Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)
Letzt wurde es inmitten von wertlosen Artefakten im Keller eines Museums in Bagdad verborgen, doch dann kam der Krieg, und das Museum wurde geplündert. Das Kästchen verschwand, ebenso wie viele andere wertvolle Gegenstände, aber irgendwie drang zu denjenigen, die es in ihren Besitz gebracht hatten, zumindest bruchstückhaft durch, was es damit auf sich hatte. Möglicherweise wussten sie auch von dem Moment an, da es auftauchte, was sie da vor sich hatten, denn Plündern ist nicht ganz die richtige Bezeichnung für das, was dort geschah. Die aus dem Irakischen Nationalmuseum gestohlenen Gegenstände waren größtenteils sorgfältig ausgewählt. Wissen Sie, dass im Laufe dieser Apriltage siebzehntausend Stücke aus dem Museum gestohlen wurden, dass vierhundertfünfzig von vierhunderteinundfünfzig Vitrinen geleert, aber nur achtundzwanzig zerschlagen wurden? Die anderen wurden einfach geöffnet, was wiederum heißt, dass die Diebe Schlüssel dazu hatten. Erstaunlich, finden Sie nicht? Einer der größten Museumsdiebstähle in der Geschichte, eine der größten Plünderungen seit der Zeit der Mongolen wurde möglicherweise von Insidern begangen.
Doch das spielt keine Rolle. Als Mr Jandreau und seine Freunde Ausschau nach dem Schatz hielten, schob man ihnen das Kästchen unter, möglicherweise in der Hoffnung, dass sie genau das tun würden, was sie dann auch taten: Es in dieses Land bringen, das Land des Feindes, wo es geöffnet werden konnte. Jetzt wissen Sie, worum es sich handelt. Verraten Sie mir im Gegenzug, wo ich es finden kann.«
Er musterte sämtliche Leute im Zimmer, als könne er ihnen am Gesicht ansehen, was er erfahren wollte, bevor er den Blick auf mich richtete.
»Warum sollten wir Ihnen trauen?«, sagte ich. »Sie biegen sich die Wahrheit zurecht, wie es Ihnen passt. Sie sind nur ein Mörder, mehr nicht, ein Serienkiller, der eine billige Rechtfertigung für seine Taten vorschiebt.«
Die Augen des Kollektors leuchteten auf, als würden tief in einem Abgrund zwei Fackeln angezündet. »Nein, ich bin kein bloßer Killer, ich bin ein Werkzeug des Göttlichen. Ich bin der Mörder Gottes. Nicht all sein Wirken ist schön …«
Er wirkte angewidert, sowohl von mir als auch auf irgendeine Art, die ihm nicht bewusst war, von sich selbst.
»Sie müssen Ihre Vorbehalte hintanstellen, so wie ich auch die meinen«, sagte er einen Moment später. »Genau wie ich Sie nerve, so beunruhigend wirken Sie auf mich. Ich bin nicht gern in Ihrer Nähe. Sie sind Teil eines Planes, den ich nicht kenne. Sie sind für eine Abrechnung bestimmt, die Ihnen und all denen, die zu Ihnen stehen, den Tod bringen wird. Ihre Tage sind gezählt, und ich möchte nicht in Ihrer Nähe sein, wenn Sie zu Fall kommen.«
Er hob die Hände und wandte sich in flehentlichem Tonfall an mich. »Lassen Sie uns also diese eine Sache erledigen, denn egal für wie schlecht Sie mich auch halten mögen, der Mann namens Herod ist schlimmer, und er wird von einem Wesen begleitet, das er zu verstehen meint und das ihm eine Belohnung für seine Dienste versprochen haben wird. Es hat viele Namen, aber er wird nur einen kennen, denjenigen, den es ihm genannt hat, als es zum ersten Mal eine Möglichkeit fand, sich in sein Bewusstsein zu stehlen.«
»Und wie bezeichnen Sie es?«, fragte ich.
»Ich bezeichne es nur als das, was es ist«, sagte der Kollektor. »Es ist die Dunkelheit, die Inkarnation des Bösen. Es ist derjenige, der hinter dem Glas wartet.«
32
Herod hielt die Hand unter den Wasserhahn und spülte das Blut ab. Er betrachtete die Muster, die es bildete, den roten Strudel, der auf dem Edelstahl tanzte und Arme bildete wie ein ferner Spiralnebel. Ein Schweißtropfen fiel von seiner Nase und verschwand darin. Er schloss die Augen. Seine Finger tobten, sein Kopf tat weh, aber wenigstens war es ein anderer Schmerz, der Schmerz, der von harter Arbeit kommt. Einen anderen Menschen zu foltern war anstrengend. Er blickte zu seinem Spiegelbild auf und sah einen auf dem Stuhl zusammengesackten Mann, dessen Hände am Rücken gefesselt waren. Herod hatte ihm den Lappen aus dem Mund genommen, damit er hören konnte, was er zu sagen hatte. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, ihn wieder zurückzustecken, als der Mann aufgehört hatte zu reden. Das war nicht nötig. Er hatte kaum noch die Kraft zu atmen, und bald würde er tot sein.
Hinter dem zusammengesackten Mann stand eine andere Gestalt, deren Hände leicht auf der Lehne des Stuhls lagen. Einmal
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