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Die Braut im Schnee

Die Braut im Schnee

Titel: Die Braut im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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wieder war er mit seinen Gedanken im Weißen Haus und bei dem Fall. Er dachte daran, was geschehen würde, wenn sich der Mörder wirklich in diesem Forum zu Wort meldete und wenn es wirklich zu einer Verabredung mit Kerstin Henschel kommen sollte.
    Um kurz vor zehn bat Tobis Großvater darum, ins Bett gehen zu dürfen. Das Sprechen schien ihm schwer zu fallen. Er hatte nur wenige Worte an diesem Abend mit den anderen gewechselt. Aber auch er hatte Tereza immer wieder lächelnd angeschaut. Mara brachte den alten Mann nach nebenan und half ihm dabei, seinen Schlafanzug anzuziehen. Dann verabschiedete auch sie sich.
    «Wirst du Ärger kriegen, weil du zu spät kommst?», fragte Tobi.
    «Vielleicht», sagte sie. «Aber wenn ich Glück habe, sind meine Eltern noch gar nicht zu Hause.»
    Marthaler brachte das Mädchen zur Tür. Er fragte, ob er ihr ein Taxi rufen solle, aber sie bestand darauf, mit der Straßenbahn zu fahren.
    «Es ist ja nicht weit», sagte sie. «In zwanzig Minuten bin ich zu Hause. Darf ich denn morgen wieder kommen?»
    «Natürlich», sagte er. «Wann immer du willst.»
     
    «Es war schön heute Abend», sagte Tereza später, als sie sich ausgezogen und neben Marthaler ins Bett gelegt hatte. «Ein bisschen war es wie früher bei mir zu Hause in Prag.»
    «Ja», sagte er. «Man hätte meinen können, wir seien eine Familie.»
    Schweigend lagen sie nebeneinander. Marthaler merkte, dass ihm bereits die Augen zufielen. Der Wein, den sie zum Essen getrunken hatten, hatte ihn müde gemacht.
    «Hast du dem Jungen wirklich erzählt, dass ich deine Frau bin?», fragte Tereza, als er schon fast eingeschlafen war.
    «Mmmhh, bist du auch, oder?», brummte er.
    «Ja», sagte sie mehr zu sich selbst. «Mir kommt es auch fast so vor.»
     
    Als das Telefon klingelte, war er sofort wach. Er beeilte sich, den Hörer abzunehmen, damit die anderen nicht geweckt wurden. Er ging ins Bad und schloss die Tür, erst dann meldete er sich.
    «Robert, du solltest kommen», sagte Kai Döring. «Ich habe bereits einen Streifenwagen bestellt, der dich abholt. Der Fahrer wird vor deiner Tür auf dich warten. Es scheint loszugehen.»
    «Du meinst, er hat sich schon gemeldet?»
    «Es sieht so aus. In den Stunden vor Mitternacht hattenwir bereits drei persönliche Nachrichten an Desposada – alles unverdächtig. Vor zehn Minuten kam wieder eine PN. Wir sind uns sicher, dass er es ist.»
    «Ruf Kerstin an. Sie muss dabei sein. Sie muss zu jeder Entscheidung, die wir jetzt treffen, ja sagen.»
    Marthaler putzte sich die Zähne, schöpfte ein paar Hände kaltes Wasser und wusch sich das Gesicht.
    Er schaute auf die Küchenuhr. Es war kurz nach halb fünf. Durch das Fenster sah er hinaus auf die dunkle Straße. Es schneite noch immer. Er schaltete die Espressomaschine ein, dann zog er sich rasch an. Er hatte seine Tasse gerade geleert, als er draußen einen Wagen vorfahren hörte.
    Sie kamen nur langsam auf den frisch verschneiten Straßen voran. Der Fahrer versuchte ein Gespräch zu führen, aber Marthaler reagierte kaum auf die gut gemeinten Fragen. Seine Nerven waren angespannt. Er wollte sich ganz auf das konzentrieren, was ihnen jetzt bevorstand.
    Als er vor dem Weißen Haus ausstieg, kam ihm Kerstin Henschel entgegen. Sie war zu Fuß von ihrer Wohnung hierher gelaufen. Sie wirkte müde und außer Atem.
    «Wenn das vorbei ist, brauche ich dringend ein paar freie Tage», sagte sie. «Und die möchte ich irgendwo verbringen, wo es warm ist. Und wo es keine Männer gibt, jedenfalls keine deutschen.»
    «Du wirst deinen Urlaub bekommen», sagte Marthaler. «Und hoffentlich schon bald.»
    Manfred Petersen öffnete ihnen die Tür. Er sah sie mit geröteten Augen an.
    «Kommt», sagte er, «das müsst ihr euch ansehen. Die PN kam vor einer Dreiviertelstunde. Der Typ nennt sich Armadillo. Ich habe den Namen durch die Suchfunktion laufen lassen, aber es ist so, wie wir vermutet haben: Er hat noch nie einen öffentlichen Beitrag im Casanova-Forum geschrieben.»
    Petersen ging ihnen voraus ins Sitzungszimmer. Bis auf das Licht einer kleinen Schreibtischlampe und den Bildschirm des Computers war der Raum dunkel. Kai Döring saß am Tisch und starrte auf den Monitor.
    «Und?», fragte Petersen.
    «Nichts weiter», sagte Döring, der jetzt von seinem Stuhl aufgestanden war, um Platz zu machen für seine Kollegen. «Es tut sich wenig im Forum. Auch Casanovas müssen irgendwann schlafen. Und unser Typ wartet wahrscheinlich erst mal ab.»
    «Lies du

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