass seit Menschengedenken jegliche militärische Einrichtung nur einen Zweck hatte: Menschen töten oder zu verkrüppeln. Wenn wir denen glauben, die das Gegenteil behaupten, haben wir das selbst zu verantworten.“
Leise erwiderte sie: „Es ist ein Krieg gegen die Kinder, Kavi. Ich habe die Berichte gelesen, und die Kinder, von denen die Rede ist, sind in Roshans Alter. Wenn ihm nun so etwas passierte? Ich wüsste nicht, wie ich das ertragen sollte. Ich habe es schon einmal durchgemacht, und es ist die Hölle. Doch dann hat sich herausgestellt, dass es nicht stimmte. Und genau das würde es noch schlimmer machen. Noch einmal würde ich das nicht durchstehen. Verstehst du das?“
Auf einmal übermannte sie ein Weinkrampf. Die letzten Tage waren einfach zu viel für sie gewesen. Kavi nahm sie in den Arm, drückte sie an sich und streichelte ihr über den Kopf. Dabei murmelte er unverständlich vor sich hin und ließ sie weinen, bis keine Tränen mehr übrig waren.
Schließlich löste sie sich aus seiner tröstenden Umarmung und durchsuchte ihre Hosentaschen nach einem Taschentuch. Damit wischte sie ihr Gesicht ab und putzte sich die Nase.
„Besser?“, fragte er.
„Besser“, nickte sie. „Danke, Kavi.“
„Nuri?“, hob er fragend an.
„Das war das erste Mal, dass du mich in den Arm genommen und getröstet hast.“
„War es das?“
„Warum hast du das vorher nie gemacht?“
„Vielleicht, weil du mir vorher immer die Schuld für das gegeben hast, was dich traurig gemacht hat. Du hast mich angeschrien. Auf mich hat das nicht so gewirkt, als ob du getröstet werden wolltest.“
„Es tut mir leid.“ Er hatte recht. Insgeheim hatte sie ihm für alles die Schuld gegeben, seitdem sie wusste, warum er sie geheiratet hatte.
„Hallo, Arash.“
„Elenor!“ Die beiden Freunde, die mit Karim in England gewesen waren, redeten sie immer noch mit
Weitere Kostenlose Bücher