Die Braut von Rosecliff
auch deine Zeit wird kommen, Jasper«, bestätigte er. »Ich kann nur hoffen, dass du eine Frau finden wirst, die dich genauso glücklich macht, wie ich es mit Josselyn bin.«
EPILOG
»Sag, wirst du mit mir gehen, süße Maid?«
John Claire
Rosediffe Castle, Waks, Mai 1137
Rand hob Isolde auf seine Schultern, und sie quiekte vor B e geisterung. Wie er das Kind vermissen würde!
Wie er die Mutter des Kindes vermissen würde!
Er beugte sich weit nach links, nach rechts, nach vorne und hinten. Isolde jauchzte vor Freude. Sie vertraute ihm. Sie wus s te, dass er sie nicht fallen lassen würde. Gebe Gott, dass ich dieses Vertrauen nie enttäusche , betete Rand.
Seine Blicke schweiften sinnend über die mächtige Festung, die in den letzten Jahren nach Sir Lovells Plä nen entstanden war. Er konnte stolz darauf sein, in relativ kurzer Zeit so viel erreicht zu haben. Aber es war Josselyns Verdienst, dass Rose c liffe Castle zu einem gemütlichen Heim geworden war. Sie hatte die rauen Steinmauern mit Wandbehängen und Fresken g e schmückt, auf den kalten Fußböden lagen dicke Teppiche, und in allen Räumen standen Vasen mit duftenden Kräutern und Blumen. Was aber noch wichtiger war – Josselyn verströmte so viel Liebe, dass er notfalls sogar an den kältesten Winte r tagen ohne Kaminfeuer ausgekommen wäre.
Rand stieß einen schweren Seufzer aus. Er musste eine Reise in den Süden des Landes antreten, um mit den anderen Lords der Grenzgebiete über die strittige Erbfolge im britischen K ö nigshaus zu beraten. Seit Heinrichs Tod kämpften Stephan und Matilda um die Macht, letztere im Namen ihres Sohnes, der mehr Anspruch auf den Thron hatte als Stephan, aber wesen t lich schwächer war.
Josselyn kam durch den Innenhof auf ihn zu, und er ging ihr mit seiner Tochter auf den Schultern entge gen. Sie litt unter der bevorstehenden Trennung – der ersten seit ihrer Hochzeit vor zwei Jahren –, bemühte sich aber, ein heiteres G e sicht zu machen. Weil sie nicht wollte, dass er sich auf der Reise Sorgen machte, hatte sie ihm verschwiegen, dass sie schwanger war. Anzusehen war es ihr noch nicht, doch Rand hatte es an verschiedenen Kleinigkeiten erraten.
O Gott, wie er diese Frau liebte!
»Jasper lässt dir ausrichten, dass die Männer zum Aufbruch bereit sind«, berichtete sie und legte ihm eine Hand auf die Brust. »Du wirst doch vorsichtig sein, nicht wahr? Mir ist gar nicht wohl bei dem Gedanken, dass dieses Treffen ausgerechnet in der Fes tung von Simon Lamonthe stattfindet.«
»Ich werde vorsichtig sein«, versprach Rand. Er schlang einen Arm um ihre Taille und küsste ihre vol len Lippen.
»Und was ist mit mir?«, rief Isolde und patschte mit dem Händchen auf seine Wange und auf den Kopf ihrer Mutter.
Lachend lösten sie sich voneinander. Rand hob seine k i chernde Tochter von den Schultern und setzte sie statt dessen auf seinen Arm.
»Na, ist es so besser?«, fragte er auf Walisisch.
Ein Ärmchen lag um seinen Hals, das andere um den der Mutter. »Ja, so ist es wunderbar«, sagte sie zufrieden.
Es war wirklich wunderbar, dachte Rand. Ihre klei ne Familie bildete eine herrliche Einheit. Behutsam legte er eine Hand auf Josselyns noch flachen Bauch, und als sie große Augen mac h te, murmelte er lä chelnd: »Ich liebe euch – euch alle.«
»Dann komm schnell zu uns zurück«, flüsterte sie mit Tränen in den Augen.
»Ja, komm schnell nach Hause, Papa!«
Nach Hause… Rand holte tief Luft. Er hielt seine Familie in den Armen, und sie waren von den hohen schützenden Mauern ihres Heims umgeben. Vor drei Jahren hatte er hier so schnell wie möglich seinen Auf trag erledigen und dann nach London zurückkehren wollen. Und jetzt fiel es ihm schwer, Rosecliffe auch nur für zwei Wochen zu verlassen. Seine Familie war ihm viel wichtiger als Politik.
Er zog Isolde und Josselyn noch näher an sich he ran – und auch das Kind, das sie unter dem Herzen trug.
»Macht euch keine Sorgen. Ich komme nach Hause, so schnell ich kann.«
Als Rand und seine Begleiter – Ritter zu Pferde und einfache Fußsoldaten – die Burg verließen, wurden sie von mehr als e i nem Augenpaar aufmerksam beob achtet.
Rhonwen lugte zwischen Bäumen hervor. Vielleicht würde Jo s selyn wieder zur Vernunft kommen, wenn ihr englischer Mann fort war. Schließlich war sie es gewesen, die gesagt hatte, dass Männer zwar stärker waren, dass Frauen sie aber trotzdem b e siegen könn ten, wenn sie schlau handelten. Hatte sie das
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