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Die Braut von Rosecliff

Die Braut von Rosecliff

Titel: Die Braut von Rosecliff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rexanne Becnel
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wiederzugeben, und er erwähnte auch nicht, dass der Fremde einen sinnlichen Mund mit vollen Lippen hatte…
    Josselyn rief sich energisch zur Ordnung und schaute rasch in die Runde. Ihre Landsleute murrten leise über die Frechheit dieses englischen Lords, der sie auf ihrem eigenen Grund und Boden willkommen hieß. Und sie hatte sich unverzeihliche r weise von der Form seiner Lippen ablenken lassen!
    Wütend auf sich selbst und auf den unverschä m ten Ausländer, musterte sie ihn wieder, diesmal auf der Suche nach irgen d welchen Mängeln. Er war viel zu groß, entschied sie, fast ein Riese. Er hatte zwei Nar ben im Gesicht – auf einer Wange und auf der Stirn. Seine Nase war viel zu auffällig, seine Augen w a ren viel zu dunkel…
    Sie schnaubte erbost. Er sah wie ein Schurke aus, wie ein Mann ohne Gewissen, ohne Erba r men. Ihr erster Eindruck war richtig gewesen.
    Doch dann drehte er den Kopf etwas zur Seite, das Licht einer Fackel fiel auf seine rabenschwa r zen Haa re und verlieh ihnen einen seidigen Glanz. Unwill kürlich fragte Josselyn sich, ob sie sich auch so weich und glatt anfühlen würden…
    Glücklicherweise wurde sie durch die barsche Ant wort ihres Onkels aus ihren abwegigen G e danken gerissen. »Es steht uns zu, Euch hier willkommen zu heißen, nicht umgekehrt!«
    Der englische Lord – Randulf Fitz Hugh hieß er, das hatte Josselyn sich gut gemerkt – reagierte gelassen auf Cl y des feindselige Bemerkung. »Dann bedanke ich mich für Euren Willkommen s gruß. Dieses Land wird von Heinrich beansprucht, dem König von ganz Britannien, das auch Wales einschließt. Ich bin als sein Verwalter hier, um dieses Land und all seine Bewoh ner zu beschü t zen.«
    »Wir benötigen keinen Schutz, am allerwenigsten den Ein i gen«, entgegnete Clyde eisig. Joss e lyn be merkte, dass ihre Landsleute unruhig wurden und nervös nach den Griffen von Dolchen und Kurz schwertern tasteten. Vernünftigerweise ve r zichteten sie aber noch darauf, die Engländer anzugreifen.
    Erst jetzt fiel Josselyn ein, dass sie in arge B e drängnis geraten könnte, falls es zum Kampf kommen soll te, denn sie war viel kleiner und schwächer als die Männer, ganz zu schweigen davon, dass sie keine Erfahrung im Umgang mit Waffen hatte. Trotzdem wollte sie unbedingt hier bleiben, um das Ausmaß der Bedrohung einschä t zen zu können, die von den Engländern ausging. Wie sollte sie sonst entscheiden, ob es wirklich no t wendig war, den grässlichen Owain ap Madoc zu heiraten?
    »Ich sehe, dass ihr durchaus in der Lage seid, euch selbst zu verteidigen, und das ist gut so«, antwortete Randulf Fitz Hugh in mildem Ton, offenbar fest entschlossen, sich nicht provozi e ren zu lassen. »Hoffent lich werdet ihr in uns zuverlässige Ve r bündete gegen irgendwelche Feinde sehen, die euch dennoch gefähr lich werden könnten. Unsere Anwesenheit stellt für euch jedenfalls keine Bedrohung dar.«
    Sobald Dewey die Worte des Engländers übe r setzt hatte, schrie jemand auf Walisisch: »Dies ist unser Land!«
    Dewey warf Clyde einen nervösen Blick zu. Joss e lyns Onkel schüttelte den Kopf. Empört über seine Vorsicht, konnte sie einfach nicht länger an sich hal ten. Ohne zu überlegen, posaunte sie auf Französisch - d er Sprache der Normannen – heraus, was ihr Landsmann gerufen hatte.
    Sofort verschärfte sich die ganze Situation. Onkel Clyde, der die Stimme seiner Nichte natü r lich erkannt hatte, wirbelte auf dem Absatz herum und suchte sie in der Menge. Gleichzeitig legte sich eine harte Hand auf ihre Schulter. Doch die meisten Waliser schienen ihr eigenmächtiges Handeln zu billigen. Die verhass ten Engländer sollten ruhig wissen, dass dies nicht ihr Land war, dass fremde Herren hier unerwünscht wa ren, allen voran dieser arrogante und herablassende Lord.
    Josselyn schaute zu dem Mann auf, der sie an der Schulter gepackt hatte. Es war Dulas, und sie grinste, als er sie erkannte und hastig losließ. Nachdem ihr Onkel jetzt ohnehin wusste, dass sie ihm nicht ge horcht hatte, brauchte sie sich nicht mehr zu ver stecken. Hocherhobenen Hauptes schritt sie nach vorne und trat in den Kreis der Fackeln.
    Erst später wurde ihr klar, dass das ihr größter Fehler gewesen war. Nicht wegen des Zorns ihres Onkels den hatte sie ohnehin schon auf sich gez o gen. Und , sie befürchtete auch nicht, dass der Engländer ihre Verkleidung durchschauen würde. Nein, ihr Fehler bestand darin, sich Randulf Fitz Hugh genähert zu haben, denn dadurch

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