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Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)

Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)

Titel: Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Connolly
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haben schwere Zeiten. Ich nehm jetzt sogar Anzahlungen, und das musste ich noch nie machen.«
    Er schabte den Hirsch weiter ab. Das Geräusch war ziemlich unangenehm. »Und was führt Sie nach Langdon?«
    »Ich suche einen Mann namens Harold Proctor.«
    »Steckt er in Schwierigkeiten?«
    »Warum fragen Sie?«
    »Nehmen Sie’s mir nicht übel, aber meiner Meinung nach sehn Sie aus wie jemand, der Ärger macht.«
    »Mein Name ist Charlie Parker. Ich bin Privatdetektiv.«
    »Das beantwortet meine Frage nicht. Steckt Harold in Schwierigkeiten?«
    »Möglicherweise, aber nicht meinetwegen.«
    »Geht’s um Geld?«
    »Möglicherweise auch das, aber nicht meins.«
    Stunden blickte von seiner Arbeit auf. »Er wohnt draußen beim Motel seiner Familie, etwa eine Meile westlich von hier. Ist aber schwer zu finden, wenn man den Weg nicht weiß.«
    »Ist das Motel noch in Betrieb?«
    »Das Einzige, was hier noch in Betrieb ist, bin ich, und ich weiß nicht, wie lange ich das noch sagen kann. Das Motel ist seit etwa zehn Jahren geschlossen. Vorher war es ein Camp, aber ein Motel schien genau das Richtige zu sein, jedenfalls haben das Harolds Mama und Papa gedacht. Sie haben das Motel geleitet, aber sie sind gestorben, und das Motel hat dichtgemacht. Hat sowieso nie viel Geld eingebracht. Ist ’n schlechter Standort für ’n Motel, da draußen in der Einöde. Harold ist der Letzte der Proctors. Kaum zu glauben. Denen hat mal die halbe Stadt gehört, und die andere Hälfte hat ihnen Miete gezahlt, aber sie waren nicht allzu gebärfreudig, die Proctors. Und sie haben auch äußerlich nicht viel hergemacht, wenn man’s recht bedenkt, was irgendwas damit zu tun haben könnte. Ich meine mich zu entsinnen, dass die weiblichen Vertreter der Proctors irgendwie ziemlich hässlich waren.«
    »Und die Männer?«
    »Tja, auf die Männer hab ich nicht geachtet, also kann ich das nicht recht sagen.« Seine Augen funkelten im Schummerlicht, und ich nahm an, dass Mr Stunden zu seiner Zeit ein ziemlicher Herzensbrecher gewesen sein könnte, wenn es neben den hässlichen Frauen der Proctors jemanden gegeben hätte, an dem er seine Reize hätte ausprobieren können. »Als sie ausgestorben sind, ist die Stadt mit ihnen gestorben. Jetzt müssen wir mit dem auskommen, was rund um Rangeley noch für uns abfällt, was nicht viel ist.«
    Ich wartete, während er die Arbeit an der Haut zu Ende brachte. Er schaltete den Schaber ab und wusch sich mit Spülmittel das Fett von den Händen.
    »Ich sollte Sie vielleicht drauf hinweisen, dass Harold nicht allzu gesellig ist«, sagte er. »Der Kontaktfreudigste war er nie, aber seit er aus dem Irak zurückgekommen ist – aus dem ersten Krieg, nicht dem jetzigen –, ist er irgendwie gestört. Meistens bleibt er da draußen mit sich allein. Ab und zu komm ich auf der Straße an ihm vorbei, oder ich seh ihn sonntags in der Kirche in Oquossoc, aber das ist alles. Allenfalls kann ich ihm heute ein Nicken entlocken. Wie schon gesagt, der Freundlichste war er noch nie, aber bis vor kurzem hat er einen wenigstens gegrüßt und ein, zwei Worte übers Wetter gewechselt. Früher ist er immer in die Belle Dame gekommen, und wenn ihm danach zumute war, haben wir geredet.« Er sprach es »Belle Daime« aus. »Die gehört mir übrigens auch, falls Sie sich das fragen. Während der Jagdsaison verdien ich damit ein paar Kröten. Im übrigen Jahr hab ich damit abends wenigstens was zu tun.«
    »Hat er mit Ihnen über seine Zeit im Irak geredet?«
    »Im Allgemeinen hat er lieber allein getrunken. Er hat seinen Schnaps in New Hampshire oder jenseits der Grenze, in Kanada, gekauft und zu sich nach Hause geschafft, aber einmal die Woche ist er aus dem Wald hergekommen und hat ein bisschen ausgespannt. Er war nicht gern da draußen. Er hat gesagt, die meiste Zeit langweilt er sich oder fürchtet sich zu Tode. Aber wissen Sie –«
    Er verstummte, trocknete sich aber weiter die Hände ab und musterte mich abschätzig. »Warum verraten Sie mir nicht, was Sie von Harold wollen, bevor ich weiterrede?«
    »Ich habe den Eindruck, dass Sie ihn beschützen wollen.«
    »Das ist ’ne kleine Stadt, und auch das grade mal so. Wenn wir nicht aufeinander aufpassen, wer dann?«
    »Und dennoch machen Sie sich so viele Sorgen um Harold, dass Sie mit einem Fremden reden.«
    »Wer sagt denn, dass ich mir Sorgen mache?«
    »Sonst würden Sie nicht mit mir reden, und außerdem sehe ich’s Ihnen an den Augen an. Wie schon gesagt, will ich ihm

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