Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)

Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)

Titel: Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Connolly
Vom Netzwerk:
würde.
    Roddam war eine Art Schlapphut. In Bagdad wimmelte es davon, sowohl von echten als auch von Scharlatanen, und Roddam war ein bisschen von beidem. Er war Privatmann, nicht bei der CIA , und wie jeder gute Schlapphut redete er nicht viel über das, was er getan hatte. Er sagte, er habe für einen kleinen Dienst namens Information Retrieval & Interpretation Services –  IRIS  – gearbeitet, aber Tobias ließ durchblicken, dass es sich im Grunde genommen um ein Ein-Mann-Unternehmen gehandelt habe. Das Logo von IRIS war – nicht ganz überraschend – ein Auge mit dem Globus als Pupille. Roddam brüstete sich auf seinen Visitenkarten mit Niederlassungen in Concord, New Hampshire, und Pont-Rouge, Kanada, aber das Büro in Pont-Rouge war, wie sich herausstellte, kaum mehr als eine in Flugplatznähe gelegene Abschreibungsfirma, und die Niederlassung in Concord bestand lediglich aus einem Telefon und einem Anrufbeantworter.
    Aber Roddam war ein ehemaliger CIA -Mann – er hatte Kontakte und Beziehungen. In Bagdad fungierte er teilweise als Mittelsmann zwischen der Army und kleineren Auftragnehmern, die über keine eigenen Transportverbindungen verfügten und ihre Kosten möglichst niedrig halten wollten, damit sie einen umso größeren Anteil der überhöhten Forderungen einsacken konnten, die sie Uncle Sam in Rechnung stellten. Roddam sorgte dafür, dass sie alle Transporte zugeschanzt bekamen, auf die die großen Jungs wie Halliburton nicht bereits den ersten Zugriff hatten, von einer Kiste mit obskuren Schrauben bis hin zu Waffen, die aus irgendwelchen Gründen an den üblichen Beförderungswegen vorbeigelotst werden mussten.
    Das war mehr als einträglich, war aber nicht sein eigentliches Fachgebiet. Roddam war, wie sich herausstellte, ein Experte für Verhör- und Informationsauswertung, was auch den Ursprung des Namens IRIS erklärte. Zu viele Irakis waren in Gewahrsam, als dass sich die Jungs von den üblichen Nachrichtendiensten alle vornehmen konnten, deshalb überließ man Roddam die vermeintlich kleinen Fische. Aber wenn man genug kleine Fische hatte und sämtliche Auskünfte, die man von ihnen bekam, miteinander abglich, konnte man sich aus den einzelnen Teilen möglicherweise ein größeres Bild zurechtbasteln. Roddam war eine Art Genie, was die Auswertung der von den Gefangenen bezogenen Informationen anging, ohne dass die sich manchmal überhaupt darüber im Klaren waren, dass sie irgendetwas Wichtiges verraten hatten. Roddam nahm sich ab und zu höchstpersönlich Gefangene vor, um etwas abzuklären oder einen Zusammenhang zwischen zwei allem Anschein nach zufällig gewonnenen Erkenntnissen herzustellen. Er war nicht der Typ für Daumenschrauben oder Waterboarding. Er war geduldig, ruhig und umsichtig. Alles, was er erfuhr, landete in einem Computerprogramm, das er geschrieben hatte und für das der Irak das Erprobungsgebiet war: Es glich Kernaussagen, vermeintlich unbedeutende Einsatzdetails und sogar Redewendungen miteinander ab und suchte nach Querverweisen, um mögliche Muster festzustellen. Auch der Nachrichtendienst der Army und die CIA überließen ihm Kleinigkeiten, so dass Roddam im Lauf der Zeit mehr über die tagtäglichen Unternehmungen der Aufständischen wusste als irgendjemand anders. Er war der Typ, an den man sich wenden musste, dem man vertrauen konnte wie einem Orakel. Im Gegenzug bekam Roddam alles, was er wollte.
    Er erfuhr nie, wie Roddam und Tobias zusammengekommen waren. Er vermutete, dass Männer wie sie einfach zwangsläufig zueinander fanden. Und als Tobias das Bier gebracht hatte, war Roddam bei ihm gewesen. Vermutlich war es sogar Roddam gewesen, der das Bier aufgetrieben hatte.
    Seinerzeit hatte es den Trupp schon ein paarmal erwischt: Lattner war tot, Cole ebenfalls. Edwards und Martinez waren verwundet und durch Harlan und Kramer ersetzt worden, und es sah so aus, als ob Hale, der von einem Heckenschützen erwischt worden war, nicht durchkommen würde. Er hatte einen Kopfschuss abgekriegt, und es wäre eine Erlösung, wenn er sterben würde. Der Trupp war zur Sicherung der eigenen Streitkräfte abgestellt worden, bis er wieder auf volle Sollstärke gebracht werden konnte: keine Patrouillen, einfach nur Wachschichten im Turm, was darauf hinauslief, dass sie sich Stunde um Stunde bei Front Line Yankee erkundigten, ein ums andere Mal die Antwort »Lima Charlie – laut und deutlich« bekamen und ab und zu den Kopf einziehen mussten, wenn irgendjemand draußen in

Weitere Kostenlose Bücher