Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)
Zimmertelefon aus an. Das Hauptgebäude war über Nacht abgeschlossen, deshalb machte ich mir keine Gedanken, dass jemand mithören könnte. Nichtsdestotrotz drückte ich mich bei dem Gespräch so vorsichtig wie möglich aus, nur für den Fall.
»Wir hatten Gesellschaft«, sagte er, nachdem Angel ihm den Hörer gereicht hatte. »Zwei Mann zum Abendessen.«
»Haben sie den Hauptgang geschafft?«
»Sie haben nicht mal bis zur Vorspeise durchgehalten.«
»Und danach?«
»Sind sie schwimmen gegangen.«
»Tja, wenigstens hatten sie keinen vollen Bauch.«
»Yeah, man kann nicht vorsichtig genug sein. Jetzt sind wir bloß noch zu viert.«
»Zu viert?«
»Wie es scheint, hast du einen neuen Beruf als Beziehungsberater.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob meine Fähigkeiten dir bei deinen weiterhelfen.«
»Wenn wir derart in der Bredouille stecken, schließen wir vorher einen Selbstmordpakt. Unterdessen musst du zusehen, dass du hierherkommst. Unser Freund hat sich als ziemlich guter Gesprächspartner entpuppt.«
»Ich habe der Staatspolizei versprochen, dass ich bis morgen früh dableibe.«
»Tja, sie werden dich vermissen, aber ich glaube, sich das hier anzuhören, geht vor.«
Ich erklärte ihm, dass es ein paar Stunden dauern würde, bis ich dort wäre, worauf er sagte, sie hätten nicht vor, irgendwo anders hinzugehen. Als ich vom Parkplatz fuhr, brannte in Carrie Saunders’ Zimmer noch Licht, aber ich glaube nicht, dass sie es meinetwegen anließ.
VIERTER TEIL
Menelaos: Die Götter hatten uns mit Trug berückt:
Mein Arm umschloss ein jammervolles Wolkenbild.
Der Bote: Wie sagst du?
Um Wolken also kämpften wir umsonst uns ab?
E URIPIDES , Helena ,
Vers 657–660
Er war zu lange in so gut wie jedem Fahrzeug gewesen, das die Army zu bieten hatte, und kannte ihre Stärken und Schwächen, aber irgendwann musste er die Lücke in Tobias’ Stryker-Trupp ausfüllen.
Allerhand Mist war über den Stryker verbreitet worden, für gewöhnlich von genau den Scheißkerlen, die Waffenmagazine abonnierten und Leserbriefe an sie schrieben, in denen sie von einer »Kriegerkaste« faselten, aber die Soldaten mochten den Stryker. Die Sitzpolsterung war ätzend, die Klimaanlage in etwa so, als werde man von einer Fliege befächelt, und es gab nicht genügend Anschlüsse für DVD -Player oder iPods für die ganze Besatzung, aber er war besser als die Humvees, selbst als die stärker gepanzerten. Der Stryker verfügte über eine 14,5-mm-Panzerung, die allem standhielt, was die Hadschis gegen ihn aufzubieten hatten, und eine nachträglich eingebaute, 2,5 Tonnen schwere Käfigpanzerung, die auch vor dem Beschuss durch Panzerfäuste schützte. Er hatte ein M240 am Heck und dazu ein MG vom Kaliber .50, das mächtig rotzte. Im Vergleich dazu kam man sich im Humvee vor, als wäre man in ein Tempo gewickelt und fuchtelte mit einer 22er rum.
Und auf so was kam es an, denn entgegen jeder Regel, die man ihm im Zusammenhang mit Häuserkampf jemals beigebracht hatte, ließ die Army sie bei ihren Patrouillen jeden Tag zur gleichen Zeit die gleiche Strecke abfahren, so dass die Hadschis ihre Uhren und darüber hinaus ihre Sprengfallen nach ihnen stellen konnten. Mittlerweile ging es nicht mehr darum, dass es sie eines Tages erwischen würde, sondern wann. Der Vorteil dabei war, dass das Fahrzeug nach einem Treffer automatisch zur Reparatur in den Stützpunkt zurückgebracht wurde, so dass sich die Besatzung den Rest des Tages ausruhen konnte.
Die Versetzung zum Stryker-Trupp war auf Betreiben von Tobias erfolgt; von Tobias und einem Mann namens Roddam. Tobias hatte seine Sergeantstreifen erworben und war Truppführer. Doch er war kein Wichser – er organisierte sogar Bier für sie, und trinken im Dienst war ein schweres Vergehen. Wegen einer Schlägerei oder wenn man sich ohne Erlaubnis ein Fahrzeug auslieh, konnte man sich ein Disziplinarverfahren nach Artikel 15 einhandeln, aber Alkohol- und Drogengenuss zogen eine Bestrafung durch einen Militärrichter nach sich. Tobias hatte wegen des Biers Kopf und Kragen riskiert, aber er vertraute ihnen. Seinerzeit kannte er Tobias’ Verhaltensweise bereits und wusste, dass er sie mit den Bieren weichkriegen wollte. Tobias hatte seine ureigene Auslegung des dritten newtonschen Gesetzes: Jede Aktion zieht eine gleich starke oder stärkere Reaktion nach sich. Sie würden für diese Biere auf die eine oder andere Art bezahlen, und Roddam war derjenige, der die Bezahlung eintreiben
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