Die Bruderschaft Christi
Zigarettenschachtel.
»Stefan, wir sind fertig«, sagte einer der Beamten und streifte den weißen Papieranzug ab.
»Das sehe ich auch«, entgegnete Bukowski. »Könnt ihr schon etwas sagen?«
Der Kollege von der Spurensicherung schüttelte den Kopf. »Es gibt nur wenige Spuren, die Kerle waren gründlich und trugen Handschuhe. Komisch ist nur, dass wir keine Anzeichen für einen Aufbruch an der Hintertür gefunden haben. Ich habe das Schloss ausgebaut und untersuche es im Labor. Aber es sieht so aus, als ob es nicht beschädigt wurde.«
»Und was heißt das im Klartext?«, fragte Bukowski.
»Na ja, entweder war es nicht verschlossen, oder die Täter haben einen Schlüssel benutzt.«
Bukowski zündete sich eine Zigarette an. Vor seinen Füßen lagen sechs ausgetretene Stummel. »Wann erhalte ich den Bericht?«
»Wenn wir mit der mikroskopischen Auswertung fertig sind. Das erfordert schon ein wenig Zeit.«
»Na toll, dann kann ich wohl eine Woche warten«, brummte Bukowski.
Lisa Herrmann bog um die Ecke. Sie hatte die Hände vor ihrem Körper verschränkt. Trotz des beginnenden Frühlingstages war es am Morgen noch immer frisch. Bukowski beobachtete seine Kollegin, die mit ihren blonden, langen Haaren und der figurbetonten Jeans durchaus attraktiv wirkte.
»Stefan, ich suche dich schon eine ganze Weile. Ich dachte, du wolltest dich hier umschauen, und nun sitzt du faul auf der Bank und sonnst dich.«
»Hättest du hier gesucht, dann hättest du mich gleich gefunden«, antwortete Bukowski mürrisch.
Lisa setzte sich neben Bukowski auf die Bank und zog ihr Notizbuch hervor.
»Gibt es etwas Neues?«, fragte Bukowski.
»Wusstest du, dass der Pfarrer von Wieskirch vor drei Wochen tödlich verunglückt ist?«
»Weiß ich schon«, antwortete Bukowski. »Das Einzige, was ich nicht weiß, ist, warum wir überhaupt hier sind. Ich glaube nicht, dass dieser Mord etwas mit der Sache im Kloster zu tun hat.«
»Wir sind hier, weil uns alle relevanten Fälle im Zusammenhang mit Kirchen gemeldet werden sollen«, antwortete Lisa streng. »Und ich finde, der Mord an einem Kirchendiener ist in diesem Zusammenhang relevant, findest du das nicht?«
Bukowski überging Lisas Frage, die eher polemischer Natur war.
»Jetzt haben wir zwei Mordfälle auf dem Schreibtisch«, mäkelte er. »Und ehrlich gesagt, ist mir kein Zusammenhang offensichtlich.«
Lisa verzog ihr Gesicht. »Willst du dich jetzt in Selbstmitleid ergehen oder wissen, was ich ermittelt habe?«
Bukowski schnippte seine Zigarette in hohem Bogen davon. »Schieß los!«
Lisa berichtete ihm, was sie von der jungen Frau im benachbarten Wohnhaus erfahren hatte. Beinahe gelangweilt lauschte Bukowski der Erzählung. Die Schlüssel zur Kirche waren vorhanden, bis auf den des Pfarrers.
»Das ist nicht viel«, sagte er. »Es sieht hier sowieso nicht nach organisierter Kriminalität aus. Hier wollte sich jemand an sakralen Gegenständen vergreifen und wurde vom Kirchendiener überrascht. So einfach ist es. Eigentlich sollten wir den Fall den örtlichen Kollegen übergeben. Wir sind hier vollkommen fehl am Platz.«
»Und du hättest wieder einen freien Schreibtisch«, ergänzte Lisa schnippisch.
»Was willst du, wir sind vom LKA, und das hier ist nicht unsere Sache, oder erkennst du eine Gemeinsamkeit mit dem Fall in Ettal?«
Bevor Lisa antworten konnte, kam ein Wagen herangefahren und hielt auf dem Parkplatz vor der Kirche. Ein älterer Herr mit ergrauten Haaren stieg aus. Er trug einen schwarzen Anzug und blickte sich suchend um.
»Das wird wohl der Ersatzpfarrer sein«, sagte Stefan Bukowski und erhob sich, um ihm ein Stück entgegenzugehen.
Jerusalem, Shonke-Bar, Rehov HaSoreg …
Draußen graute bereits der Morgen, dennoch war die Bar noch gut gefüllt. Gideon Blumenthal hatte die ganze Nacht durchgearbeitet und freute sich auf ein kühles Bier. Gideon war Maurer, doch schon seit einigen Jahren übte er seinen Beruf nicht mehr aus, sondern beobachtete die Ausschreibungen in den örtlichen Zeitungen und die Aushänge in den Universitäten und Instituten, wann wieder einmal Archäologen nach Grabungshelfern suchten. Hier in Jerusalem und dem übrigen Israel, in aller Welt nur Das Heilige Land genannt, wurde immer irgendwo geforscht oder gegraben. Und das Geschäft war einträglich, denn vor allem die ausländischen Altertumsforscher zahlten gut und fast immer in Dollar. Drei, vier Monate harte Arbeit, und das Salär eines ganzen Jahres war
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