Die Bruderschaft der Black Dagger
Schimmer von der Materie.
Wrath lehnte sich an die Lehne seines Throns und betrachtete die weißen Stapel vor sich: Bitten an ihn als König, um Schlichtung in zivilen Streitfragen. Vollmachten für Fritz, um Banktransaktionen zu erledigen. Der Dauerstrom »hilfreicher Anregungen« vonseiten der Glymera , die alle nur ihnen selbst dienten.
Es war ein Wunder, dass der elegante Schreibtisch unter dem Gewicht nicht zusammenbrach.
Hinter sich hörte er es mehrmals metallisch klicken, dann surrten die Rollläden für die Nacht nach oben. Begleitet wurde der Mechanismus von einem dunklen Grollen, einer Vorwarnung, dass eines von Caldwells Sommergewittern im Anmarsch war.
Wrath beugte sich wieder nach vorn und nahm seine Lupe in die Hand. Das verdammte Ding wurde langsam zu einer Verlängerung seines Arms, und das nervte ihn wahnsinnig. Zum einen funktionierte das blöde Gerät nicht anständig: Er konnte damit kaum besser sehen als ohne. Und zum anderen erinnerte es ihn daran, dass sein Dasein sich im Prinzip auf einen Schreibtischjob reduziert hatte.
Einen sinnvollen und ehrenhaften und noblen Schreibtischjob, das schon. Aber trotzdem.
Gedankenverloren nahm er einen Brieföffner in die Hand, der sein königliches Siegel trug, und balancierte ihn mit der Spitze auf dem Zeigefinger, so dass die silberne Klinge in die Luft ragte. Um das Spiel für sich selbst etwas schwieriger zu gestalten, schloss er die Augen und bewegte die Hand, störte die Stabilität, stellte sich selbst auf die Probe, verließ sich auf andere Sinne als seine schwachen Augen.
Fluchend klappte er die Lider wieder hoch. Herrgott, warum verplemperte er hier seine Zeit? Er hatte zehntausend Sachen zu erledigen. Die alle dringend …
Durch die geöffnete Flügeltür des Arbeitszimmers hörte er Stimmen - und obwohl er normalerweise nicht der Typ war, der sich vor der Arbeit drückte, warf er den Brieföffner auf die Schneewehe von Papierkram und ging. Draußen stützte er die Hände auf die mit Blattgold überzogene Balustrade und sah nach unten.
In der Eingangshalle machten sich Vishous, Rhage und Phury einsatzbereit, sie unterhielten sich, während sie ihre Waffen nochmal überprüften. Etwas abseits lehnte sich Zsadist an eine Malachitsäule, die schweren Stiefel an den Knöcheln verschränkt. Er hielt einen schwarzen Dolch in der Hand, warf ihn unentwegt hoch in die Luft und fing ihn wieder auf. Bei jedem Ausflug nach oben fing sich das Licht bläulich auf der Klinge.
Mann, diese Dolche, die V herstellte, waren einfach fantastisch. Rasiermesserscharf, perfekt ausgewogen, der Griff präzise ausschließlich für die Hand des jeweiligen Besitzers geformt. Diese Waffe war nicht der neueste Stand der Technik, sie war der höchste Stand der Eleganz: eine schlichte Stahlform, die für ihr Volk das Überleben bedeutete.
Und für die Lesser ein »Gute Fahrt zurück zu Omega, du Arsch«.
»Ab dafür«, verkündete Rhage und ging zur Tür. Mit seiner typischen Ungeduld stolzierte er über die Mosaikfliesen, er war
sichtlich scharf auf den Kampf, den er mit Sicherheit draußen finden würde, und seine innere Bestie war garantiert genauso bereit für ein kleines Handgemenge wie er selbst.
Vishous folgte ihm auf den Fersen, mit lässigen Riesenschritten und tödlicher Seelenruhe. Phury war genauso gelassen, sein Humpeln dank der neuen Prothese nicht im Geringsten zu bemerken.
Als sie an ihm vorbeidefilierten, stieß Zsadist sich von der Säule ab und steckte den Dolch in das Halfter. Das Schaben von Metall auf Metall schallte zu Wrath hoch wie ein Seufzer der Zufriedenheit.
Zs gefährliche schwarze Augen folgten dem Weg des Geräuschs. Im Deckenlicht war seine Narbe sehr deutlich zu erkennen, die verzerrte Oberlippe hob sich mehr denn je ab. »’n Abend, mein König.«
Wrath nickte seinem Bruder zu und dachte sich, dass die Gesellschaft der Lesser in der Gestalt des Vampirs dort unten einem Dämon gegenüberstand. Obwohl nun Bella in sein Leben getreten war, kehrte sein Hass zurück, sobald er in den Kampf zog. Das Brennen schlängelte sich durch seine Knochen und Muskeln, verband sich untrennbar mit seinem Körper und machte ihn zu dem, was er immer gewesen war: einem Wilden, der zu allem fähig war.
Andererseits konnte Wrath ihm die wütende Mordlust nach allem, was die Shellan des Bruders hatte durchmachen müssen, nicht verübeln. Nicht im Geringsten.
Z schlenderte zur Tür, dann zögerte er. Über die Schulter sagte er: »Du siehst heute
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