Die Braut des Wüstenprinzen
hatte sie gesorgt, als er gekommen war, um bei ihrem Großvater förmlich um ihre Hand anzuhalten. Ihrer Familie zuliebe hatte sie ihn zwar nicht offen zurückweisen können, aber ihre feindseligen Blicke hatten Bände gesprochen, als ihr Großvater sie dazugerufen hatte, um den Antrag anzunehmen.
“Es freut mich, dass du eingesehen hast, dass es für uns beide keine Alternative gibt”, hatte Rashid ihr noch nur für ihre Ohren bestimmt zugeflüstert.
Sie war gezwungen gewesen, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, doch sie hatte das Gesicht abgewandt, als er sie zur Besiegelung ihrer Verlobung hatte küssen wollen, sodass seine Lippen nur ihre Wange berührt hatten. “Wie sittsam! Ganz die scheue Braut”, hatte er ihr spöttisch zugeflüstert. “Zu dumm, dass ich genau weiß, welche Leidenschaft in dir brodelt!”
Und nun gab es keinen Ausweg mehr. Ihre Brautjungfern – eine ganze Schar fröhlicher hübscher Mädchen aus der ausgedehnten Verwandtschaft ihrer Tante und Rashids – befand sich bereits in märchenhaften Gewändern auf dem Weg ins Hotel, und sie, Xenia, würde auch bald mit ihrem Großvater aufbrechen. Sie erstarrte, als in diesem Moment die Tür aufging und Abu Assad hereinkam. Soraya zupfte noch ein letztes Mal den Schleier der Braut zurecht und ließ Großvater und Enkelin dann taktvoll allein.
Abu Assads Augen leuchteten gerührt, als er sich Xenia näherte. “Du bist deiner Mutter so ähnlich”, sagte er. “Jeden Tag entdecke ich mehr von ihr in dir. Ich möchte dir hier etwas geben, das du heute tragen sollst …” Er zog ein ledernes Schmucketui hervor und entnahm ihm ein Diamantcollier, das so zart und kunstvoll gearbeitet war, dass Xenia es voller Staunen betrachtete.
“Für dich”, sagte ihr Großvater. “Es würde mir sehr viel bedeuten, wenn du es heute tragen würdest, Xenia.”
Jetzt begriff sie, warum ihre Tante so Feuer und Flamme gewesen war für die schwere cremefarbene Seide, die mit winzigen Strasssteinchen bestickt war, als der Tuchhändler ihnen eine Auswahl der kostbarsten Stoffe für das Brautkleid vorgelegt hatte. Xenia spürte, dass die Hände ihres Großvaters zitterten, als er ihr das funkelnde Kollier nun anlegte. Es passte ihr so perfekt, als wäre es für sie gemacht worden.
“Es hat deiner Mutter gehört”, sagte Abu Assad. “Mein letztes Geschenk an sie. Als sie fortging, hat sie es hiergelassen. Heute wäre sie sehr stolz auf dich, Xenia. Deine beiden Eltern wären stolz auf dich, und das aus gutem Grund.”
Stolz auf sie? Weil sie sich in eine seelenlose, lieblose Ehe hatte manövrieren lassen? Plötzlich wurde sie von Panik gepackt. Sie konnte Rashid nicht heiraten! Sie würde es nicht tun! Ehe sie jedoch etwas sagen konnte, kam ihre Tante ins Zimmer zurück.
“Höchste Zeit für euch beide, aufzubrechen”, verkündete Soraya.
Als Xenia jedoch ihrem Großvater aus dem Zimmer folgen wollte, hielt ihre Tante sie zurück. “Du trägst ja gar nicht Rashids Geschenk”, bemerkte sie mit sanftem Tadel.
Xenia sah sie fragend an.
“Das Parfüm, das er dir geschickt hat und das er speziell für dich hat komponieren lassen …” Kopfschüttelnd eilte Soraya zum Frisiertisch und holte den glitzernden Kristallflakon.
“Nein, ich will es nicht tragen …”, wollte Xenia abwehren, aber ihre Tante beachtete ihren Protest gar nicht und hüllte sie in eine Wolke sinnlichen Duftes.
“Es ist perfekt für dich”, meinte Soraya bewundernd. “Genau die richtige Mischung aus jugendlicher Unschuld und sinnlicher Weiblichkeit. Und das Collier deiner Mutter ist wie für dich geschaffen, Xenia. Weißt du, dein Großvater hat nie aufgehört, sie zu vermissen oder zu lieben.”
Xenia schluckte. “Wenn er sie so geliebt hat, warum ist er dann nicht einmal zu ihrer Beerdigung gekommen?”, fragte sie heiser.
Ihre Tante seufzte. “Er wäre gekommen, Xenia, wenn der Herzinfarkt nicht gewesen wäre. Und als dein Patenonkel ihm dann schrieb, er hielte es für keine gute Idee, dass du hierher zu uns kommen würdest, weil du dein eigenes Leben und deine Freunde hättest, war er zu stolz … eine zweite Zurückweisung zu riskieren.”
Xenia sah Soraya nachdenklich an. “Ein Herzinfarkt?”, fragte sie leise. “Ich hatte keine Ahnung …”
“Es war schon sein zweiter”, räumte ihre Tante widerstrebend ein, als hätte sie schon mehr gesagt, als sie eigentlich hätte sagen sollen.
“Sein zweiter? Wann … wann hatte er denn den ersten?”, fragte Xenia
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