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Die Braut im Schnee

Die Braut im Schnee

Titel: Die Braut im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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treffen.»
    Marthaler war sprachlos. Er schaute seine Kollegen einen nach dem anderen an. Dann schüttelte er heftig den Kopf.
    «Das ist nicht euer Ernst! Ihr habt nicht etwa vor, eine verdeckte Ermittlung durchzuführen. Entschuldigt, aber das kommt überhaupt nicht in Frage!»
    «Es ist unsere einzige Chance, Robert!»
    «Wer sagt euch, dass das klappt? Und wenn es klappt, ist es viel zu gefährlich. Wer sollte eine solch wahnsinnige Aufgabe übernehmen?»
    Kerstin Henschel sah ihm direkt in die Augen. «Wenn es zu heikel wird, können wir es jederzeit abbrechen.»
    «Wer, habe ich gefragt!» Dann endlich begriff er. «Nein, Kerstin. Das wirst du nicht tun. Du wirst dich nicht in die Höhle des Löwen begeben.»
    «Das habe ich bereits getan», sagte Kerstin Henschel.
    «Bitte?»
    «Ich habe mich bereits im Casanova-Forum angemeldet. Ich habe noch keine Beiträge geschrieben, aber ich bin eine registrierte Benutzerin.»
    Marthaler schlug mit der Hand auf den Tisch: «Verdammter Mist, was fällt dir ein? Was erlaubst du dir für Eigenmächtigkeiten?»
    Jetzt begannen alle auf ihn einzureden. Eine halbe Stunde lang versuchte er, seinen Widerstand aufrechtzuerhalten. Schließlich gab er auf. Er musste einsehen, dass die geplante Aktion eine Möglichkeit war, den Mörder der drei Frauen zu fassen. Aber wohl war ihm nicht dabei. Auch wenn sie mit größter Vorsicht operierten, blieb es ein gefährliches Unternehmen.
    «Ihr wisst, dass wir dazu die Genehmigung von oben brauchen?», sagte Marthaler resignierend.
    Die anderen nickten.
    «Und ihr wisst auch, dass mein Verhältnis zu Eissler seit der Sache im November nicht das beste ist?! Ich habe seitdem nur noch einmal kurz mit ihm gesprochen. Das war im Januar, als er mich anrief, um mir mitzuteilen, dass meine Suspendierung aufgehoben ist. Es muss also jemand anderes mit ihm reden.»
    «Schon geschehen», sagte Sven Liebmann.
    Marthaler stutzte. «Ihr habt hinter meinem Rücken Fakten geschaffen?!»
    «Robert, nun mach aber einen Punkt. Was heißt hier hinter deinem Rücken? Wir haben den ganzen Vormittag auf dich gewartet. Die Arbeit musste weitergehen.»
    Marthaler sah ein, dass er dem nichts entgegenzusetzen hatte. Er durfte nicht sagen, dass er den Vormittag mit dem Jungen in seiner Wohnung verbracht hatte. So gesehen war er es, der hinter dem Rücken der anderen arbeitete. Er wandte sich an Kerstin Henschel: «Und unter welchem Namen wirst du dich den Casanovas zum Fraß vorwerfen?»
    «Ich habe mir den Namen Desposada gegeben», sagte sie.
    «Desposada?»
    «Das ist Spanisch. So bezeichnet man eine Frau, die gerade noch eine Braut war und die jetzt verheiratet ist: eine Jungvermählte.»

ZWÖLF
    Den gesamten Nachmittag verbrachten sie damit, die verdeckte Ermittlung zu planen. Nur Sven Liebmann meldete sich ab. Er hatte sich noch einmal mit dem Computerspezialisten verabredet, um Roland Lorenz einen erneuten Besuch abzustatten. Die anderen fuhren mit ihren Planungen fort. Sie versuchten, aus den Informationen von Rainer Hirschberg eine genaue Vorstellung davon zu entwickeln, wie der Täter dachte, auf welche Reizworte er möglicherweise reagieren würde.
    Sie verabredeten, ab sofort schichtweise rund um die Uhr das Casanova-Forum zu beobachten. Einzig Robert Marthaler bestand darauf, von dieser Arbeit entbunden zu werden. «Das könnt ihr von mir nicht verlangen», sagte er. «Ich habe schon mit der echten Welt meine Schwierigkeiten. Also erspart mir das, bitte!»
    Kurz vor siebzehn Uhr waren sie so weit. Sie hatten ihren ersten Beitrag formuliert und wollten den Text gerade eintippen, als Sven Liebmann die Tür öffnete. «Ihr glaubt nicht, was passiert ist. Es ist unfassbar. Es gibt in dieser Welt nichts, was es nicht gibt.»
    Liebmann war außer sich. Er suchte sich einen freien Stuhl, setzte sich und stand sofort wieder auf. «Wir haben geklingelt. Es hat lange gedauert, bis Roland Lorenz geöffnet hat. Er war überrascht, uns zu sehen. Er sah verweint aus und schien am Ende seiner Kräfte. Ich habe ihn gefragt, ob ich später wiederkommen soll, aber er hat verneint.»
    «Hast du ihn gefragt, ob es möglicherweise einen zweiten Computer gibt?»
    «Ja, das habe ich. Und er hat sich nicht einmal über die Frage gewundert. Er hat es ohne Umschweife bestätigt.»
    «Das heißt, wenn wir dort fündig werden, können wir auf die verdeckte Ermittlung verzichten», sagte Marthaler.
    «Nein, Robert, vergiss es! Freu dich nicht zu früh. Lorenz wusste die ganze Zeit

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