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Die brennende Gasse

Die brennende Gasse

Titel: Die brennende Gasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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und es ihm mitteile? «
    » Laß nur! Ich will sowieso morgen mit ihm telefonieren. Wenn es gute Neuigkeiten wären, hätte ich es heute getan. Aber schlechte Neuigkeiten können warten. «
    Sie zog ihre Gartenhandschuhe aus und warf sie in den Werkzeugkasten; aber bevor sie in ihr Haus ging, blieb Janie in der Garage neben ihrem ehrwürdigen, doch angeschlagen aussehenden Volvo stehen, den sie vor einer Ewigkeit glänzend und neu gekauft hatte. In der merkwürdig tröstlichen Gegenwart des vertrauten Autos knetete sie einen Moment die Hände und tagträumte von einfacheren Zeiten. Komisch, das winzige Implantat im Fleischpolster unter ihrem Daumen konnte sie nicht mehr finden; nicht einmal den kleinsten Knoten spürte sie mehr. Der eigentliche Chip war, wie von dem Einwanderungsbeamten in Boston versprochen – In ein oder zwei Tagen werden Sie gar nicht mehr wissen, daß er da ist, hatte er gesagt –, von den umgebenden Zellen gleich einem Nährstoff aufgezehrt worden; aber zuvor hatte ihr Fleisch seine elektronischen Daten absorbiert. Das war eine gesetzlich zugelassene Körperverletzung und wurde beinah universell angewandt. Notwendig gemacht hatte diese die kunstvolle Erfindung irgendeines kriminellen Genies, das als Hacker in den entsprechenden Server eingedrungen war und mit ein paar gut plazierten Codezeilen die Identifikation anhand von Augenhornhaut und Fingerabdruck in den Speicher für archaische, nutzlose Technologien verbannt hatte.
    Doch mit der Zeit schwächte sich ihre persönliche Abneigung gegen dieses elektronische Eindringen ab; denn es war unglaublich bequem, sofort identifizierbar zu sein, und solange sie einigermaßen kreditwürdig blieb, konnte sie fast alles, was sie brauchte, mit einem einfachen Schwenken der Hand erledigen. Aber es machte sich nichts von dem Stolz in ihr breit, den sie noch damals im Zeitalter des Papiers verspürt hatte, als sie ihren ersten Bibliotheksausweis, ihre Sozialversicherungsnummer und ihren Führerschein bekam. Statt dessen hatte sie, nachdem man ihr den Chip in die Handfläche geschossen hatte, in stillem Entsetzen das kleine rote Mal betrachtet und sich schmerzhaft nach dem zwanzigsten Jahrhundert zurückgesehnt.
    Das war das I-Tüpfelchen ihrer problematischen Rückkehr aus England in die Vereinigten Staaten gewesen. Als hätte es noch nicht gereicht, daß dem Mann, den sie nun heiraten wollte, wenn sie auf der anderen Seite des großen Teichs angekommen war, das Visum verweigert wurde; denn irgend jemand in London meinte, man müsse mit ihm über einen gewissen Bio-Unfall reden, der in dem Institut passiert war, in dem er forschte.
    Es handelte sich um ein Mißgeschick, während Janie in London Bodenproben untersuchte. Mit dem Projekt, das beinahe in einer Katastrophe geendet hätte, hatte Bruce eigentlich nichts weiter zu tun. Nur arbeitete er in dem Institut, in dem die chemische Analyse der Proben vorgenommen werden sollte. Er war sozusagen ein unschuldiger Zeitgenosse, als er anfing, sich für Janie zu interessieren. Sie stand im Zentrum der Ereignisse, und er half ihr bei den sich auftuenden Schwierigkeiten. Sie hatte in einer dunklen Nacht zusammen mit ihrer Assistentin in Einbrechermanier eine kleine Bodenprobe von jenem vom Feuer heimgesuchten Grundstück entnommen, und zwar gegen den Willen des Wärters dieses Anwesens. In der Erde, die sie ausgegraben hatten, hatte sich ein kleines Stückchen eines zerfallenden Stoffbeutels befunden. Die Fasern dieses Materials enthielten ein sporenbildendes, archaisches Bakterium, dessen heutige Form erheblich mutiert war. Zuerst hatte niemand erkannt, was es damit auf sich hatte. Bei einem Laborunfall war es wiedergeboren worden und hatte sich als Yersinia pestis entpuppt …
    … den Verursacher der Beulenpest. Und das Bakterium hatte sich prompt eine vorbeikommende Plasmazelle geschnappt und war zum Ungeheuer geworden.
    Mit hektischen Bemühungen gelang es ihr, Bruce und ihrer Assistentin Caroline, Yersinia pestis einzufangen, als sie anfing, sich auszubreiten – und zwar mit einer Geschwindigkeit, die sechshundert Jahre Gefangenschaft aufzuholen versprach. Zu ihrem ewigen Entsetzen waren ihr einige Menschen zum Opfer gefallen, wenn die Zahl auch im Vergleich mit der Geschichte dieses speziellen Bakteriums wie durch ein Wunder relativ klein blieb. Caroline selbst war so krank geworden, daß sie beinahe gestorben wäre.
    Mit Bruces intelligenter Hilfe war Janie die Untersuchung des Zwischenfalls irgendwie

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