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Die Braut im Schnee

Die Braut im Schnee

Titel: Die Braut im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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von diesem Computer. Er hat mir quasi ein Geständnis abgelegt.»
    «Ein Geständnis?»
    «Entschuldigt, nein, nicht, was ihr denkt. Aber er wusste, was seine Frau machte. Er wusste es von Anfang an. Es war ihr gemeinsamer Plan, auf diese Weise das Familieneinkommen aufzubessern.»
    «Das ist nicht dein Ernst?»
    «Er wusste nicht, wann sie einen Termin mit einem anderen Mann hatte; er wollte es nicht wissen. Aber er war darüber informiert, dass das meiste Geld, das sie brauchten, um die Raten für ihr Haus abzuzahlen, nicht von der Firma ‹Wellness-Medico› kam, sondern von den Männern, mit denen seine Frau schlief.»
    «Und das hat ihn nicht gestört?»
    «Es hat ihn gequält. Es hat ihn zutiefst gequält.»
    «Und was ist jetzt mit dem Computer?»
    «Ich habe ihn dabei. Er liegt im Wagen. Er ist wertlos. Es ist nichts drauf, absolut gar nichts.»
    «Aber es ist das Gerät, mit dem seine Frau im Casanova-Forum war?»
    «Ja. Und auf dem sie die persönlichen Nachrichten gespeichert hatte. Er hat die Festplatte neu formatiert. Noch am selben Tag, als er von dem Mord an seiner Frau erfuhr, hat er alles gelöscht.»
    «Verdammter Mist», sagte Kai Döring. «Was für ein armer Trottel.»
    «Aber warum?», fragte Marthaler. «Was sollte das? Er kanndoch nicht daran interessiert gewesen sein, unsere Ermittlungen zu behindern.»
    «Nein, das nicht. Aber er hat gehofft, dass die Tätigkeit seiner Frau nicht bekannt wird. Er wollte verhindern, dass sie und er mit diesem Milieu in Verbindung gebracht werden. Er hat die Festplatte gelöscht und wollte damit den Makel von seiner Ehe löschen.»
    Zum ersten Mal schaltete sich jetzt Raimund Toller in das Gespräch ein: «Und was heißt das für unsere Arbeit? Für unseren Plan, Kerstin als Lockvogel einzusetzen.»
    «Bitte, Raimund», sagte Marthaler, «tu mir einen Gefallen: Nenn es nicht Lockvogel. Es macht mich wahnsinnig, wenn ich nur daran denke, dass Kerstin sich mit diesem   … Typen treffen soll. So weit sind wir noch nicht. Und ich hoffe sehr, dass es nicht dazu kommen wird.»
    «Trotzdem», hakte Toller nach, «was heißt das jetzt für unsere Aktion?»
    «Nichts», sagte Sven Liebmann. «Wir machen weiter wie geplant. Es ist, als habe es die Hoffnung auf diesen zweiten Computer nie gegeben.»
    «Also dann», sagte Kerstin Henschel, «fangen wir an.»
    Sie loggte sich unter dem Spitznamen, den sie sich gegeben hatte, in das Casanova-Forum ein. Unter den vielen aufgelisteten Themen wählte sie den Thread «Seitenspringer». Sie klickte auf «Neues Thema erstellen». Dann begann sie, den vorbereiteten Text in die Tastatur ihres Notebooks zu tippen. Als sie fertig war, drückte sie auf die Eingabetaste.
    Drei Sekunden später erschien der fertige Beitrag auf dem Monitor.
    «Was ist denn das? Wo kommt dieses Bild her?»
    Neben dem Namen Desposada war ein kleines Foto erschienen. Das Bild einer lachenden Braut, deren Gesicht halb vom Schleier verdeckt war. Ihr Kopf war ein wenig nach hintengeneigt, sodass man ihren schlanken Hals sah. Die Frau wirkte geheimnisvoll. Marthaler merkte, dass er seinen Blick nicht abwenden konnte von diesem Gesicht, das zugleich freundlich und überlegen wirkte.
    «Das habe ich im Netz gefunden. So machen es alle. Man sucht sich irgendein Foto oder eine Graphik und verwendet sie als ein Markenzeichen. Alles, was ich schreibe, wird jetzt von den anderen Teilnehmern des Forums mit diesem Bild in Verbindung gebracht.»
    «Es ist perfekt», sagte Marthaler.
    Kerstin Henschel sah ihn erstaunt an. «Findest du etwa doch noch Gefallen an unserer Aktion?»
    Marthaler ging nicht darauf ein und sagte auch nicht, was ihm an dem Foto gefiel. «Also», sagte er, «schauen wir, was passiert.»
    DESPOSADA 17   :   03 «Hallo, Seitenspringer, ich bin die Neue. Will mich kurz vorstellen. Bin 31   Jahre alt und gerade (mal wieder) frisch verheiratet. Dennoch ist meine Neugier ungestillt. Ich lese hier schon seit einigen Wochen eure Beiträge. Ziemlich verrückt, ziemlich spannend. Ich bin übrigens im Rhein-Main-Gebiet zu Hause.»
    Es dauerte nur zwei Minuten, bis die erste Antwort kam. Alle Kollegen drängten sich hinter Kerstin Henschels Rücken, um das Geschehen auf dem Monitor des Notebooks verfolgen zu können.
    FRANZ-DER-KANNZ 17   :   05 «Im Rhein-Main-Gebiet   …?! Dann pass auf dich auf, Mädchen! Das scheint ja im Moment nicht die sicherste Gegend zu sein. Auf jeden Fall: Herzlich willkommen im Forum. Weiblicher Zuwachs freut uns immer.

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