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Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)

Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)

Titel: Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Connolly
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Karen Emory mochte ihn auch nicht. Ich fragte mich, ob er derjenige war, der im Blue Moon vorgeschlagen hatte, dass sie mich schänden sollten.
    »Jedenfalls hat der Glatzkopf gefragt, ob ich auch einen Menschen konservieren könnte, und ein paar Witze über Trophäen an seiner Wand gerissen«, sagte Stunden. »›Hadschi‹, das war das Wort, das er gebraucht hat – Hadschi-Trophäen für seine Wand. Ich nehme an, er hat damit Terroristen gemeint. Der andere Typ, sein Freund mit der versehrten Hand, hat gesagt, er soll den Mund halten.«
    »Und seit diesem Abend in der Bar haben Sie nicht mehr mit Harold gesprochen?«
    »Nein. Ich hab ihn ein-, zweimal im Vorbeifahren gesehen, aber er ist nicht mehr in der Dame gewesen.«
    Stunden hatte nichts mehr hinzuzufügen. Ich dankte ihm für seine Mühe. Er bat mich, Harold Proctor nicht zu sagen, dass wir miteinander geredet hätten, und ich versprach es ihm. Als wir zur Tür gingen, sagte Stunden: »Dieser Junge, derjenige, der sich umgebracht hat – Sie haben gesagt, dass sein Vater der Meinung war, er hätte sich vor seinem Tod verändert?«
    »Ganz recht.«
    »Inwiefern hat er sich verändert, wenn ich das fragen darf?«
    »Er hat sich von seinen Freunden abgesondert. Wurde paranoid. Konnte nicht mehr schlafen.«
    »Genau wie Harold.«
    »Ja, genau wie Harold.«
    »Vielleicht fahr ich raus und seh nach, wie’s ihm geht, nachdem Sie mit ihm geredet haben. Vielleicht kann ich ihn dazu überreden, dass er jemanden aufsucht, bevor –«
    Er ließ den Satz verklingen. Ich schüttelte ihm die Hand.
    »Ich glaube, das wäre nicht schlecht, Mr Stunden. Ich sehe zu, dass ich noch mal vorbeischaue, bevor ich wegfahre, und Ihnen Bescheid sage, wie es gelaufen ist.«
    »Dafür wäre ich Ihnen dankbar«, sagte er.
    Er beschrieb mir den Weg zu Proctors Motel und hob dann die Hand zum Abschiedsgruß, als ich wegfuhr. Ich machte das Gleiche, worauf der Duft der Seife, mit der sich Stunden gewaschen und der sich auf meine Hand übertragen hatte, durchs Auto zog. Er war stark, aber nicht stark genug, denn darunter lag der animalische Geruch nach Fleisch und verbrannten Haaren. Ich öffnete trotz der Hitze und des Ungeziefers das Fenster, aber er ließ nicht nach. Er hing an meiner Haut und begleitete mich bis zu Proctors Motel.

24
    Trotz Stundens Wegbeschreibung verpasste ich beim ersten Mal den Abzweig zum Motel. Er hatte mir erklärt, dass das große Schild gegenüber von der Zufahrtsstraße gerade noch zu sehen sei, aber der Wald ringsum war dicht gewuchert, und nur durch Zufall entdeckte ich es bei der Rückfahrt durch das Laub. Ein paar verblichene rote Lettern, die auf dem verrottenden Holz kaum zu erkennen waren, dazu allem Anschein nach die Überreste von Hirschgeweihen, doch der grüne Pfeil, der sich einst von dem weißen Untergrund abgehoben haben dürfte, wirkte lediglich wie eine weitere Schattierung aus der sommerlichen Farbpalette.
    Dass sich hier ursprünglich ein Camp befunden hatte, war offenkundig, da es oben an einem kurvenreichen Weg lag, der sich durch dichten Wald in Richtung Westen zog. Der Weg war ausgefahren und das Gestrüpp so lange nicht mehr gestutzt worden, dass es an meinem Auto entlangscharrte, aber ich entdeckte hie und da abgebrochene Äste, zerdrückte Vegetation, und die Spuren eines schweren Fahrzeugs im Erdreich waren so deutlich zu sehen wie die allmählich versteinernden Fußabdrücke eines Dinosauriers.
    Schließlich stieß ich auf eine Lichtung. Rechts von mir stand eine kleine Hütte, deren Türen und Fenster trotz der Hitze geschlossen waren. Vermutlich war sie ein Überbleibsel des Camps. Alt genug wirkte sie jedenfalls. Ich sah einen Teil eines Anbaus auf der Rückseite, der offenbar neueren Datums war und mit dem der Wohnbereich für langfristige Nutzung erweitert worden war. Zwischen der Hütte und der Stelle, an der ich parkte, stand ein roter Dodge-Pick-up.
    Ein weiterer unbefestigter Weg führte von der Hütte zum Motel. Es handelte sich um den üblichen L-förmigen Bau mit einem Büro am Schnittpunkt der beiden Flügel und einem senkrechten MOTEL -Neonschild, das längst nicht mehr in Betrieb war und zum Himmel wies. Ich fragte mich, ob es einst von der Straße aus zu sehen war, da das Motel in einer Art natürlichen Senke lag. Vielleicht war die Instandhaltung der alten Hütten zu mühselig gewesen, und die Proctors hatten geglaubt, ihre Gäste würden ihnen die Treue halten, wenn sie mit der Zeit gingen und das Camp zum Motel

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